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Der russische Präsiden Wladimir Putin empfängt den chinesischen Außenminister.

© IMAGO/SNA/IMAGO/Anton Novoderezhkin

Update

12-Punkte-Papier vorgestellt: Moskau begrüßt Pekings Positionspapier zum Ukraine-Krieg

Mit Spannung wurden Chinas Vorschläge zur Beilegung des Krieges in der Ukraine erwartet. Jetzt liegt das Positionspapier vor.

| Update:

China hat zu einem Waffenstillstand im Ukraine-Krieg aufgerufen. In einem mit Spannung erwarteten 12-Punkte-Papier, das am Freitag vom Außenministerium in Peking veröffentlicht wurde, wird auch eine sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland gefordert.

„Dialog und Verhandlungen sind die einzig machbare Lösung für die Ukraine-Krise“, heißt es in dem Positionspapier. Die Bemühungen Chinas, sich mit Vorschlägen stärker einzubringen, waren zuvor allerdings mit Skepsis betrachtet worden, da China den russischen Angriffskrieg bis heute nicht verurteilt hat.

„Alle Parteien sollten Russland und die Ukraine unterstützen, in die gleiche Richtung zu arbeiten und letztendlich einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen“, heißt es in dem Dokument. „Konflikt und Krieg dienen niemandem.

Alle Parteien müssen rational bleiben, Zurückhaltung üben und vermeiden, die Flammen anzufachen, und verhindern, dass sich die Krise weiter verschlechtert oder sogar außer Kontrolle gerät.“ Auch fordert China, dass die Grundsätze der Vereinten Nationen streng beachtet werden müssten.

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„Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder muss wirksam aufrechterhalten werden“, heißt es im ersten Punkt des Papiers, was Beobachter häufig auf die ursprünglichen Grenzen der Ukraine beziehen. Gleichzeitig wird darin aber auch gefordert, dass die „legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder ernst genommen“ werden müssten. Hinter dieser Formulierung sehen Diplomaten einen klaren Hinweis auf die Argumentation Russlands, sich gegen die USA und die Nato verteidigen zu müssen.

China ruft in dem Dokument auch zu einer Verringerung der strategischen Risiken des Krieges auf: „Atomwaffen dürfen nicht eingesetzt werden, und Atomkriege dürfen nicht ausgefochten werden.“ Auch die Drohung mit dem Einsatz von nuklearen Waffen sei abzulehnen.

Das Papier ist als „Position Chinas zu politischen Lösung der Ukraine-Krise“ überschrieben. Diplomaten in Peking waren allerdings vorsichtig, die Vorschläge als „neue Friedensinitiative“ oder „Friedensplan“ zu beschreiben.

Es wurde auf die besondere Nähe Chinas zu Russland und seine mangelnde Neutralität verwiesen. Seit Beginn der Invasion Russlands in der Ukraine vor einem Jahr hatte China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin immer Rückendeckung gegeben und die USA und die Nato als eigentliche Verursacher der Krise beschrieben.

Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses bezweifelt Chinas Vermittlerrolle 

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, setzt wenig Hoffnung in die von China angekündigte Friedensinitiative. „Die Chinesen verhalten sich in diesem Krieg nicht neutral, sondern unterstützen Russland politisch und wirtschaftlich“, sagt der SPD-Politiker der Nachrichtenseite ntv.de laut Vorabbericht. 

Er sei deshalb sehr skeptisch, ob China glaubwürdig eine Vermittlerrolle einnehmen könne. Peking könne Putin zu einem Einlenken in der Ukraine bewegen, wenn es wolle, doch er bezweifle, dass dieser Wille vorhanden sei. 

Reaktionen aus Russland

Das russische Außenministerium hat die Initiative Pekings zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine begrüßt und gleichzeitig die eigenen Positionen für eine Beendigung der Kampfhandlungen bekräftigt. „Wir begrüßen den aufrichtigen Wunsch unserer chinesischen Freunde, einen Beitrag zur Lösung des Konflikts in der Ukraine mit friedlichen Mitteln beizutragen“, kommentierte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Freitag. „Wir teilen die Überlegungen Pekings.“

Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, spricht während einer Pressekonferenz (Archivbild).

© picture alliance/dpa/EPA

Russland sei für eine politisch-diplomatische Lösung der „Ukraine-Krise“ offen. Grundvoraussetzung sei jedoch ein Ende der westlichen Waffenlieferungen in die Ukraine, die Einstellung aller Kampfhandlungen und die Rückkehr der Ukraine zu einem neutralen, blockfreien Status. Daneben müssten die „neuen territorialen Realitäten“ - also die völkerrechtswidrige Annexion mehrerer ukrainischer Gebiete durch Russland - anerkannt werden. Sacharowa bekräftigte auch das ursprünglich genannte Kriegsziel Moskaus - die „Entmilitarisierung und Entnazifizierung“ der Ukraine.

Der bekannte russische Außenpolitiker Leonid Sluzki hat den chinesischen Zwölf-Punkte-Plan zum Krieg in der Ukraine als „ausgewogen“ bezeichnet. Er sei jedenfalls ausgewogener als die neue UN-Resolution, die faktisch eine Kapitulation Russlands fordere, schrieb der Vorsitzende des Außenausschusses im russischen Parlament am Freitag auf seinem Blog im Netzwerk Telegram. „Die Vorschläge aus Peking muss man noch einzeln erörtern. Aber hauptsächlich ist das ein Plan, um die Hegemonie des kollektiven Westens zu beenden.“ Der chinesische Plan berücksichtige die Sicherheitsinteressen aller beteiligten Seiten, meinte Sluzki. „Wir sind auf Frieden eingestellt, aber nicht auf Kosten der Sicherheit und Souveränität Russlands.“

Weitere internationale Reaktionen

Kiew hat das von China zum Jahrestag der russischen Invasion in die Ukraine vorgelegte Positionspapier abgelehnt. „Jeder „Friedensplan“, der nur einen „Waffenstillstand“ und infolge dessen eine neue Trennlinie und die Besetzung von Gebieten vorsieht, handelt nicht von Frieden“, schrieb der Berater im Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, am Freitag auf Twitter.

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Es handele sich vielmehr um ein „Einfrieren des Krieges“, um „nächste Etappen des Völkermords“ - und daher einer Niederlage. Die Ukraine bestehe unverändert auf einen Abzug der russischen Truppen aus ihren international anerkannten Grenzen von 1991.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg haben zurückhaltend auf Chinas Positionspapier zum Krieg in der Ukraine reagiert. Man müsse sich die zwölf Punkte vor dem Hintergrund anschauen, dass China bereits Partei ergriffen habe, sagte von der Leyen am Freitag in der estnischen Hauptstadt Tallinn. China und Russland hätten einander noch kurz vor Kriegsbeginn ihre „grenzenlose“ Freundschaft zugesichert.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, reagierte zurückhaltend auf Chinas Positionspapier zum Krieg in der Ukraine.

© dpa/Pavel Golovkin

Auch Stoltenberg wies bei einer Pressekonferenz mit von der Leyen und der estnischen Regierungschefin Kaja Kallas darauf hin. China hat nach seinen Worten nicht besonders viel Glaubwürdigkeit, weil es bisher nicht in der Lage war, die russische Invasion in die Ukraine zu verurteilen. Putin bereite sich derzeit nicht auf Frieden vor, sondern auf mehr Krieg und weitere Offensiven, betonte Stoltenberg. Irgendwann werde der Krieg wohl am Verhandlungstisch enden. Wenn man jedoch eine Verhandlungslösung wolle, bei der die Ukraine als souveräne, unabhängige Nation bestehen bleibe, müsse man das Land militärisch unterstützen. Nur so könne man die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Putin erkenne, dass er auf dem Schlachtfeld nicht gewinnen werde.

Das Papier könne bei Punkt eins aufhören, sagte der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, und verwies darauf, dass weder die Ukraine, noch die Nato oder die USA Russland angegriffen hätten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, jeder konstruktive Vorschlag, „der uns dem Weg zum gerechten Frieden näher bringt, ist hochwillkommen“. Ob aber „China eine solche konstruktive Rolle spielen will, ist fraglich“.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock äußert sich kritisch zum Zwölf-Punkte-Plan Chinas. „Das chinesische Positionspapier enthält viele bekannte Positionen“, erklärt die Ministerin am Rande einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Es sei zwar wichtig, dass China vor einer nuklearen Eskalation warne. „Aber: Es gibt einen Friedensplan, den gestern 141 Staaten unterstützt haben: Stopp der russischen Angriffe, Abzug der russischen Truppen und Schutz der Zivilbevölkerung“, fügt sie mit Blick auf die Resolution der UN-Generalversammlung vom Donnerstag hinzu.

China hätte als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats „seinen Einfluss auf Russland nutzen können, um es von diesem Plan zu überzeugen. Wer von Frieden spricht, darf nicht Unterwerfung meinen. Wer Aggressor und Opfer gleichsetzt, schafft keinen Frieden, sondern belohnt Gewalt.“ Dies wäre der Weg in eine andere Weltordnung, „wo das Recht des Stärkeren gilt“. Deutschland werde alles dafür tun, die Friedensordnung der UN-Charta zu erhalten. „Sonst kann kein kleines Land in Zukunft noch in Sicherheit leben.“ (dpa, AFP)

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