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Ein ukrainischer Soldat der 10. Sturmbrigade Edelweiß feuert die Munition einer D-30-Haubitze auf russische Stellungen an der Frontlinie.

© dpa/Libkos

Tag 525 der Ukraine-Invasion: Kiew entscheidet das Artillerie-Duell zunehmend für sich

Erneute Drohnenangriffe auf ukrainische Städte und auf Moskau, Verstimmung zwischen Ukraine und Polen wirkt nach, kleine Getreidehäfen im Grenzgebiet überfordert. Der Überblick zur Ukraine-Invasion.

| Update:

Zu den aus militärischer Sicht erstaunlichen Entwicklungen in diesem Krieg gehört auch das Kräfteverhältnis der Artillerie. Auf sie sind die russische und die ukrainische Armee in der Offensive angewiesen. Die Geschütze bereiten mit fast ununterbrochenen Salven die Angriffe der Infanterie vor und sichern Vorstöße später ab. „feuerbasiert“, nennen Experten das Vorgehen im Gegensatz zum „bewegungsbasierten“ Vorgehen der westlichen Armeen.

Die unterschiedlichen Militärdoktrinen im Osten und Westen führten auch zum großen Nachteil, den die Ukrainer bei der Artillerie über Monate hatte. Sie war sowohl bei den Geschützen als auch bei den Geschossen stark unterlegen. Der Westen konnte lange nicht genug Munition liefern, schlicht, weil seine Armeen keine großen Lagerbestände hatten.

Zuletzt berichtete der Spiegel, dass die Bundeswehr insgesamt nur 20.000 Geschosse auf Lager hat. Zum Vergleich: In der Hochzeit der russischen Sommeroffensive 2022 im Osten der Ukrainer verschossen Putins Truppen bis zu 40.000 Granaten – pro Tag. Weite Teile der Ostukraine gleichen inzwischen einem riesigen Kraterfeld. Die Ukraine musste sich lange Zeit mit einer Rate von 2000 Schuss pro Tag behelfen.

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Ein Jahr später hat sich das Kräfteverhältnis zumindest bei der Artillerie gedreht. Russland muss durch den hohen Munitionsverbrauch im vergangenen Jahr und durch die ukrainischen Angriffe auf Depots Munition rationieren. Die Ukraine verschießt derzeit 8000 Geschosse pro Tag, vor allem um gegnerische Artilleriesysteme zu zerstören und die Verteidigungslinien der Russen zu schwächen. Der Militärexperte Stefan Gady, gerade von einer Recherchereise aus der Ukraine zurück, sagt dazu: „Russland muss tatsächlich seine Munition rationieren, die Ukrainer sind mittlerweile bei der Rohrartillerie beziehungsweise den Haubitzen überlegen.“ Bei den Raketenwerfern habe Russland im Süden aber immer noch mehr Feuerkraft.

Die Frage ist: Wird das so bleiben? Russland will pro Jahr eine Million Geschosse für seine Artillerie produzieren, sagt der Militäranalyst Konrad Muzyka. Aber auch der Westen hat auf die „feuerbasierte“ Kriegsführung der Ukraine reagiert. Allein das deutsche Unternehmer Rheinmetall plant, die Produktion auf 600.000 Geschosse pro Jahr hochzufahren. Aus den USA könnten aktuell 300.000 Stück pro Jahr kommen und 2025 schon mehr als eine Million. Zumindest hier dürfte also Putins Plan für einen langen Krieg nicht aufgehen.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Die Ukraine ist in Kiew und anderen Teilen des Landes nach Behördenangaben in der Nacht erneut von Russland mit Drohnen angegriffen worden. In der Schwarzmeerregion Odessa traf ein Teil der Drohnen die Hafeninfrastruktur, wie die Flugabwehr mitteilte. Insgesamt seien 23 Drohnen vernichtet worden. Mehr hier.
  • Die Verstimmung zwischen Polen und der Ukraine mit der gegenseitigen Einbestellung der Botschafter wirkt nach. Die Ukraine müsse sich im Klaren sein, dass es für Polen deutlich schwieriger werde, die Unterstützung fortzusetzen, wenn es zu „solchen Streitigkeiten“ komme, so der Vorsitzende des Außenausschusses im polnischen Parlament. Mehr hier.
  • Die russischen Streitkräfte haben erneut ukrainische Getreide-Häfen an der Mündung der Donau ins Schwarze Meer angegriffen. Im Hafen Ismajl im Donau-Delta sei ein Getreidesilo beschädigt worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Kiew. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Russland und Belarus schicken gezielt Migranten über die „Ostroute“ von Polen an die deutsche Grenze. Die Polizeigewerkschaft warnt vor den Folgen. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Polen hat Belarus vorgeworfen, mit Hubschraubern in den polnischen Luftraum eingedrungen zu sein - und hat daraufhin die Zahl der Soldaten an der Grenze erhöht. Zwei belarussische Hubschrauber, die in der Nähe der Grenze trainiert hätten, hätten den polnischen Luftraum verletzt, hieß es. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Russland baut für den Krieg gegen die Ukraine nach Einschätzung britischer Geheimdienste erstmals in größerem Maßstab neue Kampfeinheiten auf. In den vergangenen zwei Monaten seien wahrscheinlich mehrere Formationen gebildet worden, darunter die 25. Armee, hieß es. Mehr dazu hier.
  • Geparkte Hubschrauber in Berdjansk: Die effektiven Hubschrauber sind eins der bestgehüteten Waffensysteme der Russen. Die Ukrainer wissen, wie sie dagegen vorgehen können. Nur fehlt es am versprochenen Material. Mehr hier. 
  • Beamte des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums gehen davon aus, dass die ukrainische Gegenoffensive möglicherweise bis in den Winter hinein dauern wird. Das berichtet das US-amerikanische Nachrichtenportal „Politico“. Dies und mehr in unserem Newsblog.
  • Seitdem Russland Exporte aus ukrainischen Schwarzmeer-Häfen de facto unmöglich gemacht hat, wird Weizen in der Südukraine über die Straße transportiert. Die Spediteure versuchen, ihre Ausfuhren über die kleinen ukrainischen Donau-Häfen Ismajil und Reni abzuwickeln, doch die Häfen sind überfordert. Zudem sind sie Ziel russischer Angriffe.
  • Estland, Lettland und Litauen wollen ihre bislang ans russische Energiesystem gekoppelten Stromnetze im Februar 2025 mit dem übrigen Kontinentaleuropa synchronisieren. Darauf einigten sich die Netzbetreiber der drei Staaten, wie das litauische Energieministerium am Mittwoch mitteilte. 
  • In Russland sind erneut Kreiswehrersatzämter Ziele von Brandanschlägen geworden. In der Nähe von St. Petersburg soll ein 76-Jährigereine solche Militäreinrichtung mit Molotow-Cocktails angegriffen haben, berichtet das Internetnachrichtenportal Fontanka.ru.
  • Russland hat am Mittwoch den Start von Militärübungen in der Ostsee verkündet. Das Manöver „Ocean Shield 2023“ sei unter Beteiligung von mehr als 30 Kampf- und anderen Schiffen, 20 Unterstützungsschiffen, 30 Flugzeugen und rund 6000 Militärangehörigen gestartet, erklärte das russische Verteidigungsministerium. 

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