zum Hauptinhalt
US-Präsident Joe Biden (rechts) und der Republikaner Kevin McCarthy bei einem Treffen im Oval Office am 9. Mai 2023.

© AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Countdown im US-Schuldenstreit: Telefonate, Treffen – aber immer noch kein Durchbruch

US-Präsident Biden empfängt den Republikaner McCarthy zum Krisentreffen im Weißen Haus. Den beiden bleiben zehn Tage, um eine Zahlungsunfähigkeit der USA abzuwenden.

Noch steigt kein weißer Rauch über dem Oval Office auf. Aber die letzten Signale zwischen den Lagern klingen zumindest so, als ob eine Einigung im nervenaufreibenden Schuldenstreit in greifbarer Nähe sein könnte.

US-Präsident Joe Biden hatte den republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, für Montagnachmittag (Ortszeit) zu einem weiteren Gespräch ins Weiße Haus geladen. Am Vortag hatten die beiden während Bidens Rückflug vom G7-Gipfel in Japan telefoniert und sich anschließend etwas optimistischer gezeigt. Der Präsident hat seine Asienreise wegen der Verhandlungen verkürzt.

Das Telefonat sei „produktiv“ gewesen, erklärte McCarthy. Biden sagte nach seiner Rückkehr in der Nacht zu Montag, das Gespräch in der Air Force One sei „gut gelaufen“. Nach dem Telefonat trafen sich am Sonntagabend Verhandlungsführer beider Seiten zu einer zweieinhalbstündigen Arbeitssitzung. Ergebnisse gab es zunächst keine.

Viel Zeit für eine Lösung des Streits bleibt nicht: Am 1. Juni läuft die Frist für den Kongress ab, dem Staat eine weitere Aufnahme von Schulden zu erlauben. Finanzministerin Janet Yellen hat bereits mehrfach gewarnt, ohne eine Einigung könne die US-Regierung bald ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Das hätte potenziell verheerende wirtschaftliche und finanziellen Folgen weit über die USA hinaus.

Die Republikaner wollen milliardenschwere Kürzungen

Die Biden-Regierung und die Republikaner im Kongress streiten schon seit Monaten über eine Anhebung der Schuldengrenze. Die Republikaner wollen einer Anhebung der Schuldenobergrenze nur zustimmen, wenn im Gegenzug milliardenschwere Haushaltskürzungen vereinbart werden. Biden besteht darauf, dass es keine drastischen Kürzungen im Sozialbereich und der Gesundheitsversorgung geben dürfe.

In den vergangenen Tagen hatten beide Seiten öffentlich mehr darüber gesprochen, was die andere Seite falsch mache, als auf mögliche Kompromissmöglichkeiten einzugehen. Biden hatte von „inakzeptablen“ und „extremen“ Forderungen gesprochen.

McCarthy hatte erklärt, Washington könne „nicht weiter zulasten unserer Kinder und Enkel Geld ausgeben, das wir nicht haben“. Der Republikaner steht innerparteilich unter großem Druck.

Ein harter Kern der republikanischen Abgeordneten ist entschlossen, die Reformagenda der Biden-Regierung zu blockieren beziehungsweise rückgängig zu machen. Da die Mehrheitsverhältnisse im Repräsentantenhaus äußerst knapp sind, verfügen sie über viel Erpressungspotenzial. McCarthy muss diesem harten Kern seiner Fraktion etwas anbieten, um einen Aufstand und womöglich seine eigene Entmachtung zu verhindern.

Gleichzeitig scheint er die übergroße mediale Aufmerksamkeit zu genießen: Nach dem ersten Treffen im Oval Office, an dem auch die anderen drei Spitzen des US-Kongresses teilnahmen, sprach er länger als alle anderen zu den wartenden Journalisten.

Biden präsentiert sich gerne als „dealmaker“

Auf der anderen Seite präsentiert sich US-Präsident Biden gerne als „dealmaker“, der aus seiner jahrzehntelangen Erfahrung im US-Senat schöpfen könne. Immer wieder betont er, am besten in der Lage zu sein, über Parteigrenzen hinweg Kompromisse zu finden. Dass der Präsident zu sehr nachgeben könnte, sorgt daher den linken Flügel der Demokratischen Partei.

Hier wird darauf gedrängt, dass Biden den 14. Zusatzartikel der US-Verfassung anwenden und damit am Kongress vorbei die Schuldenobergrenze selbst anheben solle. Ob das rechtlich überhaupt möglich ist, ist allerdings umstritten.

In Abschnitt 4 des Zusatzes heißt es, dass die Schulden der Vereinigten Staaten nicht infrage gestellt werden dürfen. Demnach, so wird argumentiert, hätte Biden die Pflicht zu handeln – und die vom Kongress selbst eingeführte Schuldenobergrenze müsse nachrangig behandelt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false