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Großbritannien streitet derzeit über den richtigen Umgang mit China.

© AFP/JUSTIN TALLIS

Chinesische Spione in Westminster? : Zwei konservative Parlamentsmitarbeiter von Scotland Yard verhaftet

Nach Spionage-Vorwürfen gegen konservativen Parlamentsmitarbeiter streitet das politische London über die britische China-Politik – und den richtigen Umgang damit.

Großbritannien streitet über die richtige Strategie gegenüber China. Am Wochenende waren Vorwürfe gegen einen früheren Parlamentsmitarbeiter bekannt worden: Dieser soll im Herzen der britischen Demokratie für die nationalkommunistische Diktatur spioniert haben.

Auf dem rechten Flügel der konservativen Regierungspartei von Premier Rishi Sunak gibt es bis ins Kabinett hinein schwere Bedenken gegenüber dessen vorsichtige Wiederannäherung an Peking. Auch die Opposition beklagt Versäumnisse: „Wer soll ihm noch zutrauen, das Land zu beschützen?“ fragte der Labour-Vorsitzende Keir Starmer in Richtung des Regierungschefs am Mittwoch im Parlament.

Der unter Verdacht geratene 28-Jährige fungierte als Mitarbeiter der konservativen Leiterin des auswärtigen Ausschusses im Unterhaus, Alicia Kearns, sowie als Direktor der „China-Forschungsgruppe“ (CRG), die von Kearns‘ Vorgänger Tom Tugendhat mitgegründet wurde. Tugendhat, Staatssekretär für Sicherheit im britischen Innenministerium, ist das prominenteste Mitglied der fünf britischen Parlamentarier, die vom Pekinger Regime wegen „Lügen und Desinformation“ – also unter anderem Kritik an der Kommunistischen Partei – mit Einreiseverboten belegt wurden.

Wer soll ihm noch zutrauen, das Land zu beschützen?

Keir Starmer, Labour-Abgeordneter, bei der Parlamentsdebatte zum Umgang von Premier Rishi Sunak mit China

Scotland Yard nahm den 28-Jährigen sowie einen zweiten Mann im März unter dem Verdacht von Verstößen gegen das Geheimhaltungsgesetz fest. Beide Männer befinden sich auf freiem Fuß, die Kronanwaltschaft hat noch nicht über eine Anklage entschieden. Der Absolvent eines Geschichtsstudiums an der schottischen Elite-Uni St. Andrews galt im Londoner Regierungsviertel Westminster als geübter Networker. Über seinen Anwalt beteuerte er, „vollkommen unschuldig“ zu sein.

„Jeder, der mit ihm zu tun hatte, ist sauer und fühlt sich exponiert“, sagte ein ehemaliger Kollege dem Magazin „Politico“.

Als „Herausforderung unserer Epoche“ bezeichnete Premier Sunak China im März, verweigerte aber ausdrücklich die Benutzung des Wortes „Bedrohung“. Der frühere Banker und Ex-Finanzminister hat eine Wiederannäherung an Peking eingeleitet, nachdem London unter dem Ex-Premier Boris Johnson (2019-22) – schon viel früher als Frankreich oder Deutschland – größere politische Distanz zu Peking verfolgt hatte.

Im Sommer 2020 hatte Johnson aufgrund von Sicherheitsbedenken den chinesischen Telekom-Riesen Huawei von der Beteiligung am 5G-Mobilfunknetz ausgeschlossen und den Bau einer riesigen Dependance des Internet-Unternehmens TikTok für 3000 Beschäftigte gestoppt.

Auf die Einführung des drakonischen Sicherheitsgesetzes in Hongkong reagierte die britische Regierung mit einem Angebot zu erleichterten Einreise und Einbürgerung für bis zu drei Millionen Bewohner der früheren Kronkolonie. Mit Kritik an den systematischen Menschenrechtsverletzungen gegen muslimische Minderheiten, wie die Uiguren, in der westlichen Provinz Xinjiang wurde nicht gespart.

Am Rande des G20-Gipfels teilte Premier Sunak nun seinem Kollegen Li Qiang seine „erheblichen Bedenken gegen chinesische Einflussnahme auf die parlamentarische Demokratie Großbritanniens“ mit. Peking wies alle Vorwürfe zurück. Labour fordert nun eine komplette Bestandsaufnahme der bilateralen Beziehungen.

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