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Proteste nach dem Tod von Mahsa Amini in Saqqez am 26. Oktober 2022

© AFP/UGC/Uncredited

Aufstand im Iran: Warum der Motor der Bewegung in Kurdistan liegt

Die kurdische Bevölkerung im Iran blickt auf eine lange Unterdrückungsgeschichte zurück. Doch jetzt steht sie an der Spitze des Aufstands.

Feuerwerkskörper werden in den Abendhimmel geschossen und zerspringen zu roten Lichtern, im Hintergrund sind vereinzelt Freudenschreie zu hören. Das auf Twitter kursierende Video soll aus dem kurdischen Saqqez stammen, der Heimatstadt der im September getöteten Jina Mahsa Amini, der Galionsfigur der aktuellen Aufstandsbewegung im Iran.

„Die Menschen feiern, dass der Iran aus der UN-Frauenrechtskommission gestrichen wurde“, schreibt die Demokratische Partei Kurdistan-Iran, kurz DPK-I, Mitte Dezember dazu. Hier in Saqqez vergeht auch sonst kaum ein Tag, an dem nicht protestiert wird – mit Feierlichkeiten, stillen Gedenkzeremonien, wütenden Märschen oder städteübergreifenden Generalstreiks.

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Die Protestrufe in den kurdischen Städten haben eine deutlich regionale Komponente. „Kurdistan, Kurdistan! Goristane faşistan!“ Das, was übersetzt „Kurdistan, Kurdistan! Das Grab der Faschisten!“ bedeutet, riefen Teilnehmende eines Protestmarsches, wenige Tage nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini.

Heute wird der Slogan der kurdischen Frauenbewegung gefeiert

Während eines Trauerzugs in der ebenfalls kurdischen Stadt Sanandaj skandieren die Menschen „Şehîd Namirin!“, also „Märtyrer sterben nicht“. Auch dieser Protestruf ist Teil der langen Widerstandsgeschichte des kurdischen Volkes. Ähnlich wie „Jin, Jiyan, Azadî“, übersetzt „Frauen, Leben, Freiheit“.

Der Krieg gegen die Selbstbestimmung der Kurdinnen und Kurden hänge mit der Revolution im Iran zusammen, sagt Ferat Koçak, Politiker der LInken im Abgeordnetenhaus in Berlin.

„Der Slogan ‚Jin, Jiyan, Azadî’ stammt aus der kurdischen Frauenbewegung, deren Flaggen in Deutschland auf Demontrationen verboten werden.“ Deshalb, führt Koçak Im Dezember in einer Plenarrede im Berliner Abgeordnetenhaus aus, sei es „heuchlerisch“, wenn Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ‚Jin, Jiyan, Azadî’ sagen und „zeitgleich zusehen, wie Kurd:innen in Deutschland kriminalisiert werden“.

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„Wer sich mit ‚Jin, Jiyan, Azadî’ schmückt, der muss auch konsequent solidarisch sein mit den Kämpfen der Kurd:innen für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung“, fordert Koçak, „ob im Iran, in Syrien, im Irak oder in der Türkei.“

Der iranische Menschenrechtsaktivist Kaveh Kermanshahi, selbst Kurde aus dem Iran, sagt, ihm bedeute ‚Jin, Jiyan, Azadî’ nicht nur sehr viel, weil es sich um einen kurdischen Slogan handelt. „Wir haben jahrelang damit gearbeitet, mit feministischen Gruppen im Iran und in Kurdistan.“ Dass der Tag kommt, an dem dieser Slogan überall im Iran gerufen wird, sei immer ihr Wunsch gewesen.

Systematische militärische Angriffe in kurdischen Städten

In Kurdistan sind nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen seit der Ermordung von Jina Mahsa Amini am 16. September diesen Jahres bis zum 11. Dezember 485 Menschen getötet und 18.259 verhaftet worden.

Seit dem 17. September diesen Jahres wurden laut einer Statistik der Menschenrechtsorganisation Hengaw 151 Kinder und Jugendliche von iranischen Regierungskräften inhaftiert sowie allein im Zeitraum zwischen dem 15. November und 21. November 42 Kurden und Kurdinnen getötet.

Besonders in kurdischen Städten gebe es ein massives Militäraufgebot, schreibt Hengaw, und „die militärischen Angriffe auf die Städte Kurdistans werden organisiert und systematisch ausgeführt, mit dem Ziel, Kurden zu töten“.

„Sie kommen mitten in der Nacht“

Saman K. (Name geändert) lebt seit seinem 17. Lebensjahr nicht mehr in Saqqez. Der dort gebürtige Kurde ist mit seiner Familie vor 22 Jahren aus dem Iran geflohen, heute lebt er im Ausland, wo genau, möchte er aus Sicherheitsgründen nicht sagen. Ein Teil seiner Verwandtschaft lebt noch in Saqqez, „es ist eine sehr kleine Stadt, dort wird man leicht aufgespürt“.

„Ich bin in regelmäßigem Kontakt mit meiner Familie. Sie berichten, dass die Stadt voller bewaffneter Sicherheitskräfte ist. Sie fühlen sich sehr gestresst, wenn sie durch die Stadt gehen“, sagt Saman. K Seine Cousine habe vor Kurzem mittags das Haus verlassen, um sich mit ihren Freunden zu treffen. Weil die bewaffneten Sicherheitskräfte sie anstarrten und ihr Angst einjagten, sei sie nach Hause geeilt und habe das Haus viele Tage nicht mehr verlassen.

In Wirklichkeit stehen die Sicherheitskräfte über dem Gesetz und können tun, was sie wollen.

Saman K. über die Bedrohung für kurdische Frauen durch iranische Sicherheitsleute

„Sie hatte große Angst, grundlos verhaftet zu werden, was zu Folter oder Vergewaltigung führen kann, denn in Wirklichkeit stehen die Sicherheitskräfte über dem Gesetz und können tun, was sie wollen.“ Dabei seien besonders Frauen von sexueller Belästigung während der Verhaftung gefährdet, nachweislich eine Foltermethode der Islamischen Republik, wie Saman K. sagt.

Doch auch in der Nacht sei niemand sicher. Sicherheitskräfte, mit und ohne Uniform, würden die Häuser von Menschen überfallen und sie festnehmen, „mitten in der Nacht“.

Seine Familienangehörigen und Freunde hätte „gemischte Gefühle“, besonders vorherrschend sei dabei die Sorge vor dem, was kommt, wenn der derzeitige Aufstand nicht zu einem Regimewechsel führt oder sich lange hinzieht. „Sie sind sich sicher, dass die Rache in der kurdischen Region viel härter ausfallen wird als in anderen Teilen des Irans.“

Irans langwieriger Kampf gegen die Kurden

Im Iran herrscht nicht erst seit der Islamischen Republik eine systematische Unterdrückung von Minderheiten, so auch von Kurdinnen und Kurden. Als Antwort folgten mehrere Jahrzehnte von Revolten des kurdischen Volkes in Form politischer Mobilisierung.

Saman K. sagt: „Die Propaganda der Islamischen Republik hat versucht, uns als Separatisten und als Feind für den Rest des Irans darzustellen. Nach dem großen Krieg gegen die Kurden hat der Staat uns immer noch als Bürger zweiter Klasse mit weniger Rechten und Möglichkeiten behandelt.“ So seien die meisten der höchsten und einflussreichsten staatlichen Positionen an Nicht-Kurden aus anderen Städten des Irans vergeben worden.

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Die kulturelle Unterdrückung des kurdischen Volkes im Iran habe mit der Pahlavi-Dynastie begonnen, den Schahs Reza und Mohamed Reza. „Die Unterdrückung eskalierte und wurde während der Islamischen Republik noch brutaler und blutiger. In den letzten 100 Jahren wurden die Kurden von der Gesetzgebung ausgeschlossen“, sagt Saman K.

Unmittelbar nach der Revolution 1979 begannen die Streitkräfte der Islamischen Republik einen umfassenden Krieg gegen die kurdische Region im Iran. Es gab viele Opfer, darunter Aktivistinnen und Aktivisten sowie Peschmerga (bewaffnete kurdische Einheiten), aber auch viele Zivilistinnen und Zivilisten.

Kurdischer Widerstand als Teil der iranischen Geschichte

Kurdinnen und Kurden, so Saman K., haben eine lange Geschichte von organisierten Protesten gegen das totalitäre Regime. „Deshalb finden Proteste in Kurdistan in größerem Umfang und besser organisiert statt als in anderen Teilen des Irans. Kurdische politische Parteien sind auch meist besser organisiert und werden in der kurdischen Gemeinschaft besser angenommen als andere Parteien in anderen Teilen des Iran.“

Erst 2016 kam es zu militärischen Zusammenstößen der iranischen Sicherheitskräfte mit kurdischen Parteien wie der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran, die bis zur aktuellen Protestbewegung andauerte. Grund dafür war laut kurdischer Parteien die wachsende Unzufriedenheit in der Region, unter anderem angesichts von Armut und willkürlichen Hinrichtungen.

1200
kurdische politische Gefangene hat die Islamische Republik 1979 bis 1988 hingerichtet.

Doch auch Jahre vorher, kurz nach der sogenannten Islamischen Revolution, kam es 1978 zu kollektiven Aufständen. Im Verlauf dieser kurdischen Aufstände, die bis 1983 andauerten, tötete die Regierung rund 10.000 Menschen im iranischen Kurdistan. Allein in dem Zeitraum zwischen 1979 und 1988 sollen 1200 politische Gefangene hingerichtet worden sein.

Am Verhandlungstisch erschossen, am offenen Platz erhängt

Bereits in den 1940er Jahren gründeten sich Organisationen wie die „Komala Zhian I Kurd“, was übersetzt „Organisation der kurdischen Wiedererweckung“ bedeutet. Daraus entwickelte sich die Demokratische Partei Kurdistan-Iran, für deren politische Arbeit eine Vielzahl von Kurdinnen und Kurden inhaftiert und getötet wurden.

Zwei führende Namen der DPK-I wurden durch die iranische Regierung ermordet. 1947 wurde Qazi Mohammed als einer der Parteigründer unter dem letzten iranischen Schah Mohammad Reza Pahlavi erhängt.

Der damalige persische Schah Reza Pahlavi in Galauniform mit seiner Gattin Kaiserin Farah Diba (undatierte Aufnahme)

© dpa/Uncredited

Der spätere Parteichef Abdul-Rahman Qasimlo wurde 1989 in Wien Opfer eines Terroranschlags, als Vertreter der iranischen Regierung ihn während eines gemeinsamen Treffens am Verhandlungstisch erschossen.

Qazi Mohammed und Abdul-Rahman Qasimlo sind kurdische Namen aus dem Iran, die auch für Kurdinnen und Kurdin außerhalb des Irans zu einem Politikum geworden sind und bis heute als Symbol eines Bestrebens nach Selbstbestimmung und Demokratie gelten.

Kurdistan ist durch Benachteiligung unterentwickelt

Die kurdische Region weist eine der höchsten Arbeitslosenquote im Iran auf. Durch die unterentwickelte Infrastruktur und den erschwerten Zugang zu Bildung und Arbeit in den kurdischen Städten herrschen Armut und Perspektivlosigkeit.

Im Jahr 2018 konnten 42 Prozent der Selbstmorde in Kurdistan auf Armut und Arbeitslosigkeit zurückgeführt werden. In sechs Monaten verzeichneten Menschenrechtsorganisationen 106 Selbstmordfälle.

106
Selbstmorde wurden innerhalb von sechs Monaten in der kurdischen Region Irans verzeichnet.

Der kurdische Rapper Saman Yasin, dem nun auch die Hinrichtung während der aktuellen Protestbewegung droht, beschreibt in seinem selbst verfassten Lied „Haji“ von den Lebensbedingungen in kurdischen Städten Irans: „Ertrunken bin ich in einem Haufen unerfüllter Träume. Sie machten aus mir einen Depressiven und Einsamen. Einer begeht Selbstmord wegen seiner Armut. Einer verkauft seine Niere, um die Miete zu zahlen. All das sitzt mir wie dicke Klöße im Hals.“

Die todbringende Arbeit der kurdischen Lastenträger

Charakteristisch für die andauernde Klassenkluft zwischen dem Iran und der kurdischen Region sind die sogenannten Kolbar. Die meist kurdischen Lastenträger transportieren Waren an der iranisch-irakischen Grenzregion unter lebensgefährlichen Bedingungen. Nach Angaben von NGOs sind 2021 mindestens 140 Kolbar von iranischen Grenzsoldaten erschossen worden.

Auch weisen Menschenrechtsorganisationen wie The Association of Human Rights in Kurdistan – Geneva (KMMK-G) und Amnesty International regelmäßig auf willkürliche Inhaftierungen von Kurd:innen hin wie beispielsweise die von Zahra Mohammadi, die seit Mai 2019 aufgrund der Unterrichtung kurdischer Sprache in einem von ihr geleiteten Kulturverein im iranischen Gefängnis sitzt.

Streiks als Waffe gegen das Regime

Die kurdischen Parteien im Iran hatten erstmals drei Tage nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini zu einem Generalstreik in allen kurdischen Städten und Gemeinden aufgerufen. Dabei forderten sie „alle Teile des kurdischen Volkes“ dazu auf, ihre Geschäfte zu schließen und nicht zur Schule oder zur Arbeit gehen.

„Im Iran gibt es keine unabhängige Arbeitergewerkschaft, die die Streikenden in irgendeiner Weise unterstützt“, sagt Saman K. So könnte ein Streik den meisten ihren Laden oder die Stelle kosten. Auch seien viele Geschäfte während des Streiks von Sicherheitskräften versiegelt worden, andere wurden verwüstet, Türen und Fenster von den Sicherheitskräften zerstört, weil sie sich dem Streik angeschlossen hatten.

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„Einige Menschen wurden verhaftet, nur weil sie sich am Streik beteiligten und ihre Geschäfte geschlossen hielten.“ Dennoch: Im letzten Monat kam es in vielen kurdischen Städten an acht aufeinanderfolgenden Tagen zu großen Streiks. Saman K. berichtet, dass einige Geschäfte auch außerhalb der Streiktage geschlossen blieben.

„Das Vorgehen gegen Demonstranten ist im Iran sehr brutal, so dass die Menschen nach anderen Wegen suchen, um ihren Widerstand gegen das Regime zu zeigen. Eine davon ist der Generalstreik“, sagt Saman K.

Zudem seien Generalstreiks in Iranisch-Kurdistan nicht neu: „Die Kurden haben bereits bei mehreren Gelegenheiten ihre Einheit durch einen Generalstreik gezeigt, zum Beispiel 2010 nach der Hinrichtung von vier kurdischen Aktivisten oder nach dem Anschlag auf Politiker der DPK-I im Restaurant Mykonos in Berlin 1992.“

Der Aufstand ist die Frucht jahrelanger Arbeit

Besonders die Unterdrückung der Redefreiheit stellt für die Bevölkerung ein großes Problem dar. „Jede auch nur annähernd halbwegs politische und soziale Äußerung und Aktivität, selbst auf lokaler Ebene, wird vom Regime mit den kurdischen Oppositionsparteien in Verbindung gebracht, was im Iran ein schweres Verbrechen darstellt und sogar zur Hinrichtung führen kann“, sagt Saman K., dessen Eltern selbst Peschmerga waren.

Da alle kurdischen Parteien als Separatisten angesehen und von der Islamischen Republik verfolgt werden, setzen Aktivistinnen und Aktivisten bewusst ihr Leben aufs Spiel. „Ironischerweise“, sagt Saman K., „tun das viele, um Verbesserungen in der Gesellschaft zu erreichen, wie in Bereichen der Frauenrechte und Umweltaktivitäten“.

Darunter fallen auch Aktivitäten in Bezug auf die kurdische Kultur und die kurdische Sprache, aber auch von der lokalen Bevölkerung unterstützte und finanzierte Hilfen für Familien, Seniorenheime, Zentren für körperlich eingeschränkte Menschen und Waisenhäuser. „Weil das Regime entweder nicht in der Lage oder nicht willens ist, solche Dienste anzubieten“, so Saman K.

Der Startschuss fiel während der Beerdigung von Jina Mahsa Amini

Als die Frauen von Saqqez während der Beerdigungszeremonie ihre Kopftücher ablegten und gegen den Hijab-Zwang protestierten, riefen die Bewohner der Stadt gemeinsam ‚Jin, Jiyan, Azadî’, dadurch wurde der Ausruf zum Motor der Revolution. Die Menschen in seiner Stadt seien sehr glücklich darüber, dass sie der Ausgangspunkt für diese breite Revolution seien, sagt Saman K.

„Sie glauben, dass sich die jahrelangen kommunalen Aktivitäten auszahlen und zeigen, wie vereint die Menschen in Saqqez und anderen Städten des iranischen Kurdistans sind.“ Sie würden sich sehr über die Unterstützung aus anderen Teilen des Irans freuen, was ihnen nun das Gefühl gebe, dass sie die jahrelange Propaganda der Islamischen Republik gegen die Kurdinnen und Kurden im Iran zunichte gemacht haben.

„Meine Großmutter sagte mir“, so Saman K., „egal, was passiert, wir Kurden haben es geschafft, die Propaganda der Islamischen Republik gegen uns zu zerstören, und jetzt sehen uns die anderen Iraner so, wie wir wirklich sind“.

Wofür kämpfen die Kurden?

Ziel der Kurden ist es, das Irans Regime zu stürzen. Das sei der Schlüsselfaktor, antwortet Saman K. ohne langes Zögern, der Regimewechsel. „Für die Kurden ist es unmöglich, Demokratie und Freiheit zu erreichen, wenn die Islamische Republik nicht gestürzt wird.“

Außerdem sei das Ende der systematischen ethnischen Unterdrückung und die Anerkennung grundlegender ethnischer Rechte wie Unterricht in kurdischer Sprache in der Schule und gleiche Arbeits- und Karrierechancen wie Iraner essentieller Teil der Bestrebungen.

Doch die meisten der Ziele seien ähnlich wie die der anderen Iraner auch: „Veränderung der wirtschaftlichen Situation, die Verteilung des Reichtums und Menschenrechte, wie das Recht der Frauen in großem Umfang und die Wahrung individueller Rechte wie das Ende des Hijab-Zwanges.“

Ziel der Proteste in Kurdistan, so Saman K. weiter, sei das Ende der systematischen Ungerechtigkeit, die durch eine Demokratie ersetzt werden solle, in der alle Menschen unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Sprache, Religion und politischen Überzeugung vor dem Gesetz gleichgestellt sind und gleich behandelt werden.

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