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Auch die Ministerpräsidentin ist Römerin und daher in Latium wahlberechtigt. Giorgia Meloni gab schon am Sonntag ihre Stimme ab.

© ANSA via Zuma Press

Update

Melonis nächster Triumph: Italiens Rechtsbündnis entscheidet wichtige Regionalwahlen für sich

Nach den Parlamentswahlen gewinnt das Rechtsbündnis von Italiens Ministerpräsidentin auch die beiden wichtigsten Regionalwahlen. Doch in Rom könnten Scherereien drohen.

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Der nächste Triumph für Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, nicht einmal fünf Monate nach den Parlamentswahlen: Am Montag gingen auch die Regionalwahlen – vergleichbar Landtagswahlen in Deutschland – in den beiden wichtigsten Regionen des Landes an sie.

Ihr in Rom regierendes Rechtsbündnis, das zu beiden Wahlen erneut gemeinsam antrat, kann nun sowohl Latium rings um Rom wie auch die wirtschaftsstarke Lombardei regieren. Sie schaffte es mit 53,9 Prozent im zehn Jahre lang mitte-links-regierten Latium und hielt die Lombardei mit überdeutlichen 54,7 Prozent. In den beiden Regionen lebt mehr als ein Viertel der Bevölkerung Italiens.

Erneut hat Meloni ihre Koalitionspartner Berlusconi und Matteo Salvini mit deutlichem Abstand hinter sich gelassen, wie schon am 25. September. In Latium kamen ihre FdI auf 33,6 Prozent, die Lega und Forza Italia auf 8,5 und 8,4. In der Lombardei erreichten sie 25,2 gegen 16,5 der Lega und 7,2 von Forza Italia.

Als wahre Siegerin muss ohnehin die Partei des Wahlverzichts gelten. Trotz zweier Wahltage – am Sonntag bis 23, am Montag bis 15 Uhr – wurden noch einmal frühere Negativrekorde überboten, und zwar weit: Deutlich weniger als auch nur die Hälfte der Wahlberechtigten machten diesmal von ihrem Recht Gebrauch.

Die Wahlbeteiligung lag in der Lombardei bei 41,7 Prozent, in Latium betrug sie 37,2. In der Hauptstadt Rom ging lediglich ein Drittel der Bürger:innen wählen (33,11 Prozent). Den Tiefpunkt unter den Regionalwahlen hatte bisher die von 2010 markiert. Damals gingen in Latium aber noch gut 60 Prozent wählen.

Keine Briefwahl möglich

Italiens Wahlforschung registriert den Trend seit bereits fünfzig Jahren, er hat sich allerdings in den letzten fünfzehn Jahren beschleunigt. Seit den frühen 1970ern schrumpfte das tatsächlich wählende Wahlvolk um ein rundes Drittel. Wobei allerdings auch die fehlende Möglichkeit, per Brief zu wählen, das Ihre tut.

Nach einer Untersuchung noch unter der Regierung von Mario Draghi, gingen mehr als fünf Prozent der Wahlenthaltung bei den Wahlen von 2020 auf Wähler:innen zurück, die im Ausland leben und zum Wählen eigens nach Hause kommen müssten. In den Wählerlisten der Lombardei machten Landeskinder, die nicht in Italien leben, diesmal knapp sechs Prozent aus, in Latium sogar neun.

Die Reise auf sich zu nehmen, dafür fehlten am Wochenende womöglich überzeugende Gründe: Die Lombardei ist seit fast drei Jahrzehnten fest in der Hand von Mitte-Rechts, in jeweils wechselnden Parteistärken innerhalb des Lagers.

Neues Desaster für Mitte-Links

Aber auch der Wahlausgang in Latium war einigermaßen klar: Die bisher regierende Koalition, deren größte Parteien der sozialdemokratische Partito democratico (PD) und die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) war, trat diesmal getrennt an und besiegelte damit schon vor dem Wochenende den Triumph des geeinten Rechtsbündnisses. Am Montag erwies sich die Niederlage aber als regelrecht verheerend: Selbst vereint hätten sie nicht weiterregieren können.

Ich hätte als Premierminister nie mit Selenskyj geredet.

Silvio Berlusconi, Koalitionspartner in Giorgia Melonis Regierung

Enrico Letta, Noch-Parteichef des PD, zeigte sich trotzdem zufrieden damit, dass man „klar die zweite politische Kraft und die führende Oppositionspartei“ sei. Letta hat bereits nach dem historisch schlechtesten nationalen Ergebnis im September seinen Rücktritt angekündigt, ist aber auch fünf Monate später noch im Amt. Erst Ende des Monats sollen die Vorwahlen für eine neue Parteiführung stattfinden. Sein Kollege von M5S, Giuseppe Conte, spottete, da scheine einer den Tag für geeignet zu halten, den Champgner zu entkorken. Conte sprach dagegen offen von einer Niederlage. Sein M5S ist in Latium auf nicht einmal zehn, in der Lombardei auf vier Prozent abgerutscht.

Unklar ist noch, ob Melonis Ergebnis ihr mehr Last als Freude wird. Die Männer an ihrer Seite, Berlusconi mit seiner Forza Italia, und Lega-Chef Matteo Salvini gewannen in der Lombardei leicht hinzu, sie selbst blieb ein paar Prozentpunkte unter ihrem letzten nationalen Ergebnis. Aber für beide kleineren Parteien, deren Hochburg die Lombardei ist, könnte der nunmehr gefestigte Abstand zu Melonis FdI ein Grund sein, ihr nun verstärkt Zugeständnisse abzuringen, um den verlorenen Boden gutzumachen.

Am meisten unter Druck steht Salvini, dem Meloni unmittelbar vor der Wahl den Gefallen tat, sein Lieblingsprojekt mindestens aufs Gleis zu heben: die autonomia differenziata, eine stärkere Abkopplung des reichen Nordens vom armen Süden.

Wird Salvini kämpfen?

Meloni und die Ihren sind keine Fans des Vorhabens, sie tat aber aus Rücksicht auf den Verbündeten einen ersten Schritt. Dessen Ergebnis hatte sich schon bei der Wahl am 25. September halbiert, er fiel von 17 Prozent auf nicht einmal neun zurück und konnte die eigentlich fällige Palastrevolution, angeführt von der separatistischen Lega-Gründergeneration um Umberto Bossi, nur knapp abwenden.

Nun ist der Niedergang seiner Lega, ausgerechnet im lombardischen Kerngebiet, nicht wirklich aufgehalten. Verglichen mit der letzten Regionalwahl 2018 ist der Prozentanteil der Lega, wie übrigens auch der von Forza Italia, praktisch halbiert. Im folgenden politischen Überlebenskampf könnte Salvini wieder zur alten Aggression zurückfinden, die ihm früher Stimmen sicherte, zu lauten Auftritten, offenem Rassismus und Maximalforderungen. Seiner Chefin Meloni würde das Regieren damit deutlich schwerer, und ihr Imagewechsel von der Postfaschistin zur guten Konservativen geriete ebenfalls in Gefahr.

Salvini zeigte sich in seinen ersten Statements am Montagabend allerdings demonstrativ zufrieden: Er freue sich auch über die Ergebnisse der Lega, vor allem aber zeige der Doppelerfolg der gesamten Rechten, „dass das Mannschaftsspiel mit Giorgia und Berlusconi funktioniert“.

Partner Berlusconi freilich schoss schon am Wahlsonntag gegen Meloni und gab dabei eine neue Probe seiner ungebrochenen Kremltreue ab, die ihn schon einmal in den Clinch mit der Regierungschefin gebracht hatte: „Ich hätte als Premierminister niemals mit Selenskyj geredet“, so Berlusconi, der erneut die Legende verbreitete, die Ukraine habe die beiden „autonomen Republiken“ im Donbass angegriffen. „Das Verhalten dieses Herrn halte ich für sehr, sehr schlecht.“

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