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 Blick auf einen beschädigten Hafen in Gaza-Stadt.

© dpa/Mohammed Ali

Biden-Plan für Bau eines Hafens in Gaza: Hilfsorganisationen sehen Probleme bei Verteilung humanitärer Güter

Helfer kritisieren Israels bisherige Behinderung der Hilfslieferungen und fordern Sicherheitsgarantien für die Verteilung. Die Armee räumt ein, auf Hilfesuchende geschossen zu haben.

Die Ankündigung von US-Präsident Joe Biden, in Gaza einen provisorischen Hafen zu bauen, über den Hilfslieferungen in das abgeriegelte Kriegsgebiet kommen können, hat verhaltene Reaktionen ausgelöst. Hilfsorganisationen weisen vor allem darauf hin, dass bis zur Ankunft von Gütern viel Zeit vergehen könnte und ungeklärt ist, wer die Güter verteilen soll.

„Es wird Wochen dauern, Hilfe über den Seeweg nach Gaza zu liefern“, sagt Ziad Issa, Leiter der humanitären Hilfe der Organisation ActionAid. „Die Bevölkerung in Gaza verhungert aber jetzt“, sagte er der britischen Tageszeitung „The Guardian“. Kinder würden bereits an Hunger sterben.

Unterdessen hat die israelische Armee am Freitag eingeräumt, bei dem Sturm auf einen Hilfskonvoi im nördlichen Gaza vor einer Woche auf die Hilfesuchenden geschossen zu haben. Zunächst hatte Israel lediglich erklärt, Soldaten hätten Warnschüsse abgegeben. In Gedränge um eine der wenigen Hilfslieferungen in das von der israelischen Armee total abgeriegelte Nordgaza und waren mehr als 100 Palästinenser getötet worden.

Israel verweigert Sicherheitsabsprachen

Vor diesem Hintergrund fragen sich Hilfsorganisationen, wie die Hilfe über die Seebrücke verteilt werden soll. Kürzlich hatte der Leiter der Organisation Refugee International, Jeremy Koyndyk, in einer Pressekonferenz von Hilfsorganisationen bereits gesagt, es sei wegen der fehlenden Sicherheit „fast unmöglich“, derzeit in Gaza zu arbeiten.

Israel weigere sich, in Gaza mit den Hilfsorganisationen zu kooperieren, um Helfer und Hilfsbedürftige bei der Verteilung von Gütern durch Sicherheitsabsprachen zu schützen, sagte Koyndyk, der früher für die Biden-Regierung im Bereich internationale Hilfe gearbeitet hat. Im Libanonkrieg habe Israel eine solches „Deconflicting-System“ zugelassen, wie es in den meisten Kriegen üblich ist.

Nach der Ankündigung Bidens sagte Koyndyk dem „Guardian“ am Donnerstag, ein maritimer Korridor „löst nicht das Problem der Behinderung durch Israel“. Im Norden des Gazastreifens seien die Hilfsorganisationen praktisch nicht mehr präsent, „weil Israel alle Bewohner zum Verlassen aufgefordert hatte und seither den Zugang beschränkt“, sagte Koyndyk. Zudem gebe es weder Lastwagen noch Fahrer noch ein funktionierendes System für eine geordnete Verteilung der Güter.

Auch sei ein solcher maritimer Zugang nur nötig, „weil die israelische Armee seit fünf Monaten den Zugang zum Norden des Gazastreifens blockiert“., sagte Koyndyk. Israel erklärt immer wieder, es würden ausreichend Hilfe in den Gazastreifen gelangen.

Der Landweg bleibt die optimale Lösung.

Sigrid Kaag, UN-Beauftragte für humanitäre Hilfe

Nach Ansicht der UN können Lieferungen von Hilfsgütern aus der Luft und vom Meer aus nicht die Lieferungen über den Landweg ersetzen. Diese seien nach wie vor „die optimale Lösung: einfacher, schneller und billiger“, sagte die UN-Beauftragte für humanitäre Hilfe im Gazastreifen, Sigrid Kaag, am Donnerstag (Ortszeit) nach einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats.

Mit Blick auf die von den USA und anderen Ländern abgeworfenen Hilfslieferungen aus der Luft sagte Kaag, dies sei zwar ein „Symbol der Unterstützung“ für die Zivilisten in dem Palästinensergebiet, jedoch nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein“. Andere humanitäre Organisationen hatten das Abwerfen von Hilfe aus der Luft kritisiert, weil es dabei am Boden zu Chaos kommt und nur die Stärkeren zum Zuge kämen.

Schwimmender Pier für Schiffe aus Zypern

Nach Angaben von US-Regierungsvertretern soll ein schwimmender Pier vor der Küste Gazas geschaffen werden, an dem größere Schiffe ausladen können. Anschließend sollen die Güter über einen Steg an Land gebracht werden.

Von Zypern aus sollen so Nahrungsmittel, Wasser, Medikamente und Notunterkünfte in den fast vollständig abgeriegelten und weitläufig zerstörten Gazastreifen gebracht werden. Großbritannien hatte am Freitag mitgeteilt, dass es sich an der Seebrücke beteiligt. Nach Medienberichten wird sich auch die Bundesregierung beteiligen.

Joe Biden hatte das Projekt in seiner Rede zur Lage der Nation am Donnerstag angekündigt. Es sollen jedoch keine US-Soldaten an Land gehen. Laut Regierungsbeamten wollten die USA damit „Führungsstärke“ zeigen und nicht „auf die Israelis warten“. Präsident Biden hat bisher vergeblich versucht, den israelischen Premier Benjamin Netanjahu zur Zulassung von mehr humanitärer Hilfe und einer veränderten Kriegsführung zu bringen.

Allerdings wird Israel wohl wie an den Grenzübergängen an Land bei den Sicherheitskontrollen der Güter beteiligt sein. Einem israelischen Regierungsvertreter zufolge unterstützt Israel „voll und ganz“ die Errichtung eines provisorischen Docks. 

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