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Grauer Rauch steigt über einem brennenden Öllager im Sewastopoler Stadtteil Kazachya Bukhta auf. 

© imago/ITAR-TASS/Stringer/Uncredited

40.000 Tonnen Treibstoff in Flammen: Ein chaotisches Wochenende offenbart Russlands mangelnde Einsatzbereitschaft

Ein Treibstofflager explodiert, ein Güterzug entgleist – sind das bereits die Vorboten der ukrainischen Gegenoffensive? Im Kreml steigt bereits die Nervosität.

Nach Darstellung des ukrainischen Militärs nimmt die Vorbereitung seiner erwarteten Frühjahrsoffensive gegen die russischen Angreifer zunehmend Gestalt an. Und auch die russische Seite scheint eine baldige Angriffswelle zu fürchten, berichtet der US-Sender CNN.

Bereits vor etwa zwei Wochen hatte die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hanna Maliar im Fernsehen von „komplexen Maßnahmen“ im Osten der Ukraine gesprochen, berichtete das Onlinemedium „Kyiv Independent“. Die Vorbereitungen für die Gegenoffensive seien demnach kurz vor dem Abschluss gewesen.

Die Unterwanderung der russischen Logistik sei eines „der Elemente“ bei den Vorbereitungen auf die Offensive, sagte eine Sprecherin des südlichen Militärkommandos am Sonntag. Sie bezog sich auf den Ausbruch eines Feuers, bei dem auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim am Samstag ein großes Treibstofflager zerstört worden sein soll.

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Der Brand habe beim russischen Militär große Besorgnis ausgelöst, zitierten ukrainische Medien Natalia Humenjuk. „Die Tatsache, dass die Logistik des Feindes unterwandert wird (…) diese Arbeit bereitet die breite, großangelegte Offensive vor, auf die alle warten.“ Der Feind merke, dass seine Ressourcen unterwandert würden. „Und er beginnt zu lavieren.“

Angeblich 40.000 Tonnen Treibstoff zerstört

Das ukrainische Militär hat sich nicht direkt dazu bekannt, für das Feuer in der Krim-Hafenstadt Sewastopol verantwortlich zu sein. Es hat aber erklärt, dass dabei zehn Öltanks mit einer Kapazität von ungefähr 40.000 Tonnen Treibstoff für Russlands Schwarzmeerflotte zerstört worden seien.

Der Brand soll durch einen Drohnenangriff ausgelöst worden sein. Der von Russland eingesetzte Gouverneur von Sewastopol hat der Ukraine die Schuld dafür gegeben.

Am Montag entgleiste im westrussischen Gebiet Brjansk nahe der Grenze zur Ukraine nach Behördenangaben ein Güterzug – beladen mit Öl- und Holzprodukten. Grund sei eine Schienensprengung. Etwa sechs Waggons sollen in einem Graben liegen. Die Strecke sei derzeit stillgelegt, schreibt der Gouverneur der Region, Alexander Bogomas, auf Telegram. „Es gibt keine Verletzten.“

Wer für die angebliche Sprengung zuständig ist, ist unklar. Auch Partisanen- und Sabotageaktivitäten gegen Russland nehmen derzeit wieder zu.

Ukrainische Einheiten nicht über Offensive informiert

Am Freitag hatte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow erklärt, die Vorbereitungen der Gegenoffensive gegen die russischen Angreifer stünden vor dem Abschluss. Die ukrainischen Streitkräfte seien „zu einem hohen Prozentsatz bereit“. In die Karten lassen sie sich dabei aber nicht schauen.

Nicht einmal die Truppen im Feld wüssten, wann die Offensive startet, berichtet die „New York Times“. „Niemand weiß, wo und wann die Gegenoffensive beginnen wird. Es könnte Wochen dauern (...) Oder sie hat bereits begonnen“, schreibt die Zeitung.

Einigkeit herrsche allerdings darüber, dass die Region Saporischschja – in der das gleichnamige Atomkraftwerk steht – eine wichtige Rolle in der Offensive einnehmen werde. Ukrainer und Russen konzentrieren Truppen und Ausrüstung in dem Gebiet, heißt es in dem Bericht.

Erst kürzlich hätte die ukrainische Armee eine Elite-Artillerieeinheit in die Region verlegt, schreibt die „Times“ weiter. Die Region Saporischschja bildet das Herzstück der Landbrücke zwischen der annektierten Halbinsel Krim und besetzten Gebieten in Cherson und den russisch besetzten Gebieten im Donbass.

„Vielleicht steht es (die Stationierung in Saporischschja) im Zusammenhang mit unserer Offensive. Vielleicht ist es ein Ablenkungsmanöver“, zitiert die Zeitung einen Unteroffizier der Einheit. „Wir sehen nicht das ganze Bild.“

Chaotische Zustände in russischer Befehlskette

Unterdessen wird es in den russischen Reihen unruhiger. Der US-Sender CNN attestiert Moskau „mangelnde Einsatzbereitschaft“ einer ukrainischen Frühjahrsoffensive standzuhalten. Für „Verwirrung“ sorge etwa die Entlassung des russischen Vize-Verteidigungsministers Michail Misinzew am Sonntag. Misinzew war für die Logistik der russischen Armee zuständig.

Laut CNN gebe es genügend Gründe, um die Entlassung des Vize-Ministers zu rechtfertigen. Doch der Zeitpunkt sorge für Irritationen.

Auf der anderen Seite lassen Aussagen des Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin aufhorchen, der im Zwist mit der russischen Armeeführung steht. In einem Interview, das am Sonntag veröffentlicht wurde, kritisierte er erneut den Munitionsmangel seiner Kämpfer an der Front. Laut CNN habe er – auch erneut – mit dem Abzug der Wagner-Truppe aus Bachmut gedroht. Zudem befürchtet Prigoschin, die ukrainische Gegenoffensive „könnte zu einer Tragödie für unser Land werden“.

Auch wenn die Aussagen des Wagner-Chefs mit Vorsicht zu genießen sind, sieht CNN in den Aussagen Prigoschins den Versuch, die Schuld an einem möglichen Scheitern in Bachmut von sich zu weisen.

Der Krieg in der Ukraine tobt seit mehr als 14 Monaten. Der TV-Sender resümiert: „Das Ausmaß von Moskaus interner Unentschlossenheit, Rivalitäten und Uneinigkeit nimmt nur zu.“ (Mit Reuters)

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