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Der Versuchsaufbau: Forscher setzten der Nährlösung von Salatpflanzen Reifenabrieb zu, um zu testen, ob die Wurzeln diese aufnehmen.

© dpa / Gabriel Sigmund / Universität Wien

Mikroplastik im Salat: Pflanzen nehmen über ihre Wurzeln Partikel des Abriebs von Autoreifen auf

Forschende weisen nach, dass neben dem Gummi auch giftige Zusatzstoffe auf dem Teller landen könnten. Industrie soll nach weniger toxischen Alternativen suchen, fordern die Wissenschaftler.

Substanzen aus dem Abrieb von Autoreifen können sich laut einer Laborstudie in Salat anreichern. Die Wurzeln der Pflanzen nähmen in Reifen enthaltene Zusatzstoffe prinzipiell auf, sagte Thilo Hofmann vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Universität Wien.

Auch wenn die im Fachjournal „Environmental Science & Technology“ erschienene Laborstudie nicht ohne weiteres auf die Verhältnisse im Freiland übertragbar sei, deute sich hier ein möglicherweise großes Problem an. „Die Hälfte des Mikroplastiks in der Welt stammt vom Abrieb von Autoreifen“, sagte Hofmann der Deutschen Presse-Agentur.

Partikel der Reifen landen mit dem Regen in Kläranlagen – und dann als Dünger auf den Feldern

Der Abrieb enthält wie andere Arten von Mikroplastik Zusatzstoffe, sogenannte Additive, die für bestimmte Eigenschaften wie bessere Haltbarkeit sorgen sollen. Einige dieser Chemikalien gelten als hochgiftig. Partikel der Reifen würden zum Beispiel bei Regen in Kläranlagen geschwemmt, der dort anfallende Klärschlamm werde oft als Dünger auf Felder gebracht, erklärte Hofmann.

Dies sei unter anderem in Deutschland, in Österreich, in Israel, den USA und Kanada eine gängige Praxis. Die Schweiz hingegen habe das Düngen mit Klärschlamm bereits verboten, so der Forscher.

Auch über Wind und Abwasser gelangen Reifenabrieb-Partikel von den Straßen auf Ackerflächen, wie es von der Universität Wien hieß. In Deutschland werden laut Studie allein über ausgebrachten Klärschlamm jährlich zwischen 1.400 und 2.800 Tonnen Reifenabrieb auf landwirtschaftliche Flächen aufgebracht.

Studie untersucht sechs Stoffe

In der Studie wurden sechs Substanzen untersucht. Einer der Zusatzstoffe – 6PPD genannt – gilt laut Hofmann als Grund für das Sterben fast aller Lachse in bestimmten Flussabschnitten an der Nordwestküste der USA.

In die Gewässer wird der Reifenabrieb etwa bei Regen gespült. Ob und wie giftig die in der Laborstudie untersuchten Stoffe für Menschen sind, sei noch nicht abschließend geklärt. Die Forscher identifizierten auch Substanzen, die beim Stoffwechsel des Kopfsalats aus den aufgenommenen Chemikalien entstanden. Es handle sich um bisher noch nicht beschriebene Verbindungen mit unbekannter Toxizität, hieß es.

Inwieweit die gefundenen Prozesse auch im Freiland greifen und in welchem Maße eine Gefährdung für den Menschen und andere Lebewesen besteht, soll in weiteren Analysen untersucht werden. Es bestehe jedenfalls Grund darauf zu drängen, dass sich die Industrie um umweltgerechtere Zusatzstoffe in Reifen bemühe, sagte Hofmann. (dpa)

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