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Angehörige des Russischen Freiwilligenkorps posieren vor einem Einsatz.

© IMAGO/NurPhoto/Vyacheslav Madiyevskyy

Attacken auf russischem Boden: Wer für die Anti-Putin-Partisanen kämpft

Kämpfer des „Russischen Freiwilligenkorps“ und der „Legion zur Befreiung Russlands“ sind im russischen Hinterland aktiv. Die Aktionen sind für Moskau gefährlich – und für Kiew.

Seit Tagen gehen Fotos und Videos von Angriffen im Grenzgebiet der Ukraine und Russland online. Geschosse schlagen in Dörfern auf russischer Seite im Gebiet Belgorod ein. In der Gebietsstadt brennt nach einem Drohnenangriff seit Montagmorgen eine Energieanlage. Der Gouverneur der Region, Wjatscheslaw Gladkow, hat die Bewohner grenznaher Dörfer zur Flucht vor Einheiten aufgefordert, die sich „Russisches Freiwilligenkorps“ und „Legion zur Befreiung Russlands“ nennen.

Wer sind diese Kämpfer, die sich zu den Aktionen in Russland bekennen? Spezialeinheiten der ukrainischen Armee, die eine Frontlinie innerhalb Russlands zu eröffnen versuchen? Russische Partisanen, die das Hinterland des von Russland okkupierten Gebietes destabilisieren? Oder sind es gar Spezialeinheiten des russischen Militärgeheimdienstes, deren Auftrag es ist, mit Provokationen unter „falscher Flagge“ den Hass vieler Russen auf die Ukraine weiter anzuheizen?

Ideologische Differenzen - doch im Kampf vereint

Die „Legion zur Befreiung Russlands“ besteht nach ukrainischen Angaben und Presseberichten aus übergelaufenen oder im Krieg gefangen genommenen russischen Soldaten, die sich angeblich ukrainischen Kommandostrukturen unterstellt haben. Ihre Führer veröffentlichten im April ein Manifest, in dem sie sich zu einem demokratischen Russland in den Grenzen von 1991 bekennen. In dem Text lassen sie eine gedankliche Nähe zu dem konservativen zaristischen Reformpremier Pjotr Stolypin erkennen, der 1911 von einem Sozialrevolutionär ermordet wurde.

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Selbst ukrainische Militärexperten zweifeln, dass die „Legion“ größere militärische Bedeutung hat. Es gab bis vor kurzem keine Informationen darüber, dass sie überhaupt an Kampfhandlungen zur Verteidigung der Ukraine beteiligt war. Deshalb stellten einige Journalisten sogar infrage, dass es diese Formation überhaupt gibt.

Mitte Mai jedoch posierte der mutmaßliche Gründer der Legion, Maximilian Andronnikow (Kampfname „Caesar“), mit dem Chef des „Freiwilligenkorps“, Dennis Nikitin (Kapustin). Sie gaben bekannt, dass sie trotz ihrer ideologischen Differenzen jetzt ihre „Kräfte vereinen und gemeinsam in den Kampf ziehen“.

Niktin bekennt sich selbst zur rechtsextremistischen russischen Szene. Sein Korps formierte er aus Exilrussen, die auf Seiten der Ukraine kämpfen, seit der Kreml 2014 den offenen, damals noch auf die Krim und die Ostukraine begrenzten Krieg gegen die Ukraine vom Zaun brach. Als eigenständige Miliz macht das „Freiwilligenkorps“ seit August 2022 Schlagzeilen.

Der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow

© AFP/OLGA MALTSEVA

Erste Aktionen auf russischem Staatsgebiet führte das Korps offenbar bereits im Dezember 2022 durch. Damals versuchte der FSB die Vorgänge im Gebiet Brjansk herunterzuspielen und sprach von „Diversanten“, denen rasch das Handwerk gelegt werden konnte.

Moskau wird in seiner Schwäche vorgeführt

Im März dieses Jahres war wieder Brjansk das Zielgebiet und seither ist es die Region Belgorod. Die Kommandoaktionen sind für Russland, aber auch für die Ukraine heikel. Sie nützen Kiew, weil sie Moskau im Vorfeld der erwarteten ukrainischen Offensive zum Abzug russischer Truppen von der Frontlinie zwingen könnten. Doch dies birgt ein hohes Risiko: Die Ukraine steht bei ihren Partnern im Wort, dass keine westliche Militärtechnik auf russischem Boden eingesetzt wird.

Russland hat in den letzten Tagen nach Kommandoaktionen des „Freiwilligenkorps“ wiederholt zerstörtes westliches Gerät vorgeführt. Belgien hat deshalb Ermittlungen angeordnet. Für Moskau sind die Kämpfe an seiner Grenze bedrohlich, weil sie die Angreifbarkeit des Hinterlandes vor Augen führen. Bisher hat die russische Armeeführung keine Umgruppierung ihrer Kräfte in Richtung Belgorod vorgenommen.

Gouverneur Gladkow musste vor einer Woche Präsident Wladimir Putin Rapport erstatten. Danach verlieh ihm das Staatsoberhaupt die „Medaille für Mut bei der Verteidigung des Vaterlandes“. Experten werten dies als Signal an Gudkow, er könne derzeit nicht auf Verstärkung hoffen und möge doch die Verteidigung seines Gouvernements mit eigenen Kräften sichern.

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