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Dieses vom Presseamt des ukrainischen Präsidenten via ZUMA herausgegebene Bild zeigt Wolodymyr Selenskyj (M), Präsident der Ukraine, wie er während eines Besuchs in einem Kommandoposten an der Front über die Kriegssituation informiert wird.

© dpa/---

Ukraine-Invasion Tag 663: So könnte eine Strategie für den Sieg Kiews aussehen

Abhörwanze bei Oberbefehlshaber Saluschnyj gefunden, EU beschließt neues Sanktionspaket. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

die baltischen Länder sehen sich schon seit Jahren den Drohungen des Kremlherrschers Wladimir Putin ausgesetzt. Sie blicken deshalb vielleicht etwas realistischer darauf, wie sich Moskaus imperiale Bestrebungen einhegen lassen.

Genau das hat jetzt auch das estnische Verteidigungsministerium in einem 24-seitigen Report getan (Quelle hier). Der Titel: „Eine militärische Strategie für einen Sieg der Ukraine und eine Niederlage Russlands“.

Hier einige der wichtigsten Aussagen: 

  • In den kommenden zwei Jahren wird Russland nicht die militärischen Mittel haben, um eine Konfrontation mit der Nato zu bestehen – danach durchaus. 
  • Die Kriegskosten werden für Russland immer mehr zur Bürde, gleichzeitig gehen die Finanzierungsmöglichkeiten zurück. Rund zehn Milliarden Euro kostet der Krieg Russland pro Monat. Der Westen stellt Militärhilfe von monatlich rund fünf Milliarden Euro zur Verfügung. 
  • Sollte Russland den Krieg in den nächsten zwölf bis 18 Monaten gewinnen, würde es den Eindruck im Kreml bestätigen, dass der Westen zu schwach ist, um gegen Russland zu bestehen. 
  • Die wichtigste Maßnahme wird sein, zu verhindern, dass Russland den Krieg 2024 für sich entscheidet. Dafür muss die Ukraine das Jahr militärisch in die Defensive gehen. Und: Die Ukraine muss unter anderem den russischen Nachschub effektiv stören und Russlands Kontrolle über das Schwarze Meer verhindern. 
  • Um Russlands Offensivkapazitäten weiterhin gering zu halten, müssten alle sechs Monate 50.000 russische Soldaten verwundet oder verletzt werden. Zur Einordnung: Bisher liegt diese Verlustrate mit wahrscheinlich rund 75.000 Soldaten sogar deutlich darüber. 
  • Die ukrainischen Soldaten müssten besser als bisher in westlichen Kriegsstrategien geschult werden. Etwas, das bisher in den kurzen Ausbildungszeiten im Westen nicht gelang.
  • Zur Frage der Munitionslieferungen: 200.000 Schuss Artilleriemunition bräuchten die Ukrainer im Monat, um eine Feuerüberlegenheit gegenüber den Russen zu haben, heißt es in dem Bericht. Dafür müsste allein Europa im Laufe des Jahres 2024 die Produktion mehr als verdoppeln. Gelingt das nicht, wird Russland in diesem Bereich eine deutliche Überlegenheit haben. 4,5 Millionen Artilleriegeschosse könnte Russland laut estnischen Einschätzungen 2024 zur Verfügung haben. Eine ähnlich deutliche Überlegenheit könnte es bei der Munition von Mehrfachraketenwerfern geben. Bisher gebe es in diesem Bereich aber zu wenig Abstimmung unter den europäischen Ländern. 
  • Europa und die Nato-Staaten sollten eine gemeinsame Drohnenproduktion aufbauen, um die Nachfrage in der Ukraine zu decken. Ähnliches gilt für die Luftabwehr, wo mehr Kapazitäten und Munition benötigt werden. 
  • Die Sanktionen auf Öl- und Gasexporte müssten effektiver werden, um Russlands finanzielle Mittel stärker einzuschränken. 

Werde all das umgesetzt und noch einige weitere Maßnahmen, die im Bericht genannt sind, könnte der Krieg für die Ukraine in den „kommenden drei Jahren mehr oder weniger gewonnen werden“. Weiter heißt es in dem Bericht: „Die schiere Größe unserer (also der des Westens, Anm. d. Red.) politischen, wirtschaftlichen und militärischen Macht sollte einen Sieg über Russland garantieren.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Wegen des möglichen Abhörens von Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj hat der ukrainische Geheimdienst SBU Ermittlungen aufgenommen. Die Abhörvorrichtung sei in einer „Räumlichkeit gefunden worden, die er (Saluschnyj) zukünftig für die Arbeit hätte nutzen können“, teilte die Behörde mit. Mehr hier.
  • Die EU-Staaten haben ein neues Paket mit Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine beschlossen. Zu diesem gehört auch ein Einfuhrverbot für russische Diamanten, wie der Rat der Mitgliedstaaten in Brüssel mitteilte. Mehr dazu in unserem Newsblog.
  • Die Ukraine muss einem hochrangigen Militär zufolge wegen Munitionsmangels auch militärische Einsätze einschränken. „Es gibt ein Problem mit der Munition - besonders mit Artilleriegranaten aus post-sowjetischer Zeit der Kaliber 122 und 152 Millimeter. Die Knappheit existiert an der kompletten Frontlinie“, sagte Brigadegeneral Olexandr Tarnawskyj Reuters.
  • Die sinkenden Temperaturen verschärfen nach Angaben des Hilfswerks Unicef die Situation der Kinder in der Ukraine. Der Kälte seien viele Familien schutzlos ausgeliefert, erklärte das Hilfswerk. Immer wieder seien zahlreiche Familien zeitweise ohne Strom, Wasser und Heizung.
  • Das EU-Land Bulgarien wird den Import von Erdöl aus Russland am 1. März 2024 vorzeitig stoppen. Zudem soll schon ab 1. Januar 2024 der Export von Produkten aus russischem Erdöl eingestellt werden. Die Regierungsmehrheit im bulgarischen Parlament verabschiedete entsprechende Gesetzesänderungen. 
  • Polnische Lkw-Fahrer haben nach einer einwöchigen Unterbrechung die Blockade eines der Hauptübergänge an der ukrainischen Grenze wieder aufgenommen. Nach Angaben des polnischen Zollamtes betrug die Wartezeit am Übergang Dorohusk am Montag 68 Stunden.
  • Mitglieder russischer Sturmeinheiten werden nach britischer Einschätzung mit unverheilten Wunden und sogar nach Amputationen zurück in den Krieg gegen die Ukraine geschickt. Das britische Verteidigungsministerium berief sich in seinem täglichen Geheimdienst-Update auf „glaubwürdige Berichte“. 
  • Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Ukraine, General Walerij Saluschnyj, forderte in einem Interview mit Journalisten, dass die wegen Korruptionsvorwürfen entlassenen Militärkommisare wieder eingestellt werden sollten. Seiner Meinung nach „waren die regionalen Militärkommissare Profis, die wussten, wie man es macht“.
  • Eine in der Ukraine ansässige paramilitärische Gruppe bekennt sich zu einem Angriff auf die russische Region Belgorod. Die in Russland als terroristisch eingestufte Gruppe „Legion der Freiheit Russlands“ gibt an, einen Stützpunkt russischer Truppen in der Nähe des Dorfes Trebreno zerstört zu haben. 

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