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Nach seiner Wiederwahl 2022 muss Macron beweisen, dass er weiterhin in der Lage ist, das Land zu führen

© Reuters/Ludovic Marin

Heißer Januar in Frankreich: Macron will das Rentenalter anheben

Emmanuel Macron will seit Jahren eine Rentenreform durchsetzen. Das könnte für soziale Konflikte in Frankreich sorgen. Für den Präsidenten ist die Reform sein Prestigeprojekt. 

Das „Jahr der Rentenreform“ – so stimmte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in seiner Silvesteransprache seine Landsleute auf 2023 ein. Am morgigen Dienstag will Premierministerin Elisabeth Borne die geplante Neuordnung der Renten in Frankreich nun vorstellen. Im Frühjahr soll die Reform im Parlament debattiert und bis Sommer umgesetzt werden.

Das Vorhaben wird in Frankreich äußerst kontrovers diskutiert. Die Regierung verhandelt gegenwärtig mit den Gewerkschaften – ohne Aussicht auf Einigung. Für Macron steht viel auf dem Spiel. Nach seiner Wiederwahl 2022 muss er nun beweisen, dass er weiterhin in der Lage ist, das Land zu führen und seine Agenda durchzusetzen.

Geplant ist, das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 oder 65 Jahre zu erhöhen. Die Reform soll ab dem zweiten Halbjahr des Geburtsjahrgangs 1961 gelten. Pro Jahrgang soll das Rentenalter um vier Monate steigen. Damit könnte sie sogar Franzosen treffen, die gerade in Rente gehen wollen.

Die Menschen in Frankreich müssen etwas mehr arbeiten.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron

„Die Menschen in Frankreich müssen etwas mehr arbeiten“, predigt Macron. Ansonsten ließen sich der Sozialstaat und die Rentenzahlungen nicht auf heutigem Niveau aufrechterhalten. Konkret stützt sich die Regierung auf Berechnungen, wonach die Rentenkasse Defizite anhäufen wird, wenn das Renteneintrittsalter nicht angehoben wird. Die Gewerkschaften zweifeln das Zahlenwerk an.

Dass es nötig ist, die Rentenausgaben im Griff zu behalten, begründet Macron zudem damit, dass Frankreich mit der Energiewende sowie mit Investitionen in Schulen und Gesundheitswesen vor Ausgaben stehe, die es sonst nicht schultern könne.

Fest steht, dass Macron die Gewerkschaften bereits geschlossen gegen sich hat, sie wollen gemeinsam streiken und demonstrieren. „Wir sind alle geeint, damit dieses Gesetz nicht durchkommt,“ betont Philippe Martinez, der Vorsitzende der linken Gewerkschaft CGT. Das sei bemerkenswert, ergänzt Martinez ironisch, denn seit zwölf Jahren hätten die Gewerkschaften nicht mehr vereint gegen eine Reform gekämpft.

Im Januar wird es heiß.

Jean-Luc Mélenchon, Chef der Linkspartei La France Insoumise

„Im Januar wird es heiß“, kündigte auch Jean-Luc Mélenchon, der Chef der Linkspartei La France Insoumise, an. Frédéric Dabi, Direktor des Meinungsforschungsinstitutes Ifop, sieht eine große Zustimmung für eine soziale Protestbewegung und warnte vor einer „intensiven Konfliktsituation im Land“, mit den zwei Themen Kaufkraft und Rentenreform. Umfragen ergaben, dass bis zu 75 Prozent der Franzosen die Reform ablehnen.

Es ist nicht auszuschließen, dass es wieder zu Unruhen wie 2018 kommt, als die sogenannten Gelbwesten-Proteste über Monate gegen Macrons Steuer-, Mindestlohn- und Rentenpolitik mobilisierten. Am Samstag riefen die „Gelbwesten“ über Facebook zu Protesten im ganzen Land auf. Knapp 5000 Menschen versammelten sich landesweit auf den Straßen, rund 2000 davon in Paris. Premierministerin Borne versucht unterdessen die Stimmung zu besänftigten. Sie betonte, dass eine Anhebung des Rentenalters auf 65 Jahre nicht in Stein gemeißelt sei.

Ob Macron seine Reform wird durchsetzen können, wird zwar vom Umfang der Proteste auf der Straße beeinflusst. Entscheidender dürfte aber der Rückhalt sein, den er im Parlament für das Vorhaben mobilisieren kann. Da er seit den Parlamentswahlen im Sommer keine eigene absolute Mehrheit mehr besitzt, setzt er auf Unterstützung anderer politischer Lager.

Davon halten einzig die konservativen Républicains eine Reform für sinnvoll. Deren frisch gekürter Parteichef Éric Ciotti steht nun vor der Entscheidung, ob die Républicains eher davon profitieren, wenn sie Macron stützen oder in die Opposition zu ihm gehen.

Was das Austarieren der Reform angeht, hat nun ein Pokern um das Renteneintrittsalter eingesetzt. Eine weitere Möglichkeit wäre noch der Rückgriff auf eine Sonderregel, mit der ein Vorhaben nach ergebnisloser Debatte auch ohne Parlamentsbeschluss als angenommen gelten kann. Ob Macron aber so weit gehen will, ist offen. (mit dpa)

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