zum Hauptinhalt
Ursula von der Leyen will von China etwas abrücken.

© AFP/KENZO TRIBOUILLARD

Neue Strategie der EU-Kommission : So will Europa weniger abhängig von China werden

Ein Großteil der Rohstofflieferungen an die EU stammt aus China. Das soll sich ändern - gestaltet sich aber kompliziert.

Europa will sich auf zukünftige Krisen besser vorbereiten. Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie und des Überfalls Russlands auf die Ukraine hat die EU-Kommission am Dienstag ein Papier vorgelegt, in dem eine neue Strategie skizziert wird, wie die wirtschaftliche Sicherheit des Kontinentes in Krisenzeiten gesichert werden kann. Auch wenn die Corona-Pandemie und der Überfall Russlands auf die Ukraine an erster Stelle für die Neuausrichtung genannt werden, zielen die meisten der geplanten Maßnahmen auf China.

Die seit Jahren wachsende wirtschaftliche Abhängigkeit von Peking bereitet der Europäische Union immer größere Sorgen. Der Zusammenbruch mancher Lieferketten während der Corona-Pandemie hat deutlich vor Augen geführt, wie zerbrechlich diese engen Verflechtungen sind. „Wirtschaftliche Sicherheit ist für uns zu einer Priorität geworden“, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei der Präsentation.

Nun soll ein Prozess eingeleitet werden, der mit dem etwas sperrigen Begriff „De-risking“ umschrieben wird. Vor allem im Bereich der Rohstofflieferungen soll Europa unabhängiger von der Volksrepublik werden. Betont wird, dass eine vollständige Abkopplung von Peking nicht vorgesehen und auch nicht machbar sei. China ist der wichtigste Handelspartner der EU.

„Weniger mit China zu handeln, ist vor allem bei wirklich kritischen Abhängigkeiten nötig“

Jürgen Matthes, Leiter des Bereiches globale und regionale Märkte beim Institut der Deutschen Wirtschaft

Zwar fordert die EU-Kommission den verstärkten Abbau von Rohstoffen in Europa, erkennt jedoch, dass die Unternehmen auch weiterhin auf Importe angewiesen sein werden. Aus diesem Grund soll die Beschaffung auf eine solidere Basis gestellt werden und „mit einem möglichst breiten Spektrum von Partnern zusammengearbeitet werden“, heißt es in dem Papier. Dazu sollen auch neue Freihandelsabkommen abgeschlossen werden.

Vor allem der Produktionsstandort Deutschland tut sich schwer

Die Kommission hat im Bereich der Rohstoffe bereits sehr konkrete Vorgaben gemacht. Die EU soll 10 Prozent des jährlichen Bedarfs an Rohstoffen in den Mitgliedsstaaten abbauen, 40 Prozent innerhalb des Binnenmarkts verarbeiten und 15 Prozent recyceln. Höchstens 65 Prozent sollen aus einem einzigen Drittstaat importiert werden.

Vor allem der Produktionsstandort Deutschland tut sich mit solchen Vorgaben und dem geforderten „De-risking“ schwer. Nach einer am Dienstag veröffentlichten Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat die Abhängigkeit Deutschlands von Importen aus China in manchen Bereichen zuletzt sogar zugenommen. Beim Rohstoff Magnesium, das etwa in der Robotik und beim 3D-Druck verwendet wird, stieg Chinas Anteil an den gesamten Importen im vergangenen Jahr von 59 Prozent auf 81 Prozent. „Insgesamt lässt sich ein wachsender chinesischer Einfluss vor allem bei einigen Rohstoffen, chemischen Grundstoffen und elektronischen Bauteilen beobachten. Hier ist von Diversifizierung nichts zu sehen, im Gegenteil“, heißt es in der Studie.

Gefährlich werde diese Entwicklung, wenn die Produkte unverzichtbar seien und wenn sie sich zugleich in absehbarer Zeit kaum durch Produkte anderer Lieferanten ersetzen lassen. Jürgen Matthes, Leiter des IW-Bereiches globale und regionale Märkte, sieht hier die Politik in der Pflicht.

„Weniger mit China zu handeln, ist vor allem bei wirklich kritischen Abhängigkeiten nötig“, sagt er. „Welche das sind, gilt es nun mit Unterstützung der Politik herauszufinden.“ Im Bereich der kritischen Rohstoffe arbeitet die EU-Kommission bereits an solch einer Liste. Doch schon jetzt ist die Forderung aus der Wirtschaft zu vernehmen, dass sie nicht zu umfangreich werden dürfe.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false