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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, und Bundeskanzler Olaf Scholz (r, SPD) äußern sich bei einer Pressekonferenz nach ihrem Gespräch im Bundeskanzleramt.

© dpa/Kay Nietfeld

Geleakte Dokumente: Wollte Selenskyj Angriffe auf russisches Gebiet durchführen?

Die „Washington Post“ berichtet über weitere geleakte Geheimpapiere. Darin heißt es, dass der ukrainische Präsident russische Gebiete angreifen wollte. Dieser widerspricht auf Nachfrage.

Geleakte Dokumente der US-Geheimdienste zeigen offenbar, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hinter verschlossenen Türen mit Angriffen auf russisches Gebiet liebäugelte. Das geht aus geheimen US-Geheimdienstdokumenten hervor, in denen seine interne Kommunikation mit hochrangigen Mitarbeitern und militärischen Führern beschrieben wird und aus denen die „Washington Post“ zitiert.

Die Dokumente sind Teil eines größeren Lecks von US-Geheimnissen, die auf der Nachrichtenplattform Discord kursierten. Medien berichten seitdem über sensibles Material, ohne die Dokumente selbst zu veröffentlichen.

Das Pentagon hat die Echtheit des Materials weder bestätigt noch bestritten.

Die Leaks offenbaren, wie Selenskyj in mehreren Fällen offenbar die übereifrigen Ambitionen seiner Mitarbeiter:innen bremste. Bei einem Treffen Ende Januar sei es jedoch Selenskyj selbst gewesen, der vorschlug, „Angriffe in Russland durchzuführen“ und ukrainische Bodentruppen in russisches Gebiet zu verlegen, um „nicht näher bezeichnete russische Grenzstädte zu besetzen“ und die ukrainische Verhandlungsposition zu stärken, wie es in einem als „streng geheim“ gekennzeichneten Dokument heißt, aus dem die „Washington Post“ zitiert

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, und Bundeskanzler Olaf Scholz äußern sich bei einer Pressekonferenz nach ihrem Gespräch im Bundeskanzleramt.

© dpa/Kay Nietfeld

Bei einem andern Treffen Ende Februar mit dem obersten Militärkommandanten der Ukraine, General Valery Zaluzhny, soll Selenskyj seine „Besorgnis“ darüber geäußert haben, dass „die Ukraine über keine Langstreckenraketen oder andere Mittel verfügt, die russische Stellungen in Russland erreichen können“.

Selenskyj soll daraufhin vorgeschlagen haben, stattdessen nicht näher benannte Aufmarschorte in Rostow, einer Region im Westen Russlands, mit Drohnen anzugreifen, heißt es in einem anderen Geheimdokument.

„Wir haben dafür keine Zeit, Kraft und Waffen übrig“

Bezugnehmend auf die Berichte der „Washington Post“ antwortete Selenskyjs während seines Besuchs in Berlin sehr ausweichend. Auf die Frage, ob er es erwäge, russisches Territorium anzugreifen, um sich in eine bessere Verhandlungsposition zu bringen, meinte er: „Überall wo ich hingehe, bin ich eingeladen, ich dringe nirgendwo ein“.

Auf Nachfrage einer Journalistin, ob dies Angriffe auf die Krim inkludiere, sagte er auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): „Wir greifen kein russisches Gebiet an, wir befreien unsere Gebiete, die uns gemäß unserer Verfassung zustehen, im Rahmen unserer legitimen Grenzen. Wir haben keine Zeit und Kraft und ohnehin auch keine Waffen übrig, um russisches Gebiet anzugreifen.“

Bei einem Treffen Mitte Februar mit der stellvertretenden Ministerpräsidentin Yuliya Svrydenko soll Selenskyj wiederum vorgeschlagen haben, die noch zu Zeiten der Sowjetunion gebaute „Druschba-Pipeline“ zu sprengen. Mit der Pipeline liefert Russland Öl in das EU- und Nato-Mitgliedsland Ungarn. „Selenskyj betonte, dass die Ukraine die Pipeline einfach in die Luft jagen und damit die Industrie des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán zerstören sollte, die stark auf russisches Öl angewiesen ist“, heißt es in dem Dokument.

Die Aussagen bezüglich Ungarn und der Pipeline werden in den Papieren von Geheimdienstmitarbeiter:innen als übertriebene und nicht ernstzunehmende Aussagen eingestuft, die aus dem Affekt und aus Ärger über das teils kremlfreundliche Verhalten Orbáns zurückzuführen seien. Eine solche Einordnung fehlt bei anderen Äußerungen, berichtet die „Washington Post“.

Obwohl Washington Selenskyj Waffen im Wert von Milliarden von Dollar zur Verfügung gestellt hat, hat US-Präsident Biden die Forderung des ukrainischen Präsidenten nach ATACMS-Langstreckenraketen, die Ziele in einer Entfernung von bis zu 300 Kilometer treffen können, immer wieder zurückgewiesen. Seit Beginn des Krieges hat Biden erklärt, dass die Vereinigten Staaten „die Ukraine nicht ermutigen oder befähigen, jenseits ihrer Grenzen zuzuschlagen“.

Seit letztem Jahr hat Selenskyj mehrfach versprochen, dass die Ukraine niemals US-Waffen einsetzen würde, um Russland anzugreifen - ein Versprechen, das er laut Weißem Haus gehalten hat.

Olaf Scholz sagte angesprochen auf die Berichte knapp: „Wir liefern Waffen, die für den Zweck der Verteidigung der Ukraine eingesetzt werden“.

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