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Israels Ministerpräsident Netanjahu (Mitte) wird derzeit scharf kritisiert.

© Imago/Zuma Wire/Koby Gideon/Israel/Gpo

Update

Angst um die Geiseln, Netanjahu in Bedrängnis: Viele Israelis wollen mit einer großen Bodenoffensive warten

Nicht nur die Angehörigen der Hamas-Gefangenen fordern, mit dem Einmarsch in Gaza zu warten. Und Israels Premier ist heftiger Kritik ausgesetzt. Wie geeint ist das Land?

Die länger erwartete Bodenoffensive Israels im Gazastreifen scheint unmittelbar bevorzustehen. Das Militär des jüdischen Staates bereitet wohl durch kleinere Vorstöße einen größeren Einmarsch vor. Das Land versucht in dieser Situation, alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte zu bündeln – mehr als 300.000 Reservisten wurden eingezogen, ein „Kriegskabinett“ gebildet, politischer Streit sollte vertagt werden.

Dennoch gibt es Skepsis und Unmut in der israelischen Gesellschaft mit Blick auf eine Invasion des Gazastreifens. Das hat vor allem mit den rund 230 Geiseln zu tun, die sich immer noch in der Hand der islamistischen Terrorgruppe Hamas befinden. Im Zentrum der Kontroversen steht dabei Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, dessen politischer Rückhalt zu schwinden scheint.

Mehrfach protestierten in den vergangenen Tagen Angehörige der israelischen Geiseln, unter anderem vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv. Sie sorgen sich, dass ein noch massiverer Angriff auf den Gazastreifen diejenigen in Gefahr bringt, die sich immer noch in den Händen der Islamisten befinden.

Gibt es einen Plan? Wir wissen es nicht. Das wollen wir herausfinden.

Haim Rubinstein, Sprecher des „Hostages and Missing Families Forum“

Vor allem treibt die Angehörigen die Frage um, ob überhaupt eine Strategie existiert, um die Gefangenen der Hamas zu befreien. „Gibt es einen Plan? Wir wissen es nicht. Das wollen wir herausfinden“, zitierte der britische „Guardian“ Haim Rubinstein, den Sprecher des „Hostages and Missing Families Forum“.

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Auch viele Israelis scheinen Zweifel an einer Großattacke auf den Gazastreifen zu haben. Auf die Frage, ob das Militär sofort eine groß angelegte Bodenoffensive starten sollte, sprachen sich in einer Umfrage der Tageszeitung „Maariv“ 29 Prozent dafür aus – während 49 Prozent sagten, es sei besser, noch zu warten.

Israels Premier Netanjahu traf sich in den vergangenen Tagen mit Angehörigen der Geiseln. Sie zu retten, sei ein „integraler Bestandteil“ des militärischen Vorgehens, sagte er bei einem Treffen. Der Premier muss in diesen Tagen allerdings mit noch ganz anderem Druck umgehen.

Die Kontroverse um seinen inzwischen wieder gelöschten Beitrag auf der Plattform X, in dem er den Geheimdiensten schwere Vorwürfe machte, bringt den Regierungschef politisch zusätzlich in Bedrängnis. Er sei nicht vor den kriegerischen Absichten der Hamas gewarnt worden, stand in dem nicht inzwischen mehr abrufbaren Beitrag.

Netanjahu ließ stattdessen einen Post verbreiten, in dem er zugab, sich geirrt zu haben. Die Frage nach der Verantwortung der Sicherheitsdienste wird in Israel nach der Attacke der Hamas kontrovers diskutiert. Die Debatte über ihn kommt für Netanjahu auch zur Unzeit, weil er ohnehin in der Kritik steht. Ihm wird nun auch noch vorgeworfen, die Verantwortung abzuwälzen.

Oppositionsführer Yair Lapid und Benny Gantz, Mitglied im Kriegskabinett, drängten den Premier öffentlich dazu, seine Aussage zurückzuziehen. Netanjahu habe im Vorfeld der brutalen Attacke der Hamas auf israelisches Gebiet entsprechende Geheimdienstinformationen gehabt. Auch der Sprecher des israelischen Militärs, Daniel Hagari, wurde zur Kontroverse um Netanjahu befragt. Hagari antwortete auf die Frage, warum Netanjahu die IDF beschuldigte: „Ich werde diese Frage nicht beantworten. Wir befinden uns mitten in einem Krieg und konzentrieren uns auf den Krieg.“

Transparenzhinweis: In einer vorherigen Version des Artikels stand, der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari, habe Netanjahu hart dafür kritisiert, dass dieser sich darüber beschwert habe, nicht rechtzeitig über die Attacke der Hamas informiert worden zu sein. Die israelische Armee betont, dass dies nicht der Fall gewesen sei.

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