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Ein Mann wirft seinen Stimmzettel in eine Wahlurne während der Regionalwahlen in Donezk, der Hauptstadt der russisch kontrollierten Region Donezk. Bei den bis Sonntag angesetzten Regionalwahlen in Russland hatten unabhängige Beobachter vielerorts Verstöße und Betrug gemeldet.

© dpa/Uncredited

Scheinwahlen in besetzten ukrainischen Gebieten: Putin-Partei soll mit angeblich mehr als 70 Prozent der Stimmen gewonnen haben

Putin will mit Scheinwahlen in den besetzten Gebieten der Ukraine seinen Herrschaftsanspruch unterstreichen. Unabhängige Wahlbeobachter gab es bei der Abstimmung nicht.

Die Kremlpartei Geeintes Russland hat offiziellen Angaben zufolge die Scheinwahlen in den vier von Moskau völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Gebieten Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja mit großer Mehrheit gewonnen.

„Wir bekommen eine große Zustimmung, überall holen wir die Mehrheit, mehr als 2,7 Millionen Menschen in den vier Regionen haben ihre Stimme für Geeintes Russland abgegeben“, sagte der Leiter des zentralen Exekutivkomitees der Partei, Alexander Sidjakin, der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

In jeder dieser Regionen habe die Partei Geeintes Russland bei den Regional- und Kommunalwahlen mehr als 70 Prozent der Stimmen erhalten, teilte die russische Wahlkommission am Sonntagabend mit. Unabhängige Wahlbeobachter gab es bei der Abstimmung nicht.

Kiew hatte dazu aufgerufen, die Scheinwahlen nicht anzuerkennen. Die Lage in den Regionen ist von massiven Menschenrechtsverletzungen und der Einschränkung von Bürgerrechten geprägt. Berichten zufolge wurden Bürger zum Abstimmen genötigt.

Russland will Herrschaftsanspruch mit Scheinwahlen unterstreichen

Die Vorsitzende der Wahlkommission, Ella Pamfilowa, erklärte hingegen, die dreitägigen Wahlen seien „auf dynamische Weise und mit wenigen Verstößen“ verlaufen. Mit den Wahlen von Freitag bis Sonntag in den russisch kontrollierten Gebieten der Ukraine wollte Moskau seinen dortigen Herrschaftsanspruch unterstreichen.

Russland hatte die vier Regionen im Osten und Süden der Ukraine im September 2022 nach sogenannten Referenden für annektiert erklärt, hält aber nur Teile dieser Regionen besetzt. Die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten hatten die Wahlen in den russisch kontrollierten Teilen der ukrainischen Regionen Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja vorab als unrechtmäßig verurteilt.

Nicht nur in den besetzten Gebieten der Ukraine, sondern auch in zahlreichen Regionen Russlands fanden dreitägige Kommunal- und Regionalwahlen statt. Bestimmt wurden Gouverneure, Regionalparlamente, Stadt- und Gemeinderäte sowie Bürgermeister.

Die Urnengänge galten auch als Test für die russische Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr, bei der Putin seine Herrschaft bis mindestens zum Jahr 2030 verlängern lassen will.

Putin lässt keine ernsthaften Gegenkandidaten zu

Oppositionsparteien und -kandidaten, die ernsthafte Rivalen für Putin und seine Partei hätten sein können, standen allerdings nicht zur Wahl: Prominente Regierungsgegner sind mittlerweile entweder inhaftiert oder im Exil.

In Moskau wurde nach Angaben der Wahlkommission Bürgermeister Sergej Sobjanin, ein Putin-Vertrauter, erwartungsgemäß im Amt bestätigt. Ein Vertreter der Kommission gratulierte dem seit 2010 amtierenden Sobjanin zu seinem „so überzeugenden Sieg“. Der Bürgermeister hatte keinen auch nur ansatzweise aussichtsreichen Gegenkandidaten.

Die russische Hauptstadt hatte lange als Hochburg der Opposition gegolten. Bei den Wahlen 2013 war Sobjanin nur knapp einer Wahlniederlage gegen den bekanntesten russischen Oppositionellen, den mittlerweile zu einer langen Haftstrafe verurteilten Alexej Nawalny, entgangen.

Der Ukraine-Konflikt war zwar im Wahlkampf fast kein Thema. Insbesondere in den nahe der Grenze zur Ukraine gelegenen Regionen überschattete er aber die Wahlen. So teilte die Wahlkommissions-Vorsitzende Pamfilowa mit, dass die Wahl in der grenznahen Stadt Schebekino in der häufig von ukrainischen Angriffen getroffenen Region Belgorod aufgrund der „erhöhten Gefahrenlage“ verschoben worden sei.

In der südwestrussischen Großstadt Rostow am Don, die in der Woche zuvor Ziel eines Drohnenangriffs gewesen war, nannten Wähler den Konflikt mit der Ukraine als ihre Hauptsorge. „Wir und unsere Kinder wollen vor allem in Frieden leben“, sagte die 40-jährige Nina Antonowa der Nachrichtenagentur AFP. Alle Menschen hätten hier „nur ein Problem: den Krieg“, sagte der 84-jährige Rentner Anatoli. (AFP, dpa)

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