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Der russische Präsident Wladimir Putin.

© Reuters/Sputnik

Ukraine-Invasion Tag 350: Putin hat den Winterkrieg verloren

Selenskyj in London und Paris, Briten lassen Lieferung von Kampfjets an die Ukraine prüfen. Der Überblick am Abend.

für Wladimir Putin läuft es nicht nach Plan in der Ukraine. Immer wieder müssen er und seine Generäle die Strategie ändern, sich Neues ausdenken, um zumindest ihrem Minimalziel, der Eroberung des Donbass, näherzukommen. 

Einer dieser Pläne war der Winterkrieg. Vornehmlich gegen die Bürger und Bürgerinnen der Ukraine - aber auch gegen Europa. Das Kalkül: Ein kalter Winter und eine Energienot würde die Unterstützung des Westens für die Ukraine bröckeln lassen. Gleichzeitig wollte Putin mit Raketen- und Drohnenangriffen auf Kraftwerke und die weitere Energieversorgung die Ukraine in Kälte und Dunkelheit bomben – und damit zur Kapitulation zwingen. 

Ganz zu Ende ist der Winter noch nicht, aber schon jetzt steht fest: Seinen Kältekrieg wird Putin nicht mehr gewinnen. Dazu trägt zum Einen das im Durchschnitt ungewöhnlich warme Wetter auf dem Kontinent bei, das den Energieverbrauch im Rahmen hält. Außerdem hat es Putin nicht geschafft, die ukrainische Energieversorgung vollständig zu zerstören. Das liegt auch daran, dass Moskau zuletzt offensichtlich nicht mehr in der Lage war, häufig und breitflächig die ukrainische Infrastruktur zu beschädigen.

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Waren es im Oktober 2022 noch sieben Großangriffe, fiel die Zahl im November auf drei, dann stieg sie wieder auf sechs im Dezember, um im Januar wieder auf drei zu fallen. In jeder Phase stieg zudem die Zahl der von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossenen Raketen und Drohnen. Die Angriffe verloren an Wirkung. 

Der US-Analyst Michael Kofman geht davon aus, dass Russland sein Arsenal an Langstreckenraketen inzwischen weitgehend aufgebraucht hat und nur noch verschießen kann, was es neu produziert. Ein Großangriff pro Monat sei noch möglich, mehr wohl nicht.

Freilich sind die Schäden am ukrainischen Stromnetz beträchtlich. Noch immer ist der Stromverbrauch für viele Millionen Bürger rationiert, es gibt Zeitfenster für die Verfügbarkeit von Elektrizität. Ein beträchtlicher Teil des Hochspannungsnetzes ist beschädigt. Vollständig repariert werden kann das Netz wohl erst nach dem Krieg. Den hat Putin auch mit seinem Angriff auf die Energieversorgung nicht gewonnen.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Der ukrainische Präsident reist überraschend nach London: Dort bedankt er sich für die Lieferung von Kampfflugzeugen, für die es noch keine Zusage gibt. Außerdem empfing ihn König Charles III. Mehr hier.
  • Acht Jahre Haft für polnisch-belarussischen Journalisten in Belarus: Andrzej Poczobut ist Korrespondent der polnischen Zeitung „Gazeta Wyborcza“. Für die belarussische Oppositionsführerin im Exil, Swjatlana Tichanowskaja, ist das Urteil eine Rache des Machthabers Lukaschenko. Mehr hier.
  • Im Juli 2014 wurde der Passagierflug MH17 von einer Rakete über der Ostukraine abgeschossen: 298 Menschen starben. Putin genehmigte laut Ermittlern die Lieferung von Raketen an die für den Abschuss verantwortlichen Separatisten. Mehr hier.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird nach Angaben eines seiner Regierungsvertreter bei dem EU-Gipfel am Donnerstag die Teilnehmer um mehr Waffen zur Bekämpfung Russlands bitten. Darum gehe es auf der Reise in erster Linie. Außerdem werde Selenskyj darauf dringen, einen EU-Beitritt der Ukraine voranzutreiben. Mehr in unserem Liveblog.
  • Verteidigungsminister Boris Pistorius hat weitere europäische Partner aufgerufen, sich dem deutsch-polnischen Projekt zur Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 an die Ukraine anzuschließen. Dazu werde er gemeinsam mit seinem polnischen Amtskollegen Mariusz Blaszczak und dem ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow in der kommenden Woche zu einem Treffen einladen, sagte Pistorius am Mittwoch in Warschau.
  • Der britische Premierminister Rishi Sunak lässt anlässlich des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj prüfen, ob Kampfflugzeuge für die Ukraine verfügbar sind. Sunak habe Verteidigungsminister Ben Wallace um Prüfung gebeten, was für Maschinen das Vereinigte Königreich theoretisch an die Ukraine liefern könnte, teilte die Downing Street am Mittwoch mit.
  • Linke-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einem Kurswechsel in der Ukraine-Politik aufgefordert. Sie sagte am Mittwoch im Bundestag, es seien endlich ernsthafte Bemühungen für den Frieden notwendig. Es müsse oberstes Ziel sein, dass der Krieg möglichst schnell ende. „Die Waffen müssen endlich schweigen.“ Stattdessen werde beim EU-Gipfel über Sanktionen und Waffenlieferungen gesprochen.
  • Nach Einschätzung britischer Geheimdienste wollen sowohl die Russen als auch die Ukrainer das Delta des ukrainischen Dnipro-Flusses nicht aufgeben. Auch nach dem Rückzug der Russen vom Westufer des Flusses im vergangenen November gingen dort Scharmützel weiter und beide Seiten seien weiter präsent, hieß es am Mittwoch im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Moskau setze dort höchstwahrscheinlich kleine Boote ein, um an den wichtigsten Inseln der Region vor Ort zu sein. Den Ukrainern sei es einige Male gelungen, mit Langstreckenwaffen einige russische Vorposten zu treffen.
  • Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), dringt auf einen schnellen Ersatz für die Leopard-2-Kampfpanzer, die von der Bundeswehr an die Ukraine geliefert werden sollen. „Die Soldatinnen und Soldaten erwarten zu Recht, dass das Gerät schnell wieder beschafft wird und die 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen zügig ausgegeben werden“, sagte Högl der „Augsburger Allgemeinen“. „Die 14 Leoparden, die aus dem Panzerbataillon 203 in Augustdorf kommen, reißen dort eine gewaltige Lücke, weil sie selbst nicht genügend haben, um auszubilden und vollständig einsatzbereit zu sein“, sagte Högl. 
  • Die ukrainische Regierung geht davon aus, dass die von ihr erwartete baldige russische Offensive die Regionen Charkiw im Nordosten und Saporischschja im Süden betreffen wird. Russland werde versuchen, rund um den ersten Jahrestag des Kriegs am 24. Februar Vorzeigeergebnisse parat zu haben, sagte der Leiter des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats, Olexij Danilow, in einem am Dienstag in Kiew geführten Reuters-Interview. „Sie müssen etwas zum Vorzeigen haben für ihre Leute, und sie haben das große Verlangen, bis zu diesem Datum etwas aus ihrer Sicht Großes zu tun.“ 
  • Das US-Außenministerium hat nach Angaben des Pentagon grünes Licht für den potenziellen Verkauf von HIimars-Raketenwerfern und Munition an Polen gegeben. Das Geschäft könne ein Volumen von bis zu zehn Milliarden Dollar haben. Das Paket umfasse 18 Himars-Raketenwerfer, 45 ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von knapp 300 Kilometern und mehr als 1000 GMLRS-Raketen.
  • Der ukrainische Grenzschutz hat eine Gruppe von 13 Wehrpflichtigen an der Flucht gehindert. Die Männer aus den Gebieten Kiew und Tscherniwzi seien im Grenzgebiet zu Rumänien in zwei Kleinbussen unterwegs gewesen, hieß es in einer Mitteilung der Behörde vom Dienstag. Die Ukrainer im Alter zwischen 22 und 52 Jahren hätten vorgehabt, zu Fuß über die Berge nach Rumänien zu gehen, hieß es. Für den Versuch, illegal die Grenze zu überschreiten, droht ihnen wohl eine Geldstrafe, auch eine Haftstrafe wäre möglich.
  • Spanien schickt im Rahmen seiner bereits zugesagten Ausrüstungs- und Waffenlieferungen 20 Transportpanzer vom Typ TOA M-113 in die Ukraine. Die Fahrzeuge wurden am Dienstag im Hafen von Bilbao unter strengen Sicherheitsvorkehrungen verladen, wie die Nachrichtenagentur Europa Press und andere spanische Medien vor Ort unter Berufung auf amtliche Quellen berichteten.

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