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Walerij Saluschnyj, Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte

© dpa/AP/Ukrainian Presidential Press Office/Uncredited

Ukraine-Invasion Tag 391: Die ukrainische Strategie für Bachmut in einem Satz

Japans Premier in Kiew, Putins Doppelgänger in Mariupol?, Russland sichert China verlässliche Energieversorgung zu. Der Überblick am Abend.

Mögen die Soldaten in den Schützengräben mir vergeben, jetzt ist es am wichtigsten, Ressourcen für die Kämpfe im nächsten Jahr zu sammeln.“

Diesen Satz sagte der Oberkommandierende der ukrainischen Truppen Walerij Saluschny in einem lesenswerten Interview mit dem britischen „Economist“ (Quelle hier) schon im Dezember vergangenen Jahres. Er beschreibt in wenigen Worten die Strategie, die die Ukraine derzeit an der Front verfolgt. Weiter sagte Saluschny damals: „Wir haben es genau ausgerechnet, wie viele Panzer, wie viel Artillerie und andere Waffen wir brauchen. Das zusammenzubekommen, darauf müssen wir uns jetzt konzentrieren.“ Und es ist offensichtlich genau das, was gerade passiert. 

Vor allem aus dem umkämpften Bachmut kommen Klagen der ukrainischen Soldaten, dass sie den Russen heillos unterlegen sind. Raum für entlastende Gegenstöße gegen die russischen Linien gibt es nicht. Kiew wirft gerade so viel in die Schlacht, um Putins Truppen deutlich zu verlangsamen. Auch deshalb rätseln Beobachter seit Wochen über die ukrainische Strategie in Bachmut. Lohnt es wirklich, die Stadt zu halten? Sind die Verluste nicht zu hoch, der Verbrauch an Munition und Material? Warum zwingen die ukrainischen Kommandeure, der Generalstab, Präsident Selenskyj ihre Männer und Frauen in diese Hölle? 

Auch diese Fragen hat Saluschny schon in dem Interview beantwortet: „Wir müssen vor allem unsere Linien halten, wir dürfen nicht noch mehr Gebiet verlieren. Das ist zentral. Weil ich weiß, dass es zehn bis fünfzehn Mal härter ist, ein Gebiet zurückzuerobern, als es zu halten.“ Vorher sagt er noch: „Unsere gesamten Truppen sind derzeit in Kämpfen gebunden, sie bluten. Sie bluten und sie werden nur von Mut, Heroentum und der Fähigkeit unserer Kommandeure, die Situation unter Kontrolle zu halten, angetrieben.“ Bachmut, so erklärte es Saluschny erst kürzlich gegenüber seinem Counterpart in den USA, General Mark Milley, sei zentral für die Stabilität der gesamten Frontlinie.  

Auch ein Ziel der geplanten Operation nannte Saluschny im Interview mit dem „Economist“: Die Stadt Melitopol. Von dort sei die gesamte Krim und alle militärischen Versorgungswege in Schussweite der US-Raketenwerfer Himars. Eine Frage beantwortete der General damals nicht: Wann es losgehen soll.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Im Norden der Krim wurden mehrere Häuser durch Trümmerteile einer abgeschossenen ukrainischen Drohne beschädigt. Der Angriff habe Kiew zufolge Transporten von russischen Raketen gegolten. Mehr hier.
  • „Wladimir Wladimirowitsch, halt deine Klappe!“ Ex-FSB-Offizier Girkin greift Kremlchef Putin scharf an. Russland stehe im Kampf gegen die Ukraine schlechter da, als noch 2014. Auch neuartige Waffen würden daran nichts ändern. Mehr hier.
  • Das US-Verteidigungsministerium will Insidern zufolge die geplante Lieferung von Abrams-Kampfpanzern in die Ukraine um ein Jahr vorziehen. Die Panzer sollten nun bereits bis Herbst dieses Jahres in die Ukraine geschickt werden, sagen ein Vertreter der US-Regierung und ein mit der Angelegenheit vertrauter Kongress-Berater. Mehr in unserem Liveblog.
  • Russlands Ermittlungskomitee hat ein Strafverfahren gegen den Leiter des Menschenrechtszentrums bei Memorial, Oleg Orlow, wegen angeblich „wiederholter Diskreditierung der Armee“ eingeleitet. 
    Das berichtete die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation Memorial am Dienstag auf ihrem Telegram-Kanal. Die Höchststrafe dafür wurde in Russland jüngst auf 15 Jahre Haft hochgesetzt. 
  • Russland zieht seine Kräfte für einen entscheidenden Angriff in Bachmut zusammen. Das berichtet ein in Bachmut stationierter ukrainischer Soldat gegenüber der Militäranalyse-Agentur Rochan Consulting. 
    Die ukrainische Luftaufklärung beobachte zudem eine Anhäufung von Soldaten auf den Landeplätzen rund um die Stadt, insbesondere im Norden und Süden, heißt es in dem werktäglichen Bericht.
  • Russlands Präsident Wladimir Putin hat die chinesischen Vorschläge zum Ukraine-Konflikt als mögliche Basis für eine Friedenslösung bezeichnet. Allerdings müssten die Ukraine und der Westen dafür bereit sein, sagt er. Der Westen wolle aber „bis zum letzten Ukrainer“ kämpfen. Putin sicherte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping außerdem dauerhaft eine verlässliche Versorgung mit Öl und Gas zu. 
  • Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist ein Sieg Kiews aus Sicht des früheren georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili „unvermeidlich“. „Der unvermeidliche Sieg der Ukraine wird die Situation in Georgien und der Region völlig verändern“, erklärte der inhaftierte Saakaschwili in einem am Dienstag veröffentlichten schriftlichen Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Der Westen müsse den „Zerfall der russischen Föderation akzeptieren und sich darauf vorbereiten“.
  • Die Europäische Union hat weitere Finanzhilfen an die Ukraine gesendet. Wie die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, auf Twitter bestätigte, seien 1,5 Milliarden Euro an Kiew ausgezahlt worden. Die Unterstützung der Europäischen Union helfe der Ukraine, „den Betrieb aufrechtzuerhalten und sich gleichzeitig zu verteidigen“, schrieb von der Leyen.
  • Die EU-Staaten wollen der Ukraine in den kommenden zwölf Monaten eine Million neue Artilleriegeschosse für den Kampf gegen Russland liefern. Um die Kosten gerecht zu verteilen, werden den Planungen zufolge rund zwei Milliarden Euro an EU-Mitteln mobilisiert. Dem Rüstungskonzern Rheinmetall zufolge ist es jedoch unwahrscheinlich, dass diese Summe den voraussichtlichen Kosten der europäischen Rüstungsindustrie deckt. Das berichtet die “Financial Times”.
  • Britische Geheimdienste halten die Begnadigung der aus Gefängnissen rekrutierten Wagner-Söldner für ein Risiko für die russische Gesellschaft. In den kommenden Wochen würden voraussichtlich Tausende russische Inhaftierte, die im Ukraine-Krieg für die Gruppe der Wagner-Söldner gekämpft hätten, begnadigt und freigelassen, heißt es im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums.

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