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US-Soldaten neben einem Himars-System

© REUTERS/Ints Kalnins

Ukraine-Invasion Tag 576: USA erwägen Lieferung von Streuraketen an die Ukraine

Polens Regierungschef sieht sich falsch verstanden, EU gibt weitere 1,5 Milliarden Euro für die Ukraine frei, London sieht „ungewöhnlich starke Angriffe tief im Hinterland“. Der Überblick am Abend.

Die Debatte um die Lieferung von Streumunition für die Ukraine könnte demnächst eine Wiederauflage erleben. Wie die „Washington Post“ unter Bezug auf Regierungskreise berichtet, sind sich verschiedene US-Behörden einig, Raketen mit speziellen Sprengköpfen zu liefern, die eine Reichweite von bis zu 250 Kilometern haben können (Quelle hier). Solche Raketen lagern unter anderem auf US-Basen in Deutschland. Sie können von den schon in der Ukraine befindlichen Himars-Raketenwerfern abgefeuert werden.

Bis zu 2500 Stück soll es von den Raketen geben, sie werden nicht mehr von der US-Armee eingesetzt. Jede einzelne Rakete kann bis zu 950 Sprengladungen beinhalten. Die bisher aus den USA gelieferte Streumunition ist für Artilleriegeschütze bestimmt und hat mit 35 Kilometern eine vergleichsweise geringe Reichweite (mehr dazu hier). Dennoch hat sie schon erhebliche Auswirkungen auf das Kriegsgeschehen. 

Streumunition ist von 123 Ländern geächtet, allerdings nicht von den USA, der Ukraine und Russland. Das Problem mit dieser Art Munition: Ein bestimmter Prozentsatz der Kleinbomben, die in einer Granate oder Rakete stecken, explodiert beim Aufprall nicht und bleibt gefährlich. Bei den US-Modellen liegt die Zahl dieser Blindgänger laut Militärangaben bei rund 2,5 Prozent. Russische Streumunition soll bis zu 40 Prozent Blindgänger produzieren.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • „Auf denkbar schlechteste Weise interpretiert“: Nachdem der Streit zwischen Warschau und Kiew um Getreideexporte eskaliert war, kündigte Polens Regierungschef an, keine Waffen mehr zu liefern. Nun rudert der Präsident zurück. Mehr hier. 
  • Die Ukraine hat nach Angaben der russischen Seite das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte auf der annektierten Halbinsel Krim angegriffen. „Das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte ist bei einem feindlichen Raketenangriff getroffen worden“, teilte der Gouverneur der Stadt Sewastopol, Michail Raswoschajew, am Freitag auf Telegram mit. Die ukrainische Armee hat sich zu dem „erfolgreichen Angriff“ bekannt. Mehr hier. 
  • Die Europäische Union unterstützt die Ukraine mit weiteren 1,5 Milliarden Euro. Damit soll dem vom russischen Angriffskrieg betroffenen Land dabei geholfen werden, kritische Infrastruktur wie Straßen oder Brücken wieder aufzubauen und notwendige öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Schulen aufrechtzuerhalten. 
  • Ein russisches Militärgericht hat am Freitag einen Mann wegen kritischer Bemerkungen über Moskaus Militäroperation in der Ukraine und Botschaften gegen Präsident Wladimir Putin im Internet zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt. Wie ein Sprecher des Militärgerichts in der zentralrussischen Stadt Jekaterinburg der Nachrichtenagentur AFP bestätigte, muss Richard Rus zu acht Jahren Haft in einer Strafkolonie mit normalen Haftbedingungen verbüßen. 
  • Die Unterdrückung von Demokratie und Meinungsfreiheit in Russland hat nach Einschätzung der Vereinten Nationen ein „in der jüngeren Geschichte beispielloses Niveau“ erreicht. Es würden sowohl unabhängige Medien als auch die Zivilgesellschaft „und ganz allgemein jede abweichende Stimme“ unterdrückt, sagte am Freitag in Genf die UN-Sonderberichterstatterin Mariana Katzarova. 
  • Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó trifft nach eigenen Angaben mit dem russischen Chefdiplomaten Sergej Lawrow zusammen. Die Begegnung werde noch am Freitag am Rande der UN-Generalversammlung in New York stattfinden, sagt Szijjártó dem ungarischen Fernsehen.
  • Russland will einem Agenturbericht zufolge seine Verteidigungsausgaben im kommenden Jahr kräftig erhöhen. 2024 sollten diese wegen des andauernden Kriegs mit der Ukraine auf sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,9 Prozent im laufenden Jahr steigen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Zum Vergleich: Die Nato-Staaten haben sich bei den Verteidigungsausgaben ein Ziel von zwei Prozent des BIP gesetzt.
  • Der ukrainische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Andrii Yurasch, hat Papst Franziskus einen großen, teils zerrissenen Plüsch-Teddy geschenkt. Das Kuscheltier wurde in den Trümmern eines Hauses im ukrainischen Dnipro gefunden, wie das Online-Portal Vatican News (Freitag) berichtet. Bei dem russischen Angriff auf das Gebäude im Januar seien 46 Menschen gestorben. Der Teddy solle mit seinen Brandstellen und Rissen an die ukrainischen Kinder erinnern, die wegen des Kriegs nicht mehr spielen könnten. 
  • Die Ukraine meldet Opfer russischer Angriffe im Osten und Süden des Landes. In der Ortschaft Kurachowe in der Nähe von Donezk seien 13 Menschen verletzt worden, sagt der zuständige Verwaltungschef Roman Padun dem Sender Suspilne. 
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist nach seinem Aufenthalt in den USA zu einem unangekündigten Besuch im Nachbarland Kanada eingetroffen. Kanadas Premierminister Justin Trudeau begrüßte Selenskyj, als dieser am späten Donnerstagabend in Ottawa aus dem Flugzeug stieg, wie im kanadischen TV zu sehen war. Es ist Selenskyjs erster Besuch in Kanada seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022.
  • Die USA stellen der Ukraine zur Verteidigung gegen den Aggressor Russland weitere Militärhilfe bereit. Neu genehmigt werden Waffen und Ausrüstung im Wert von 128 Millionen Dollar (rund 120 Millionen Euro) aus Beständen des US-Militärs, wie das Außenministerium in Washington am Donnerstag mitteilte. Das Pentagon werde zudem Waffen und Ausrüstung im Wert von 197 Millionen US-Dollar bereitstellen, die bereits zuvor genehmigt wurden.
  • Bulgarien hat nach russischen Angaben den obersten Geistlichen der russisch-orthodoxen Kirche in Sofia einen russischen sowie zwei belarussische Priester des Landes verwiesen. Der bulgarische Inlandsgeheimdienst DANS meldete am Donnerstag lediglich die Ausweisung von drei Männern, denen die Umsetzung der „hybriden Strategie“ Russlands zur „Beeinflussung der gesellschaftlich-politischen Prozesse“ in Bulgarien zugunsten „russischer Interessen“ vorgeworfen werde.

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