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Dichter Verkehr schiebt sich im Berufsverkehr am Morgen in den Tunnel Heckenstallerstraße auf dem Mittleren Ring B2R.

© dpa / Matthias Balk/dpa

Update

Begrenzung von Schadstoffen im Verkehr: EU-Parlament stimmt für Verbrenner-Aus

Ab 2035 sollen keine neuen Pkw mit Verbrenner-Motoren mehr zugelassen werden dürfen. Derweil läuft die Autoindustrie gegen die Euro-7-Abgasnorm Sturm.

| Update:

Das EU-Parlament hat seine endgültige Zustimmung für das Aus des Verbrennungsmotors für Neuwagen im Jahr 2035 gegeben. Am Dienstag stimmte in Straßburg eine Mehrheit der Abgeordneten dafür, dass ab 2035 keine Autos mit Diesel- und Benzinmotor mehr neu zugelassen werden dürfen.

Bei dem Votum ging es um die formelle Zustimmung über eine Einigung zwischen Parlament und Mitgliedstaaten vom Oktober. Nach der Einigung fehlte noch die finale Zustimmung zum Verhandlungsergebnis. Die Mitgliedstaaten hatten bereits im November grünes Licht gegeben, nun folgte das Parlament. 

Die Einigung sieht vor, dass nur noch emissionsfreie Autos und Vans neu zugelassen werden. Ein Streitpunkt in den Verhandlungen war, ob es eine Ausnahme für mit synthetischen Kraftstoffen betriebene Autos geben soll. Diese sogenannten E-Fuels werden unter Einsatz von Strom meist aus Wasser und CO2 hergestellt.

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Laut der Einigung vom Oktober soll die EU-Kommission prüfen, ob Fahrzeuge mit einem solchen Verbrennungsmotor zukünftig doch noch zugelassen werden könnten. Auf Betreiben der FDP hatte die Bundesregierung sich auf EU-Ebene dafür eingesetzt, dass E-Fuels nicht von vornherein ausgeschlossen werden. 

Massiver Ausbau der E-Ladeinfrastruktur notwendig

Weil durch den Beschluss neue Pkw 2035 überwiegend rein batterieelektrisch sein werden – ergänzt durch einige Fahrzeuge mit Wasserstoffbrennstoffzelle –, müssen die Ladeinfrastruktur und die Ausstattung mit Wasserstofftankstellen massiv ausgebaut werden. So kritisierte Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie: „Der EU-Beschluss ignoriert den immer noch mehr als mangelhaften Auf- und Ausbau der europäischen Ladeinfrastruktur.“

Selbst in Ländern wie Deutschland legt die Zahl der Ladesäulen langsamer zu als geplant. Und in ganz Europa sind die Ladepunkte extrem ungleich verteilt: Der Großteil konzentriert sich auf die Niederlande, Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Norwegen. In Süd- und Osteuropa sieht es bisher ganz schlecht aus.

Bei Lkw und Busse fällt die Regulierung durch Brüssel etwas weniger streng aus als bei Pkw. So verlangt die EU-Kommission hier eine Senkung der  CO₂-Emissionen um 90 Prozent bis 2040. Die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Dänemark sowie Umweltverbände hatten auch hier 100 Prozent verlangt. Andere EU-Staaten waren der Meinung, dieses Ziel sei für die Lkw-Hersteller nicht zu erreichen.

Der Ärger um die Euro-7-Abgasnorm

Die Autoindustrie kämpft jedoch noch gegen die neue Euro-7-Norm, die ab 2025 den Schadstoffausstoß der Fahrzeuge noch einmal reduzieren soll. Die Hersteller warnen, dass einige Kleinwagen-Typen vom Markt verschwinden könnten, sollte Euro-7 tatsächlich umgesetzt werden. Der Grund: Deren Produktion lohne sich schlicht nicht mehr, heißt es vom Verband deutscher Automobilhersteller.

Die EU-Kommission hält solche Aussagen für Panikmache. Die Fahrzeuge würden durch die neue Abgastechnik nur unwesentlich teurer, so der Konter aus Brüssel. Geschätzt werden die Mehrkosten auf knapp über 100 Euro.

Der Widerstand der Autobauer formiert sich immer deutlicher, denn sie stehen unter Zeitdruck. Im Europaparlament stand am Dienstag eben jene Reduzierung von Schadstoffen im Straßenverkehr auf der Tagesordnung. Im Sommer soll dann nach dem sogenannten Trilog – den Beratungen zwischen Kommission, Parlament und den Mitgliedstaaten – eine endgültige Entscheidung über Euro-7 fallen.

Doch auch unter den EU-Abgeordneten ist das Thema umstritten. Auf der einen Seite steht etwa der Grünen-Politiker Michael Bloss, dem die vorgelegten Vorschläge nicht weit genug gehen. „Die EU-Kommission knickt vor der Lobby ein“, sagt der Sprecher für Luftreinhaltung im Europäischen Parlament. „Das ist kein Vorschlag, sondern ein Armutszeugnis, denn es schreibt für Pkw keine neuen Standards vor.“

Aufwand und Ertrag steht in keinem Verhältnis.

Jens Gieseke, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament

Auf völliges Unverständnis stößt die Euro-7-Norm bei Jens Gieseke, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament. Er versteht nicht, dass eine auslaufende Technologie wie die Verbrennermotoren kurz vor ihrem Ende noch einmal mit neuen Vorschriften belegt wird.

„Aufwand und Ertrag steht in keinem Verhältnis“, lautet sein Fazit. Und Gieseke befürchtet, dass die Autobauer deswegen noch schneller aus dem Verbrenner aussteigen könnten, was womöglich zu einem radikalen Abbau von Arbeitsplätzen im gesamten Bereich der Fahrzeugherstellung führen würde.

Die EU-Kommission hatte ihre Vorschläge zur Ausgestaltung von Euro 7 bereits im vergangenen November vorgestellt. Ziel von Euro 7 ist es, den Ausstoß von Stickoxiden (NOx) durch Autos bis 2035 um 35 Prozent zu drücken, bei Bussen und Lkw um über 50 Prozent.

Allerdings sollen die Grenzwerte für Autos nur teilweise niedriger ausfallen als nach der seit 2015 maßgeblichen Abgasnorm Euro 6. Das wurde auch von der Autoindustrie mit Wohlwollen registriert.

Europaflaggen wehen vor dem Sitz der EU-Kommission (Symbolfoto).

© dpa / dpa/XinHua/Zhang Cheng

Kopfzerbrechen bereitet den Unternehmen eine andere Sache. Die Tests sollen in Zukunft nicht mehr unter Laborbedingungen stattfinden, der Ausstoß von Schadstoffen soll im realen Einsatz gemessen werden. Dabei werden zum Beispiel äußere Umstände wie große Kälte, kurze Fahrtstrecken oder auch die Nutzung von vollbeladenen Anhängern berücksichtigt werden.

„Der Luftqualität ist nicht geholfen, wenn wir die Abgasemissionen eines neuen Verbrenners mit Vollgas und Pferdeanhänger im ersten Gang auf einem Bergpass in den Alpen zum Maß der Dinge machen“, erklärt ein Sprecher des VW-Konzerns.

Die EU-Kommission habe aber nicht nur hinsichtlich der Testbedingungen das „Augenmaß“ verloren, kritisiert Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie. Sie kritisiert die „unrealistischen Zeithorizonte“. „Bis zum geplanten Einsatzdatum im Juli 2025 haben die Hersteller nicht ausreichend Zeit für die Neuentwicklung der Motor- und Abgassysteme bis zum Start der Typengenehmigung für alle Fahrzeuge.“

In dasselbe Horn stieß am Montag auch Mercedes-Betriebsratschef Ergun Lümali. „Der Einführungstermin ist unrealistisch und passt nicht zur Transformation der Werke“, erklärte er. Laut Lümali seien die Techniker und Entwickler bei Mercedes in der Lage, Lösungen zu finden, aber nicht in diesem Zeitrahmen. (mit AFP)

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