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La Residencia

© Belmond

Unsere Hotelkolumne für Mallorca: Eine Nacht in La Residencia

Das Luxushotel La Residencia liegt im Künstlerdorf Deià zwischen dramatischen Felsformationen und Zypressen. Auch Prinzessin Diana machte hier einst Urlaub.

Es ist nicht ganz leicht zu sagen, was das Schönste am mallorquinischen Bergdörfchen Deià ist. Es könnte der Blick über die rustikalen, honigfarbenen Steinhäuser sein, zwischen denen sich abwechselnd Palmen und Zypressen dem Himmel emporrecken, als wetteiferten sie darum, wer ihm am nächsten kommt. Es könnte auch die kleine Bucht, die Cala Deià, sein, die am Fuße des Dorfes liegt und deren klares, türkisblau leuchtendes Wasser sich vom Kiesstrand oder einem auf dem Felsen gebauten Fischrestaurant beobachten lässt.

Vermutlich sind das Schönste an Deià aber die Felsen des Tramuntana-Gebirges, die sich unmittelbar am südöstlichen Rand erstrecken und dem Ort eine so besondere Dramatik verleihen, dass sich in der Vergangenheit zahlreiche Künstler hier zum Arbeiten niedergelassen und dem Ausdruck „malerische Schönheit“ eine Berechtigung verliehen haben. Diese Dramatik ist besonders stark, wenn das Gestein von der untergehenden Sonne angestrahlt wird und dabei so tiefrot leuchtet, dass es aussieht, als glühte es.

Ein Schauspiel, dem sich auch die Gäste des Hotels La Residencia nicht entziehen können. Als der gespiegelte Sonnenuntergang seinen Höhepunkt erreicht, der Feuerball langsam im Mittelmeer versinkt, werden auf der Terrasse des Hotelrestaurants Messer, Gabel und Austern fallen gelassen, Stühle zurückgeschoben und die Handys zur Fotosession gezückt.

La Residencia hat zwei große Pools, von denen man auf das Tramuntana-Gebirge blickt.

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Wer sich weniger für das Natur- und mehr für das Kunstschöne begeistert, wird im Innern des Luxushotels fündig: La Residencia beherbergt eine Sammlung von 800 regionalen Kunstwerken sowie eine große Kollektion von Arbeiten des berühmten spanischen – und einen Großteil seines Lebens auf Mallorca ansässigen – Malers Joan Miró. 33 seiner abstrakten Gemälde und Kunstdrucke, entstanden in den 1960er und 1970er Jahren, sind im Innenbereich des nach dem Künstler benannten Hotelrestaurants Café Miró zu sehen. Allerdings nur im Sommer, denn die Kunstwerke sind eine Leihgabe der Miró-Stiftung Mallorca und müssen im Winter, wenn es in Deià kühl und neblig ist, an einen witterungsbeständigeren Ort gebracht werden.

Die anderen Bilder, Skulpturen und Installationen schmücken Gänge und Zimmer, und es gibt eine kleine Galerie, in der wechselnde Ausstellungen daraus zu sehen sind. Sie stammen aus der Sammlung von Cecilie und George Sheridan, ein britisch-amerikanisches Künstlerehepaar, das sich in den 1960ern in Deià niedergelassen und versucht hat, Werke lokaler Kreativer zu bewahren. Deià gilt seit Beginn des 20. Jahrhunderts als „Künstlerdorf“. Obwohl es noch bis in die 70er Jahre keine Elektrizität gab, kamen viele Kunstschaffende aus der ganzen Welt, um für eine Zeit dort zu leben und zu arbeiten.

1984 eröffnete der gebürtige Berliner Axel Ball gemeinsam mit seiner Frau Kristin La Residencia auf dem Gelände und in den Gebäuden einer ehemaligen Olivenölfabrik – gegenüber dem Haus der Sheridans, mit denen Ball befreundet war. Dort, in einem Deià-typischen Steinhaus mit kleinen Fenstern und einer rustikalen Terrasse mit atemberaubendem Blick, lebt Cecilie Sheridan noch immer.

Cecilie Sheridan vor Gemälden ihrer Sammlung. Die Künstlerin bietet auch geführte Touren durchs „Künstlerdorf“ Deià an.

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Ihr Mann George ist 2008 verstorben. „Um das Hotel dekorativ auszustatten, lieh Axel sich Gemälde von uns“, erzählt sie bei einem Glas Cava mit feinem britischem Akzent. „Jeden Tag kam er rüber und fragte: Kann ich noch mehr haben? Welches Bild würdest du für dieses Zimmer empfehlen? George beriet ihn stets und überzeugte ihn sogar, für eine Unmenge an Geld eine Tür zu versetzen – weil so das Kunstwerk besser zur Geltung kam.“

Über die Jahre hinweg habe sich die Ausstattung der Räume natürlich verändert. „Irgendwann wollten die Leute Fernseher in ihren Zimmern haben, dann musste eben ein Gemälde dem Bildschirm weichen. Mein Mann war da pragmatisch, er hat immer gesagt: Das ist ein Hotel, nicht das Guggenheim.“ Cecilie Sheridan ist, wie man in ihrer Muttersprache sagen würde, „one of a kind“: eine kleine Frau, in deren Gesicht Sonne und Alter deutliche Spuren hinterlassen haben – und die doch so fidel und eloquent wirkt, als stünde sie in ihren besten Lebensjahren.

Noch immer malt sie regelmäßig, arbeitet als Kuratorin für die Hotel-Galerie, verwaltet die Sammlung und gibt wöchentliche „walking tours“, bei denen sie den Hotelgästen das künstlerische Deià zeigt. Allerdings, sagt sie, lebten mittlerweile kaum noch Künstler in dem Ort. „Irgendwann kamen die Reichen, und jetzt können sie es sich nicht mehr leisten.“

Die Zimmer in La Residencia sehen alle unterschiedlich aus.

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Einer dieser Reichen, denen die Schönheit Deiàs und seine Anziehungskraft auf Künstler nicht verborgen blieb, war Richard Branson, der Gründer der britischen Virgin-Gruppe. Er kaufte La Residencia 1987. Mit ihm kamen viele Berühmtheiten. Unter anderem verbrachte Prinzessin Diana auf seine Einladung hin 1996 einige Nächte in „La Res“, wie einige das Hotel nennen. Auch Pierce Brosnan, Kate Moss oder Harry Styles sollen schon in Deià Urlaub gemacht haben.

2002 wurde das Hotel von der Luxuskette Belmond gekauft, die es bis heute betreibt – und einiges an Geld in Renovierungsarbeiten gesteckt haben soll. So etwas wie „verblassten Glanz alter Tage“ gibt es hier nicht. Stattdessen makellose Suiten mit riesigen, wolkenweichen Betten und wahlweise Blick auf die Berge oder das Dorf, mehrere Pools, einen Spa-Bereich.

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Außerdem vier sehr gute Restaurants: ob beim Frühstück mit lokalen Früchten und einem A-la-Carte-Menü, das jedem Berliner Hipster-Brunchplace standhalten könnte, im legeren Poolrestaurant mit Salaten und Sandwiches, im Café Mirò, in dem mallorquinische Spezialitäten, bretonische Austern und Olivenöl aus den hoteleigenen Olivenbäumen serviert werden oder dem Fine-Dining-Restaurant El Olivo, das, seit ein sehr erfolgreicher Influencer zu Gast war, angeblich fast immer ausgebucht ist.

Zugleich wirkt das Haus bodenständig. Vielleicht liegt es daran, dass jedes Zimmer unterschiedlich eingerichtet ist, oft mit Elementen des ursprünglichen lokalen Stils. Vielleicht liegt es auch an den Kunstwerken oder an den großen, sattgelben Zitronen und glänzenden Orangen, die von den Bäumen auf dem Gelände geerntet und in großen Holzschalen überall im Hotel verteilt werden.

Das Fine-Dining-Restaurant El Olivo. Seit ein Influencer hier zu Gast war, sollte man lieber rechtzeitig reservieren.

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Oder an den Eseln und Schafen, die auf dem Anwesen beim Olivenhain leben und von denen sich gelegentlich ein beherztes „Määäääh“ unter das ansonsten vorherrschende Vogelgezwitscher mischt. Früher seien sie komplett frei herumgelaufen, erzählt eine Hotelmitarbeiterin, mittlerweile sind sie jedoch eingezäunt. Offenbar fand es manch ein Hotelgast nicht so toll, sich die private Terrasse mit den Tieren zu teilen.

Weniger naturverbunden ist das aktuelle Projekt des Hauses. Auf einem großen, eigens dafür angefertigten Betonpodest, das im Garten zwischen Zitronenbäumen und Rosensträuchern in den Rasen eingelassen wurde, steht „Hunger“ – eine schwarze, monströse Maschine mit sechs Beinen und schaufelartigen, spitzen Füßen, die aussieht, als entstamme sie einem der „Transformers“-Filme. Langsam, aber mit brutaler Kraft, kratzt „Hunger“ mit seinen Krallen auf dem Untergrund herum, fügt diesem Risse und Schaden zu, wie wir Menschen es stetig mit der Natur tun.

Der italienische Künstler Arcangelo Sassolino mit seiner Installation „Hunger“

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Und doch wirkt das „Ding“ in seiner Brutalität irgendwie hilflos: Beim Versuch, das dritte Bein anzuheben, fällt es um und liegt nun wie ein Käfer auf dem Rücken, unfähig, sich wieder aufzurichten – bis sein Schöpfer, der italienische Künstler Arcangelo Sassolino, der zur Eröffnung nach Deià gekommen ist, ihm zur Hilfe eilt.

Die Installation ist Teil des Projekts „Mitico“, eine Kooperation mit der italienischen Galleria Continua aus dem toskanischen San Gimignano, bei der in einigen Belmond-Häusern (unter anderem auch in Taormina auf Sizilien) zeitgenössische Kunstinstallationen gezeigt werden. Bis Oktober können Gäste mehrmals täglich die Performance anschauen, allerdings ohne die Anwesenheit Sassolinos.

Als einen weiteren Teil des „Mitico“-Projekts gibt es in La Residencia dieses Jahr außerdem ein „Artists in Residency“-Programm. Drei junge internationale Kunstschaffende – eine Textilkünstlerin aus der Ukraine, eine Fotografin aus China und ein Konzeptkünstler aus dem Kosovo – sind eingeladen, für jeweils drei Monate in dem Hotel zu wohnen und das hoteleigene Studio für ihre Arbeit zu nutzen.

So versucht La Residencia auch, der von Cecilie Sheridan bemerkten Entwicklung entgegenzuhalten: dass aufgrund des Erfolgs der Künstlerenklave Deià kaum junge Kunstschaffende nachkommen, weil sie sich das Leben dort nicht mehr leisten können. Dass das Luxushotel dazu selbst seinen Teil beiträgt, ist ein Widerspruch, den es in der Kunstwelt immer wieder auszuhalten gilt.

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