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Jan-Schulte Kellinghaus arbeitet seit 2017 als RBB-Programmdirektor. Er verlässt den Sender Ende Januar 2023.

© dpa / dpa/Soeren Stache

Programmchef Schulte-Kellinghaus verlässt RBB: „Ich habe nichts gefordert“

Der Aufhebungsvertrag ist durch. Schulte-Kellinghaus verzichtet auf zwei Jahre Laufzeit, Ruhegelder und Prämien.

Lieber Herr Schulte-Kellinghaus, Sie haben sich mit der Interimsintendantin Katrin Vernau auf einen Aufhebungsvertrag geeinigt, der Verwaltungsrat hat am Donnerstag zugestimmt. Erleichtert?
Mich schmerzt der Abschied vom rbb, weil ich mit vielen Menschen in den vergangenen Jahren aus allen Bereichen sehr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet habe. Ich wäre auch deshalb gerne beim rbb geblieben, weil der Sender mit seiner Geschichte und den Standorten etwas Besonderes innerhalb der ARD ist. Aber ja, ich bin froh, dass wir eine Lösung gefunden haben, die letzten Monate waren hart. Und nur so ist für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein echter Neustart möglich.

Von Februar 2023 an freigestellt

Es hieß, Sie wollten sich den Betrag bis zum Vertragsende auszahlen lassen, rund eine Million Euro. Was bekommen Sie tatsächlich?
Mir ist an dieser Stelle wirklich wichtig: Ich habe nichts gefordert, sondern auf das nachvertragliche Ruhegeld verzichtet. Auch auf alle zukünftigen Prämien. Die Prämie dieses Jahres habe ich bereits im August zurückgezahlt. Deshalb ging es in den Verhandlungen neben der Altersvorsorge noch um den Fünf-Jahres-Vertrag, den ich im März unterschrieben habe. Den haben wir um gut zwei Jahre verkürzt. Auf dieser Basis bin ich ab Februar freigestellt und werde die Zeit nutzen, um mir einen neuen Job zu suchen.

Heißt: Sie haben von Ihrem Fünfjahresvertrag ein Jahr absolviert, zwei Jahre bekommen Sie ausbezahlt, auf die Bezahlung zweier weiterer Vertragsjahre verzichten Sie. Richtig?
So ist es.

Sie gehen ja nicht gleich. Wann werden Sie den rbb verlassen?
Am 31. Januar 2023.

Ich gehe, weil ich gehen möchte. 

Jan Schulte-Kellinghaus

Sie arbeiten seit 2017 als Programmdirektor des Rundfunk Berlin Brandenburg. Was rechnen Sie auf Ihre Haben- was auf Ihre Sollrechnung, wenn es um die von Ihnen verantworteten Programme geht?
Eine solche Rechnung aufzustellen, empfinde ich in dieser Situation als unpassend. Als Programmdirektor wollte ich gutes Programm machen und davon so viel wie möglich. In meiner Wahrnehmung ist der rbb an vielen Stellen moderner, frecher und crossmedialer geworden – und das ist gut so. Diese einzigartige Region braucht einen modernen Sender, der den Gegensätzen in Berlin und Brandenburg gerecht wird und daraus innovative Ideen kreiert. Ich konnte in den letzten sechs Jahren viele Prozesse dazu anstoßen und hätte gerne einige davon noch weiterwachsen sehen.

Sie haben eng mit der entlassenen Intendantin Patricia Schlesinger zusammengearbeitet. Im Rückblick sagten Sie: „Ich war oft zu loyal.“. Gehen Sie, müssen Sie gehen, weil Sie genau das waren?
In den Monaten der Krise habe ich gelernt, wie wichtig es ist zu handeln und nicht behandelt zu werden. Sich auch schmerzhaften Fragen zu stellen und Wut und Empörung auszuhalten. Und trotzdem den Mut nicht zu verlieren. Nach dem Rücktritt von Patricia Schlesinger wurde mir sehr schnell klar, dass sich die Vertrauenskrise im Sender auf alle bezieht, die eng mit ihr zusammengearbeitet haben. Da war kein Platz mehr für einen differenzierteren Blick auf die tatsächlichen Verantwortlichkeiten. Deshalb habe ich rasch gesagt, ich kläre auf, soweit ich das kann und helfe den Übergang zu organisieren. Und glauben Sie mir, ich selbst habe in dieser Zeit der Aufklärung im Nachhinein viel über meine ehemalige Chefin und über mich gelernt: Wenn der Kaiser keine Kleider trägt, muss man das aussprechen und konsequent handeln.

Unschwer werden Sie noch an den Einsparmaßnahmen des Senders beteiligt sein. Um die geforderten 41 Millionen Rücklage zu schaffen, wird es ohne Einschnitte im Programm nicht gehen. Heißt: Jan Schulte-Kellinghaus arbeitet sich in seinem Finale an der Verkleinerung des Senders für Berlin und Brandenburg ab? 
Das war meine erste Frage an meine Contentbox- bzw. Hauptabteilungsleiter, ob sie diesen Prozess mit mir beginnen wollen, obwohl alle wissen, dass ich nicht mehr lange da bin. Das Votum war einhellig: Wir gehen die Aufgabe zusammen an. Wir machen das gemeinsam, handeln verantwortlich - natürlich auch im Sinne aller Kolleginnen und Kollegen. Und wir wollen attraktives Programm aus und für Berlin und Brandenburg jetzt und in Zukunft sicherstellen. Vielleicht kann ich in diese Diskussion jetzt schon einen etwas freieren Blick auf die Dinge einbringen.

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