zum Hauptinhalt
Izchak Herzog, Präsident von Israel.

© dpa/Peter Klaunzer

Nach Protesten gegen Justizreform: Netanjahu lehnt Kompromissvorschlag von Israels Präsident Herzog ab

Isaac Herzog bot einen „goldenen Mittelweg“ im Streit um die seit Wochen diskutierte Justizreform an. Die israelische Regierung aber reagiert prompt negativ.

| Update:

Israels Präsident Isaac Herzog will im verbissenen Streit über die geplante Justizreform mit Alternativen vermitteln. Allerdings wurden seine am Mittwochabend vorgestellten Vorschläge von der Regierungskoalition unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu umgehend abgelehnt

Der israelische Präsident Isaac Herzog hatte sich zuvor mit einem Kompromissvorschlag in die Debatte um die geplante Justizreform der israelischen Regierung eingebracht. In einer Ansprache rief er am Mittwochabend beide Seiten dazu auf, „das Land nicht in einem Machtkampf über die Justiz zu zerstören“, sondern die Gelegenheit für „einen prägenden verfassungsrechtlichen Moment“ zu nutzen.

Sein „goldener Mittelweg“ sei in Beratung mit Politikern, Juristen und Experten aus dem gesamten politischen Spektrum entstanden und biete die beste Chance für eine breite Einigung auf eine Reform des Justizwesens. Gleichzeitig warnte er vor der Gefahr einer Verschärfung der Lage im Land.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Diejenigen, die glauben, dass ein Bürgerkrieg eine Grenze ist, die wir nicht überschreiten werden, haben keine Ahnung“, so Herzog. Die gegenwärtige Lage in Israel beschrieb er als „tiefe und besorgniserregende Krise“, die zugleich eine „große, historische Chance“ darstelle.

Zentrale Punkte des Reformvorschlags

Die zentralen Punkte seines Reformvorschlages stellte Herzog auf einer neuen hebräischsprachigen Internetseite vor. Laut israelischen Medienberichten von Mittwochabend umfassen sie Änderungen am Ernennungsausschuss für Richtern, die allerdings weniger weit reichen, als es die bisherigen Regierungspläne vorsehen.

Statt der von der Koalition angestrebten Mehrheit in dem Ernennungsausschuss würde sich dieser aus vier Koalitionsmitgliedern, zwei Oppositionsmitgliedern, drei Richtern und zwei Vertretern der Öffentlichkeit zusammensetzen, die vom Justizminister im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs ernannt werden.

Für Änderungen an den verfassungsähnlichen Grundgesetzen des Landes sieht der Kompromissvorschlag vier Lesungen im Parlament vor, wobei in der vierten Lesung die Zustimmung von 80 der 120 Abgeordneten erforderlich wäre. Das Wahlgesetz soll nur geändert werden können, wenn mindestens 80 Abgeordnete in allen vier Lesungen zustimmen.

Das oberste Gericht des Landes soll nicht mehr die Autorität haben, derart verabschiedete Grundgesetze zu kippen. Bei der Überprüfung anderer Gesetze soll eine Mehrheit aus acht von elf Richtern erforderlich sein. Es handelt sich um den zweiten Vorschlag Herzogs für einen Kompromiss zu den heftig umstrittenen Reformplänen.

Regierungsmitglieder äußern Ablehnung

Mitglieder der Regierungskoalition äußerten unmittelbar nach der Ansprache Herzogs Ablehnung. Kabinettssekretär Jossi Fuchs erklärte laut Medienberichten, es handele sich um einen „einseitigen Vorschlag des Präsidenten, der in keiner Weise von einer Partei in der Koalition gebilligt wurde“. Bildungsminister Joav Kisch der Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf Herzog vor, mit dem Vorschlag die bestehende Situation verewigen zu wollen, ohne ein „minimal notwendiges Gleichgewicht“ zu bieten.

Verhandlungen über einen möglichen Kompromiss zur Justizreform der Regierung sowie das mutmaßliche Eindringen eines Hisbollahmitglieds in Nordisrael veranlassten Netanjahu, seine für Mittwoch bis Freitag angekündigte Deutschlandreise auf weniger als 24 Stunden zu verkürzen.

Statt wie zunächst vorgesehen am Mittwochnachmittag wurde der Flug des Regierungschefs nach Berlin auf den späten Mittwochabend verschoben. Am Donnerstag sind Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geplant. Außerdem wird Netanjahu die Gedenkstätte Gleis 17 im Bahnhof Grunewald besuchen, von wo aus deutsche Juden während des Holocaust deportiert wurden.

Gegner der Justizreform hatten tagsüber rund um den Flughafen Ben Gurion demonstriert und den Verkehr gestört, um Netanjahu den Abflug zu erschweren. (KNA)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false