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Ein ukrainischer Soldat springt am Ufer des Dnipro-Flusses an der Frontlinie nahe Cherson aus dem Boot (Archivfoto).

© dpa/Mstyslav Chernov

Ukraine-Invasion Tag 680: Ukrainer sind offenbar der Kriegsberichterstattung überdrüssig

Ukrainischer General warnt vor akutem Munitionsmangel, polnische Landwirte blockieren erneut Grenzübergang. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Je länger der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert, umso größer wird die Sorge vor einer gewissen Kriegsmüdigkeit. Nicht nur in Bezug auf das Ausland und die dringend benötigten Waffenlieferungen, sondern auch in Kiew selbst. Das Land hat etwa zunehmend Probleme, Soldaten für die Front zu finden, und auch beim Nachrichtenkonsum scheint sich dies bemerkbar zu machen. 

Die „New York Times“ hat sich jetzt in einem Bericht dem ukrainischen Nachrichtenangebot Telemarathon United News gewidmet. Das war zu Beginn des Kriegs ins Leben gerufen worden, um der russischen Desinformation entgegenzuwirken. Aber die Ukrainer werden dessen offenbar immer überdrüssiger. Und nicht nur das, es gibt auch Kritik, dass dort ein viel zu rosiges Bild vom Krieg gezeichnet wird (Quelle hier).

Das Programm von Telemarathon gestalten mehrere ukrainische TV-Sender gemeinsam, es wurde per Präsidialerlass eingeführt und wird zu rund 40 Prozent von der Regierung finanziert. Es werden Bilder von der Front gezeigt, Politiker, die im Ausland um Unterstützung werben, auch Regierungsvertreter treten regelmäßig dort auf. Zu Beginn des Kriegs, so schreibt die „New York Times“, sah die Mehrheit der Ukrainer das Projekt als lebenswichtig an. Dort erhielten sie Informationen dazu, wo die Kämpfe stattfanden, wo sie Schutz suchen konnten oder auch, wann sie evakuiert werden sollten. 

Inzwischen aber haben sich die Ansichten der Zuschauer gewandelt, heißt es in dem Bericht weiter.  So beschwerten sich viele Zuschauer, dass die patriotischen Untertöne des Programms inzwischen stark übertrieben würden, es würde als das Sprachrohr der Regierung verspottet. Besorgniserregende Entwicklungen an der Front oder die schwindende Unterstützung aus dem Westen würden ausgeblendet – und die Bürger nicht auf einen womöglich langanhaltenden Krieg vorbereitet. 

So hätten manche die Berichterstattung über die ukrainische Gegenoffensive als zu optimistisch empfunden, man habe den Eindruck erweckt, dass das Militär schnell durch die feindlichen Linien kommen würde – das Gegenteil war aber der Fall.

Das macht sich inzwischen auch bei den Einschaltquoten bemerkbar: Während diese zu Beginn bei rund 40 Prozent gelegen hätten, seien sie inzwischen auf etwa zehn Prozent gesunken. Auch das Vertrauen in das Programm sei laut einer Umfrage gesunken – von 69 Prozent im Mai 2022 auf 43 Prozent im vergangenen Monat.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Abgeordnete des ukrainischen Parlaments müssen vor Dienstreisen ins Ausland die Inhalte ihrer öffentlichen Reden mit dem Außenministerium abstimmen. Das ordnete Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk an, wie von der Website Liga.net hervorgeht. Mehr hier.
  • Für Russland in der Ukraine kämpfende Ausländer sollen künftig die russische Staatsbürgerschaft erhalten können. Ein entsprechendes Dekret unterzeichnete Präsident Wladimir Putin am Donnerstag. Auch die Familien der Kämpfer – Eheleute, Kinder und Eltern – sollen diese Möglichkeit erhalten. Mehr im Liveblog.
  • Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr Genehmigungen für Rüstungsexporte in Rekordhöhe erteilt. Wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte, gab es 2023 nach vorläufigen Zahlen Einzelgenehmigungen im Wert von rund 12,2 Milliarden Euro. Davon entfiel mit 4,4 Milliarden Euro über ein Drittel auf die Unterstützung der Ukraine.
  • Bei einem russischen Raketenangriff auf die Zentralukraine sind ein Mensch getötet und acht weitere Menschen verletzt worden. Ziel sei die Stadt Kropywnyzkyj gewesen, teilte Gouverneur Andrij Raikowytsch mit. 
  • Polnische Landwirte haben offenbar erneut einen Grenzübergang zur Ukraine blockiert. Mit ihrer Protestaktion wollen die Landwirte staatliche Subventionen für Mais sichern und Steuererhöhungen verhindern. Sie hatten ihren Protest am Grenzübergang Medyka am 24. Dezember zunächst ausgesetzt. 
  • Nach den jüngsten massiven russischen Luftangriffen auf die Ukraine wollen das angegriffene Land und die Nato kommende Woche zu Beratungen zusammenkommen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg werde am kommenden Mittwoch eine Sitzung des Nato-Ukraine-Rats einberufen, teilte ein Sprecher mit.
  • In der Republik Moldau sind laut der ukrainischen Polizei Schleuser aufgegriffen worden, die Ukrainern geholfen haben sollen, der Einberufung in die Armee für den Kampf gegen Russland zu entkommen. Zwei Mitglieder „einer kriminellen Gruppe“ seien beim Transport von vier Ukrainern festgenommen worden, hieß es.
  • Der parlamentarische Ausschuss für nationale Sicherheit und Verteidigung hat mit der Prüfung des Gesetzentwurfs zur Änderung der Regeln für die Mobilisierung und den militärischen Dienst begonnen. Nach Angaben eines Ausschussmitglieds werden die Beratungen drei Tage lang stattfinden.
  • Nach dem bisher größten Kriegsgefangenenaustausch zwischen der Ukraine und Russland hofft Kiew auf die Rückkehr weiterer inhaftierter Kämpfer in ihre Heimat. In den nächsten Wochen könnten noch mehr Helden nach Hause zurückkehren, sagte der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinez im Fernsehen in Kiew. „Es steht die Aufgabe, absolut alle zurückzuholen“, sagte er.
  • Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber fordert die Bundesregierung zur Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine auf. „Weitere Unterstützung wie die Lieferung deutscher Taurus-Raketen ist überfällig“, sagte Weber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. 
  • Der ukrainische General Serhij Najew hat vor akutem Munitionsmangel der Luftabwehr seines Landes gewarnt. Derzeit reiche die Munition für die mobilen Flugabwehrsysteme der Ukraine zwar aus, „um den nächsten heftigen Angriffen standzuhalten“, sagte Najew der AFP. Mittel- und langfristig brauche die Ukraine aber „natürlich die Hilfe der westlichen Länder, um die Raketenbestände wieder aufzufüllen“.  

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