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Im Schatten des Alten: Antonio Tajani nach seiner Wahl zum Parteichef.

© action press/Mauro Scrobogna/LaPresse

Tajani übernimmt die Partei: Der Nach-Berlusconi

Ein treuer Gefolgsmann des überlebensgroßen Parteigründers hat dessen Erbe angetreten. Vorerst.

| Update:

Am traditionellen Demokratiedefizit von „Forza Italia“ (FI) ändert sich zunächst einmal nichts: Die Nachfolgeregelung für den am 12. Juni im Alter von 86 Jahren verstorbenen Silvio Berlusconi erfolgte am vergangenen Samstag per Akklamation, ganz so wie es in all den fast 30 Jahren Usus war, die es die ganz auf ihn zugeschnittene Partei gibt.

Per Händeklatschen ins Amt gehoben, keine Aussprache, keine Gegenkandidatur: Antonio Tajani, aktuell Italiens Außenminister und Vize-Regierungschef, steht nun, zunächst als Interimschef, an der Spitze von FI.

Als Nachfolger des jetzt erst recht kultisch verehrten Gründers will er nicht gesehen werden. „Presidente“ der Partei war und bleibe der eine, so Tajani. Er selbst will sich mit dem in Italien üblichen Titel für Parteichefs begnügen, dem „Segretario“.

Berlusconi hat sich nie um seine Nachfolge gekümmert

Berlusconi hat sich um seine politische Nachfolge nie gekümmert und dabei einige verschlissen, die sich Hoffnungen darauf machten, sie anzutreten. Gianfranco Fini etwa, Chef der postfaschistischen Partei „Alleanza nazionale“, oder Angelino Alfano, der zeitweise als Berlusconis junger Kronprinz angesehen wurde, aber zuviel Eigensinn entwickelte und FI verließ.

Einige potenzielle Nachfolger, wie Fini und Alfano, hat Berlusconi verschlissen.

© AFP/FILIPPO MONTEFORTE

Beide sind inzwischen vergessen. Tajani, Mitgründer von FI im Januar 1994, ist in gewisser Weise übriggeblieben. Der demnächst 70 Jahre alte Römer war Luftwaffenoffizier, später Journalist und schließlich EU-Kommissar und Präsident des EU-Parlaments. Berlusconi diente er zuletzt als „nationaler Koordinator“ von FI, eine Art Generalsekretär und treuer Sachwalter der Interessen des zuletzt Schwerkranken.

Das dürfte ihm das Überleben an der Spitze von dessen Partei auf absehbare Zeit garantieren. Forza Italia war nicht nur Geschöpf ihres Gründers, sie ist bis heute auch von Berlusconis Geld abhängig.

Eine an ihn persönlich gerichtete Botschaft von Marina Berlusconi, der ältesten Tochter und unternehmerischen Haupterbin ihres Vaters, verlas Tajani am Samstag zwar nicht öffentlich, ließ aber wissen, dass sie „sehr warmherzig und ermutigend“ gewesen sei. Woraus sich folgern lässt: Das Haus Berlusconi wird Forza Italia nicht fallen lassen. Man braucht sich gegenseitig, auch den fünf Kindern nutzt eine Regierungspolitik, die die Unternehmensinteressen schützt.

FI dürfte also eine Unternehmerpartei im engeren Sinne bleiben. Tajani gab gleich in dieser ersten Amtswoche ein Probe davon, als er sich gegen die Einführung eines Mindestlohns wandte - deren Diskussion im Parlamentsausschuss die rechte Mehrheit sogar mit Verfahrenstricks zu blockieren suchte. Neun Euro die Stunde? Italien sei schließlich nicht die Sowjetunion, so seine Begründung.

Unter Tajani wird FI aber nach 30 Jahren immerhin ihren ersten Parteitag erleben, wenn auch nicht so bald: Für irgendwann vor den Europawahlen in einem knappen Jahr hat der neue Chef ihn versprochen. Dann will er regulär gewählt werden. Unwahrscheinlich, dass er Konkurrenz bekommen wird. Tajanis persönlicher Rückkhalt in der Familie Berlusconi dürfte den Ehrgeiz anderer von vornherein dämpfen. Und das Parteisymbol wird dann feierlich ergänzt um die Formulierung „Silvio Berlusconi, Gründer und Präsident“. Auch aus dem Jenseits darf Berlusconi also über sein wichtigstes Produkt wachen. Auf ewig Presidente.

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