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Mit den Mehrfachraketenwerfern Himars könnten die Ukrainer bald noch mehr Schaden anrichten.

© AFP/Andrew Leeson

Geparkte Hubschrauber in Berdjansk: Warum die Ukrainer eine der wichtigsten russischen Militärbasen nicht angreifen

Die effektiven Hubschrauber sind eins der bestgehüteten Waffensysteme der Russen. Die Ukrainer wissen, wie sie dagegen vorgehen können. Nur fehlt es am versprochenen Material.

Dem russisch besetzten Flughafen von Berdjansk kommt in der Verteidigung gegen die ukrainische Gegenoffensive eine bedeutende Rolle zu. Die Russen parken in der besetzten Hafenstadt am Schwarzen Meer eine Reihe von Militärhubschraubern, mit denen sie gerade zu Beginn der Offensive im Juni die Vorstöße der Ukrainer stoppten – allerdings auch schwere Verluste hinnehmen mussten.

Während es den Ukrainern im Zuge ihrer Offensive gelang, einige russische Kommandoposten und Munitionsdepots zu beschädigen, blieb der Flughafen in Berdjansk unversehrt. Doch warum?

Das liegt nicht nur daran, dass sich Berdjansk weniger als 100 Kilometer weit hinter der Frontlinie befindet. Schließlich besitzt die Ukraine Langstreckenraketen, die den Flughafen ins Visier nehmen könnten. Die Lage ist deutlich komplexer.

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Wie ein ukrainischer Reserveoffizier, der sich auf Twitter „Tatarigami_UA“ nennt, schreibt, gibt es zwei Gründe, warum die Ukrainer die Helikopter derzeit nur schwer angreifen können. Die Maßnahmen, die Russland getroffen hat, zeigen, wie wichtig die Hubschrauber sind.

  • Das russische Militär lässt bewusst viel Platz zwischen den einzelnen Hubschraubern. Das macht es nahezu unmöglich, mehrere Helikopter mit einem Schlag auszuschalten. Weil die Ukrainer nur eine begrenzte Anzahl an Langstreckenraketen haben, und diese teuer sind, rechnet sich ein solcher Schlag nicht.
  • Die russische Luftabwehr über dem Flughafen schützt die Helikopter. Dass die teuren Langstreckenraketen ihr Ziel überhaupt erreichen, ist daher eher unwahrscheinlich. Ein kombinierter Angriff mit Drohnen wäre zwar erfolgversprechender, allerdings noch kostenintensiver.

Eine mögliche Lösung, die der ukrainische Reserveoffizier nennt: Ground-Launched Small Diameter Bombs – kurz GLSDB. Diese haben eine Reichweite von bis zu 150 Kilometern und können ihre Richtung ändern, also auch Luftabwehrsystemen ausweichen. Die Ukrainer befinden sich durch ihre Fortschritte der Gegenoffensive bereits weniger als 120 Kilometer von Berdjansk entfernt. Zudem werden sie mit Himars-Mehrfachraketenwerfern abgefeuert, die die Ukrainer bereits besitzen.

Der australische Ex-General und Militäranalyst Mick Ryan sagte dem Tagesspiegel bereits im Februar, welch große Wirkung die GLSDB im Krieg haben könnten. „Es ist gut möglich, dass Russland durch die US-Lieferungen von GLSDB seine Logistik und die Platzierung von Kontrollzentren ähnlich anpassen muss wie im vergangenen Sommer“, sagte er.

Damals schickte Washington erstmals Himars-Mehrfachraketenwerfer samt Raketen an Kiew. Binnen weniger Wochen wurden zahlreiche russische Munitionslager, Kommandozentren und Truppensammelpunkte zerstört. Sukzessive schnitt die Ukraine die feindlichen Truppen von den Versorgungslinien ab und bereitete so die Rückeroberung der Gebiete in Charkiw und in Cherson vor.

Ein solches Szenario könnte die ukrainische Gegenoffensive massiv beschleunigen. Erst mit einiger Verzögerung gelang es Russland nämlich damals, seine Logistik mehr und mehr zu dezentralisieren und aus der Reichweite der Himars zu verlegen.

Das Problem: Die USA haben die Lieferung der GLSDB zwar schon im Februar angekündigt – sie sollen aber erst im Herbst eintreffen.

Ein Grund dafür könnte sein, dass die US-Amerikaner erst genügend Raketen produzieren müssen. Noch sind die Präzisionsraketen nirgends – nicht einmal von der US-Armee – eingesetzt worden. „Die Ukraine wird Dutzende oder gar Hunderte der Raketen brauchen, um auf dem Schlachtfeld einen spürbaren Effekt zu erzielen“, sagte Ryan dem Tagesspiegel. Bis dahin müssen die Ukrainer kreativ werden, um die parkenden Helikopter effektiv anzugreifen.

Mitarbeit: Benjamin Hirsch

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