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Wieder beste Freunde? Emmanuel Macron empfängt den britischen Premier Rishi Sunak demonstrativ freundlich. Es ist das erste bilaterale Gipfeltreffen zwischen Staats- und Regierungschefs beider Länder seit 2018.

© action press/Jacques Witt/SIPA

Sunak zu Besuch bei Macron: Zwei Nachbarn wollen wieder Freunde sein

Der Besuch des britischen Premiers in Paris sollte die schwer beschädigten Beziehungen normalisieren. Statt Kritik an der britischen Aushebelung des Asylrechts gibt es Geld.

„Wiederannäherung“ und „Neuanfang“ – es waren große Worte, mit denen der französische Präsident Emmanuel Macron das Gipfeltreffen mit dem britischen Premier Rishi Sunaks am Freitag zusammengefasst hat. Tatsächlich war Sunaks Besuch, der gleich mit sieben seiner Minister und Unternehmensvertretern nach Paris angereist war, alles andere als politischer Alltag: Es war das erste bilaterale Gipfeltreffen seit fünf Jahren. Das Ziel: die „Eiszeit“ zwischen den Nachbarstaaten zu beenden. Unangenehmes sparten die Spitzenpolitier aus. Sie zeigten sich demonstrativ einig.

Zuletzt hatte Präsident Macron sich mit Theresa May 2018 getroffen. Ihre Nachfolgerin Lizz Truss hatte sich in einem Interview geweigert zu erklären, ob Frankreich „ein Feind oder ein Freund“ sei. Sunak dagegen weiß, was er braucht und ließ gleich nach seiner Ankunft in Paris twittern: „Enge Nachbarn, großartige Freunde, historische Verbündete:  Es ist großartig, in Paris zu sein.“

Bei dem Treffen ging es vor allem um die illegale Migration nach Großbritannien, ein dauerhafter Zankapfel zwischen beiden Ländern, der insbesondere in Großbritannien die politische Agenda beherrscht. Auch der Krieg in der Ukraine und gemeinsame Verteidigunsprojekte wurden besprochen. „Wir müssen unsere ukrainischen Freunde in die bestmögliche Situation bringen, damit sie den Zeitpunkt und die Bedingungen der Verhandlungen bestimmen“, sagte Macron.

Weitere 540 Millionen für Frankreich

In der Migrationsfrage wurde eine Fortsetzung der bisherigen Politik vereinbart: Großbritannien wird Frankreich über die kommenden drei Jahre weitere 540 Millionen Euro bezahlen, um Migranten an der Überfahrt über den Ärmelkanal zu hindern. Dazu sollen 500 weitere Polizisten eingesetzt werden und ein Internierungslager für Geflüchtete in Nordfrankreich eingerichtet werden.

Großbritannien hat zum Abfangen von Bootsflüchtlingen seit 2014 bereits umgerechnet mehr als 260 Millionen Euro an Frankreich gezahlt hat, wie der wissenschaftliche Dienst des britischen Unterhauses auflistet. Dennoch sind 2022 etwa 45.000 Migranten per Boot übergesetzt – eine Rekordzahl.

55
Schleuserbanden hat Frankreich zerschlagen

Aber Macron verwies darauf, dass man 55 Schleuserbanden zerschlagen und 500 Personen festgenommen sowie tausende Geflüchtete an der Überfahrt gehindert hätte. Nicht erwähnt wurde die geplante Abschiebung aller Bootsmigranten aus Großbritannien und damit die de facto Abschaffung des Asylrechts, die mit internationalem Recht nicht zu vereinbaren ist.

Doch das Thema droht auch die gerade in Windsor gefeierte Wiederannäherung zwischen der EU und Großbritannien, wo man in der Frage des Nordirland-Protokolls eine Einigung erzielte, zu torpedieren. Doch Macron und Sunak, sichtlich gut gelaunt, wollten sich ihr Gipfeltreffen nicht davon überschatten lassen.

Migranten gehen in Großbritannien an Land. Sie hatten mt einem kleinen Boot aus Frankreich übergesetzt.

© dpa/Gareth Fuller

Die von vielen Briten erhoffte Abmachung, dass Frankreich die illegal nach Großbritannien eingereisten Geflüchteten zurücknimmt, wurde nicht erfüllt. Präsident Macon machte in der Pressekonferenz klar, dass dies nur zwischen der EU und Großbritannien geregelt werden könnte.

Außerdem wollen Paris und London bei gemeinsamen Verteidigungsprojekten, bei Atomkraft und erneuerbaren Energien stärker zusammenarbeiten. Aber auch der Schüler- und Kulturaustausch, der durch den Brexit gelitten hat, soll wieder gestärkt werden.

Das Vertrauen war zerstört

Frankreichs harte Haltung in den Brexit-Verhandlungen und eine angeblich zu lasche Politik gegenüber den Migranten, die mit kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien übersetzen, hatten London vergrätzt. Paris seinerseits war bis ins Mark erschüttert, als ein unterzeichneter U-Boot-Deal von Australien aufgekündigt wurde, weil Großbritannien und die USA Canberra in ein neues Verteidigungsbündnis zogen. Paris hat das als schweren Vertrauensbruch empfunden.

Doch nicht zuletzt der Ukrainekrieg schweißt westliche Nationen zusammen – Großbritannien unterstützt die Ukraine in großem Maße mit Militärmaterial seit der ersten Stunde.

Auch scheint der persönliche Kontakt zwischen Macron und Sunak gut zu sein – beide sind ähnlich, sind Ex-Banker und Ex-Finanzminister und gehen ähnlich „technokratisch“ an politische Probleme heran.  Sie hatten sich zuvor zweimal am Rande internationaler Gipfel getroffen.  

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