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Petr Pavel zieht nun im März in die Prager Burg ein.

© Imago/CTK Photo/Vit Simanek

Update

Pavel neuer Präsident in Tschechien: Ein ehemaliger General besiegt den Oligarchen

Der frühere Nato-General gewinnt gegen den populistischen Ex-Regierungschef Babis. Der Milliardär hatte versucht, Pavel als Kriegstreiber darzustellen.

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In der postfaktischen Welt lasse sich nichts mehr ausschließen, hatte die Zeitung „Hospodarske noviny“ noch kurz vor der Stichwahl um die tschechische Präsidentschaft an diesem Wochenende gewarnt. Über Geld und die Fähigkeit zur Manipulation verfüge das das Lager des Ex-Regierungschef und Milliardärs Andrej Babis.

Anlass für die Sorge des liberalen Prager Blattes war die Tatsache, dass der Oligarch Babis nach der ersten Runde entgegen den Umfragen nur ganz knapp an zweiter Stelle lag – hinter dem klar als Favorit für das Amt auf der Prager Burg geltenden früheren Nato-General Petr Pavel. Die Warnung erwies sich als nicht notwendig: Nach vorläufigen Endergebnissen vom Sonnabendnachmittag wählten knapp 58 Prozent der Tschechen Pavel. Babis bekam nur 42 Prozent.

Obwohl es um die Besetzung eines vorwiegend repräsentativen Amtes geht, wurde die Abstimmung in diesem Jahr zu einer Richtungswahl über den künftigen Kurs des Landes. Vor zwei Wochen waren die Ergebnisse der ersten Runde gerade verkündet, da ließ der Milliardär Andrej Babis im ganzen Land Plakate aufstellen mit dem Versprechen, Tschechien nicht in den Ukraine-Krieg hineinzuziehen. Er sei Diplomat, kein Militär, versicherte der frühere Regierungschef.

Was er (Babis) behauptet, ist einfach Unsinn.

Die Zeitung „Hospodarske noviny“ vor der Stichwahl

Damit war das Thema für die Stichwahl gesetzt. Babis inszenierte sich als Friedensfürst und stellte seinen Kontrahenten als Kriegstreiber dar. Pavel ist zwar als General pensioniert, aber in seinem ganzen Auftreten Militär durch und durch. Seine Karriere begann er als Jugendlicher zu realsozialistischen Zeiten in der Tschechoslowakei.

Nach der samtenen Revolution gab Pavel das Parteibuch ab, seine militärische Karriere ging weiter nach oben. Er wurde tschechischer Generalstabschef und war bis 2018 als Chef des Militärausschusses in der höchsten Position der Nato.

Der gewiefte Populist Babis suggerierte mit seinen Plakaten, als Präsident werde der General a. D. eine Mobilmachung anordnen und nicht nur Waffen, sondern auch tschechische Soldaten in den russischen Krieg gegen die Ukraine schicken.

Der Milliardär und ehemalige Premier Andrej Babis verlor die Stichwahl um das Präsidentenamt.

© AFP/Radek Mica

„Was er (Babis) behauptet, ist einfach Unsinn“, konterte die „Hospodarske noviny“. Das tschechische Staatsoberhaupt ist zwar formell Oberbefehlshaber der Armee, doch für die Landesverteidigung ist die Regierung verantwortlich. Vor einer Mobilmachung muss über Tschechien das Kriegsrecht verhängt werden. Das hat ebenfalls die Regierung vorzuschlagen und das Parlament muss darüber abstimmen. Beides ist fernab jeglicher Realität. Doch das scherte Babis nicht im Geringsten.

Pavel geriet tatsächlich vorübergehend unter Rechtfertigungsdruck. Mehrmals musste er versichern, dass er kein Kriegstreiber sei. Dabei hatte der General mit seiner Vergangenheit punkten wollen: Er stellte den Wählern in Aussicht, er werde für Sicherheit sorgen und dafür, dass Regeln für alle gleichermaßen gelten. „Ich kann die Tatsache nicht ignorieren, dass die Menschen hier zunehmend Chaos, Unordnung und Unsicherheit empfinden. Dass der Staat irgendwie aufgehört hat zu funktionieren“, schrieb Pavel auf seiner Wahlkampf-Webseite.

Babis schien es mit Treue zur Nato nicht so ernst zu sein

Das zielte sowohl auf Babis, der den politischen Kurs Tschechiens als Finanzminister und dann als Regierungschef in den vergangenen Jahren bestimmte und der immer noch Chef der stärksten Partei und Oppositionsführer im Parlament ist. Nur durch ein breites, fragiles Bündnis über die politischen Lager hinweg konnte Babis von der Macht verdrängt werden.

Vor allem in der ländlichen Bevölkerung schadete es dem Oligarchen nicht, dass er wiederholt in Affären verwickelt war. Erst wenige Tage vor der ersten Wahlrunde sprach ihn ein Gericht vom Vorwurf des Subventionsbetruges frei – aus Mangel an Beweisen. Die Anklage hatte drei Jahre Haft auf Bewährung gefordert.

Pavels Angriff zielte auch auf den derzeitigen Amtsinhaber Milos Zeman, der mit erratischen Äußerungen immer wieder Sympathien für den Kurs des russischen Präsidenten Wladimir Putin erkennen ließ.

Auch Babis schien es mit westlicher Bündnistreue nicht allzu ernst zu meinen. Er stellte in einer TV-Debatte die Unterstützung Tschechiens für die Nato in Zweifel. Gefragt, ob er tschechische Truppen senden würde, wenn Russland die baltischen Staaten oder Polen angreifen würde, antwortete er: „Natürlich nicht. Ich denke, wir müssen über den Frieden reden.“

Als der Kandidat am nächsten Tag zurückruderte, klang das wenig glaubwürdig. So ging es bei dieser Abstimmung auch um die Frage: für oder gegen das westliche Bündnis. Pavel hat sich in seinen Äußerungen klar zur Nato und zur Unterstützung für die Ukraine bekannt. Er zieht nun im März in die Prager Burg ein.

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