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Brasiliens neu gewählter Präsident Lula da Silva ernennt 37 Ministerinnen und Minister, die sein neues Kabinett bilden.

© AFP / afp/Sergio Lima

Brasiliens neue Regierung: Lulas neues Kabinett bleibt alten Mustern treu

Am Sonntag hat Lula da Silva sein Amt als neuer Präsident Brasiliens mit einem diversen Kabinett angetreten. Doch strategische Entscheidungen trifft weiterhin die alte Riege. Alles nur Symbolpolitik?

Ein Kommentar von Philipp Lichterbeck

Die Amtsübernahme des neuen brasilianischen Präsidenten Lula da Silva markierte einen Neubeginn, dessen waren sich die Planer der Zeremonie bewusst. Sie wollten Bilder für die Geschichtsbücher.

Wie Lula mit acht Repräsentanten der Zivilgesellschaft die Rampe zum Präsidentenpalast hinaufstieg und ihm anschließend eine Müllsammlerin die gelbgrüne Präsidentenschärpe umhängte, war von großer Symbolik.

Das Procedere hatte man sich notgedrungen ausgedacht, weil Lulas Vorgänger, der rechtsextreme Jair Bolsonaro, sich nach Florida abgesetzt hatte. Ihm droht in Brasilien Strafverfolgung.

37
Ministerinnen und Minister hat Lula ernannt – 14 mehr als Bolsonaro.

Umso heller wirkte die Zeremonie: Erstmals, so der Subtext, zieht das brasilianische Volk in seiner Vielfalt in die Hallen der Macht ein. Ähnliche Bilder produzierte die Ernennung der neuen Minister. Besonders bejubelt wurden die neue Umweltministerin Marina Silva sowie die Indigene Sonja Guajajara, die mit Kopfschmuck das neue Ministerium der Indigenen Völker übernahm.

Es fühlte sich an, als ob Brasilien wieder zu sich fände, als ob ein Alptraum nach vier Jahren vorbei wäre. Man hatte den Eindruck, dass Gerechtigkeit wiederhergestellt und Kompetenz und Empathie über die Inkompetenz und den Zerstörungswillen der bolsonaristischen Regierung siegten, deren Gesellschaftsideal dem Wladimir Putins glich.

Ebenso signifikant waren vor diesem Hintergrund die Ernennungen des schwarzen Anwalts Silvio Almeida zum Minister für Menschenrechte und der schwarzen Aktivistin Anielle Franco zur Ministerin für ethnische Gleichstellung. Sie ist die Schwester der ermordeten Politikerin Marielle Franco.

Lula da Silva ernennt Anielle Franco zur Ministerin für Gleichstellung ethnischer Gruppen.

© dpa/Marcelo Camargo

Und dennoch muss man bei kritischer Betrachtung sagen: Lula hat zwar ein bunteres Kabinett zusammengestellt, aber die wichtigen Posten – dort, wo die Budgets groß sind und strategische Entscheidungen getroffen werden – sind auch bei ihm in den Händen der alten männlichen und weißen Politikerkaste.

Lula hat 37 Minister ernannt, 14 mehr als Bolsonaro und damit eindeutig zu viel. Nur elf davon sind Frauen, auch wenn sie die Bilder beherrschten. Lula musste alle Interessengruppen seiner Koalition von links bis ins Zentrum zufriedenstellen.

Das geht in Brasilien traditionell über Posten und öffnet der Korruption die Tür. Noch wichtiger aber ist, dass Lula für seinen Neuaufbruch hin zu einer Gesellschaft, die sozial, ethnisch und geschlechtlich gerechter sein soll, kaum Geld hat.

Die Bolsonaro-Regierung hat ein immenses Haushaltsloch hinterlassen. Ob der Wandel, den die Amtseinführung Lulas symbolisch versprach, sich wirklich in Substanz übersetzt, bleibt daher zu beobachten.

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