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Ukrainische Soldaten nehmen an einer militärischen Ausbildung teil.

© dpa/Peter Druk

Ukraine-Invasion Tag 559: Ein ukrainischer Soldat spricht über die Schwächen der Nato-Ausbildung

General Surowikin wieder öffentlich gesichtet, Rheinmetall liefert Munition für Geparden, albanischer Regierungschef sorgt mit makabrem Witz für Lacher. Der Überblick am Abend.

Die russischen Angriffswellen ganz im Osten der Ukraine sind inzwischen abgewehrt, größere Gebietsgewinne gab es für Moskaus Truppen in den vergangenen Wochen dabei wenige. Die Gefechte im Osten spielten in der Berichterstattung kaum eine Rolle, zu sehr lag die Konzentration auf den Ereignissen im Süden.

Auf ukrainischer Seite kämpfen im Osten vielfach Rekruten ohne jegliche militärische Erfahrung, aber mit einigen Wochen Ausbildung bei westlichen Armeen, auch in Deutschland. Das ukrainische Nachrichtenportal „Kyiv Independent“ (Quelle hier) hat nach der russischen Offensive mit einigen von ihnen gesprochen. Viele sind von den Ereignissen des russischen Angriffs traumatisiert. Einer von ihnen, genannt Ihor, berichtet, wie die Russen die ukrainische Verteidigungsposition in einem Dorf mit Drohnen ausgespäht hätten.

Dann sei der Angriff mit Granaten und Artillerie erfolgt, die einzige Verbindungsstraße sei so abgeschnitten worden. Verstärkung, Nachschub oder gar die Evakuierung Verwundeter seien nicht mehr möglich gewesen. Dann hätte eine Gruppe russischer Elitesoldaten angegriffen. Ihors Einheit konnte sie zwar abwehren, aber mit hohen Verlusten. „Ich habe dort Waffenbrüder verloren“, sagt Ihor. „Ich war seither nicht mehr dort und will auch nicht mehr zurück. Was ich dort erlebt habe, war das reinste Chaos.“

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Ihor absolvierte seine Kurzausbildung in Deutschland. Vor allem lobt er den Kurs in medizinischer Notfallhilfe – Standard in westlichen Armeen, aber kaum gelehrt in postsowjetischen Armeen. Allerdings würden die westlichen Ausbilder sie auf den falschen Krieg vorbereiten, keiner habe eine Ahnung, wie in der Ukraine gekämpft werde. Es gebe keine Lufthoheit und auch keine Waffenüberlegenheit. Die Infanterie kommt in der westlichen Militärdoktrin erst am Schluss in den Kampf, in der Ukraine meist zuerst.

„Ein Nato-Infanterist weiß, dass er unterstützt wird, und kann in der Gewissheit vorrücken, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht getötet oder verstümmelt wird“, sagt Ihor. Das sei im Krieg gegen Russland anders. In der Ukraine gehe es vor allem darum, gegnerische Schützengräben zu erobern, im Training habe man den Stadtkampf geübt. Sein Wunsch: Die westlichen Ausbilder sollten Zeit in der Ukraine verbringen, um das Training besser auf die Situation vor Ort abzustimmen. Auch hätten die Übersetzer beim Training häufig keine militärischen Kenntnisse, was es schwierig mache, Kommandos korrekt zu verstehen und zu üben.

Wie der „Kyiv Independent“ schreibt, teilen viele Soldaten in anderen Einheiten Ihors Erfahrung. Nato-Vorgaben für Manöver mit kleinen Gruppen könnten kaum umgesetzt werden, weil es an Luft- und Artillerieunterstützung fehle. Ein vom „Kyiv Independent“ zitierter ehemaliger US-General teilt die Einschätzung, dass die Ausbildung in westlichen Staaten für ukrainische Soldaten noch nicht perfekt sei. Allerdings sei sie besser, als das, was die ukrainische Armee derzeit bieten könne.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Der nach der Revolte der Wagner-Söldner offenbar in Ungnade gefallene russische General Sergej Surowikin soll erstmals wieder gesichtet worden sein. Die bekannte TV-Moderatorin Ksenia Sobtschak veröffentlichte ein Foto, das den General zu zeigen scheint. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Albanischer Regierungschef sorgt mit makabrem Witz für Lacher: Hatte Russlands Präsident Putin etwas mit dem Tod von Ex-Wagner-Chef Prigoschin zu tun? Diese verbreitete Spekulation hat Edi Rama nun genutzt, um einen Witz zu erzählen. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Das Rüstungsunternehmen Rheinmetall hat erstmals Munition für den Flugabwehrpanzer „Gepard“ an die Ukraine geliefert. Eine erste Charge sei auf den Weg gebracht worden, teilte das Unternehmen mit. Es sollen weitere Chargen folgen, bis Jahresende insgesamt 40.000 Schuss. Mehr dazu hier.
  • Die Lage an der südlichen Front entwickelt sich offenbar weiter positiv für die ukrainische Armee. Es sei ihr gelungen, die erste russische Verteidigungslinie nahe Werbowe zu durchdringen. Das berichtet der Militärhistoriker Emil Kastehelmi auf X, vormals Twitter. Mehr in unserem Newsblog.
  • Im Ukraine-Krieg sind einer Studie zufolge allein im Jahr 2022 mindestens 916 Menschen durch Streumunition verletzt oder getötet wurden. Wie aus dem jährlichen Bericht der Beobachtungsstelle für Streumunition hervorgeht, waren weltweit 1172 Menschen von der Munition betroffen.
  • Die russische Flugabwehr hat in der Nacht nach offiziellen Angaben Drohnen im Südwesten, Westen und Nordwesten Moskaus abgefangen. „Heute Nacht haben die Flugabwehrkräfte Drohnen im Gebiet Kaluga und im Landkreis Istra vernichtet, die eine Attacke auf Moskau versucht haben“, schrieb Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin auf Telegram. 
  • Die von Russland angesetzten Wahlen in den besetzten Gebieten in der Ukraine sind nach Einschätzung britischer Regierungsexperten weder frei noch fair. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht des britischen Verteidigungsministeriums hervor.
  • Kuba hat nach eigenen Angaben ein mutmaßliches russisches Netzwerk zur illegalen Rekrutierung von Kubanern für „Militäroperationen in der Ukraine“​​​​​​​ aufgedeckt. Das Außenministerium in Havanna teilte mit, es arbeite an der Zerschlagung eines von Russland aus tätigen Schleusernetzwerks.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mitten in der laufenden Gegenoffensive unweit der Front die Gebiete Donezk und Saporischschja besucht. Er lobte dabei den Kampf der Soldaten zur Befreiung des Landes als „heldenhaft“.

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