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Kuscheln in der Wohnküche: Pflegefachkraft Dominic R. mit Niccolo, Katja Schröther mit Gabriel

© Gerd Nowakowski

Kinder-Hospiz in Berlin-Friedrichshain: Wo das Leben geliebt wird

Beim „Berliner Herz“ in Friedrichshain widmen sich 30 Hauptamtliche und 80 Ehrenamtliche Kindern mit einer „lebensverkürzender Erkrankung“.

Die Wände hängen voller kunterbunter Kinderzeichnungen und in dem großen Aufenthaltsraum mit dem langen Aquarium, liebevoll Wohnküche genannt, wird vorgelesen oder kuscheln Kinder auf dem Sofa. Auch Geburtstag wird hier regelmäßig gefeiert, erzählt Katja Schröther. „Wir lieben das Leben und feiern gerne“ , sagt sie. Deswegen gab es kürzlich auch ein großes Frühlingsfest.

Da waren Eltern, Kinder und viele Ehrenamtliche zusammen, haben gegrillt, Kuchen gegessen, einen Quiz veranstaltet und vor allem wurden im neuen Kleintiergehege die Kaninchen gestreichelt. Nicht gerade das, was im allgemeinen von einem Hospiz für Kinder mit „lebensverkürzender Erkrankung“ erwartet wird? Genau darum aber geht es hier so lebendig zu im Haus der sterbenskranken Kinder in Friedrichshain, das in einem ein paar Jahre alten Neubau nicht weit von der verkehrsumtosten Karl-Marx-Allee ein Refugium der Ruhe ist. Das Hospiz wird vom Humanistischen Verband betrieben, das auch noch drei Hospize für Erwachsene unterhält.

Eine Auszeit für die Eltern

Mehr als 30 hauptamtliche Mitarbeiter:innen und rund 80 Ehrenamtliche kümmern sich im Kinderhospiz „Berliner Herz“ rund um die Uhr um die neun Plätze. Fünf Kinder sind hier dauerhaft untergebracht, vier Plätze stehen für Kinder bereit, die sich nur zeitweise hier aufhalten – etwa während der Nacht, damit die Eltern auch einmal durchschlafen können, obwohl ihr Kind alle Stunde eine medizinische Behandlung benötigt. Kinder werden hier auch stationär betreut, wenn Eltern eine Auszeit benötigen, um selbst wieder neue Kräfte zu sammeln oder mit den anderen Kindern der Familie in Urlaub zu fahren.

Denn auch das ist nötig, damit nicht die ganze Familie unter der Belastung leidet. Zur Arbeit der Mitarbeiter:innen gehört deshalb auch, den Eltern das schlechte Gewissen zu nehmen, dass sie ihre kranken Kinder im Stich lassen, wenn sie sich eine Auszeit gönnen. Es ist aber auch möglich, dass Eltern in einem Zimmer gemeinsam mit ihrem Kind übernachten.

Ein Erinnerungsbaum mit Fotos

Im Haus erhalten die Kinder außer medizinischer Betreuung und Zuwendung auch Anregungen durch Zeichenunterricht oder durch Musikstunden. Kinder würden heutzutage dank des medizinischen Fortschritts viel älter als früher, erzählt Katja Schröther. Dass der Tod hier trotz der ausgestrahlten Lebensfreude dazugehört und nicht ausgeblendet wird, davon zeugt im Eingangsbereich das Erinnerungsfenster mit dem Foto eines kürzlich verstorbenen Mädchens oder der Erinnerungsbaum mit zahlreichen Fotos. „Ganz wichtig ist deshalb, dass alles lebt und in Erinnerung bleibt“, sagt Schröther, die selber eine kleine Tochter hat. Ganz wichtig seien deswegen für die Eltern, die Familie und das kranke Kind „selbstbestimmte, gute letzte Tage“.

Einige ehrenamtlich Engagierte packen im Haus an und unterstützen die Arbeit auf vielfältige Weise, sind aber nicht im direkten Kontakt mit dem häuslichen Umfeld der Familien. Manchen Menschen sei die daraus entstehende enge Bindung emotional zu anstrengend, sagt Katja Schröther. Wer aber mit Kindern direkt Kontakt hat, ihnen vorliest, mit ihnen spazieren geht oder auch die Familien in deren Wohnung besucht, der muss einen speziellen Qualifizierungskurs absolvieren. Unter den Ehrenamtlichen sind Studierende ebenso zu finden wie ältere Menschen, deren eigene Kinder aus dem Haus sind und die der Gesellschaft etwas zurückgeben wollten, erzählt Katja Schröther. Sie empfänden ihren Einsatz als „sinnstiftend“ und seien davon „beeindruckt, wie viel Kraft die Familien hätten trotz der Ungewissheit, wie lange ihr Kind noch lebt“.

Der Tod spielt eben immer eine Rolle. Trotzdem erzählen Ehrenamtliche von emotionalen Momenten der Freude. Eine Frau berichtet davon, wie sie sich freut, wenn ein Kind mit einem wohligen Brummen darauf reagiert, dass sie ihm die Füße massiert.

Die Verbindung mit dem Hospiz hält zuweilen auch an, wenn ein Kind verstorben ist. Adam K., der Vater eines verstorbenen Kindes, engagiert sich weiterhin. Er unterstützt das Hospiz, packt in der Einrichtung an, liest anderen Kindern vor oder und geht mit ihnen spazieren. Auch die ältere Schwester eines verstorbenen Kindes engagiert sich nun als Botschafterin für das „Berliner Herz“. Sie sei dankbar, so sagt sie über ihre Motivation, weil sie im Hospiz so viel Positives erlebt habe und selber aufgefangen wurde, wenn es ihr und der Familie schlecht ging.

Den größten Teil der Kosten für das Haus, die Behandlungen und die Angestellten übernehmen die Krankenkassen, aber ohne Spenden geht es nicht beim „Berliner Herz“. Im Flur hängt eine lange Reihe von Herzen, die jeweils den Namen eines Spenders tragen. Firmen sind auch dabei, aber die meisten Unterstützer sind Privatpersonen. Wer genau hinschaut, entdeckt auch Prominente. So etwa den Rapper Marteria, den Rammstein-Keyborder „Flake“ Lorenz oder die „Bauer-sucht-Frau“-Moderatorin Inka Bause.

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