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Der Philosoph Jürgen Habermas, 94

© picture alliance / dpa/SIMELA PANTZARTZI

Reaktion auf Hamas-Terror: Jürgen Habermas hält Israels Gegenschlag für „prinzipiell gerechtfertigt“

Deutschlands bekanntester und maßgeblicher Philosoph verurteilt antisemitische Reaktionen auf Israels Vorgehen gegen die Hamas im Gaza-Streifen. Er kritisiert den Vorwurf, Israel hege „genozidale Absichten“.

Im Vergleich zu seinem Essay, den Jürgen Habermas Anfang des Jahres zum Krieg in der Ukraine und deutschen Waffenlieferungen geschrieben hat, ist sein Statement zum Krieg im Nahen Osten und Israels Reaktion auf den Hamas-Terror vom 7. Oktober extrem kurz.

Doch die drei Absätze, die der 94-jährige Philosoph zusammen mit dem Juristen und Rechtstheoretiker Klaus Günther, der Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff und dem Sozialphilosophen Rainer Forst verfasst hat, sind klar und deutlich, durchaus auch abwägend. Sie liegen, wie es heißt, „der recht verstandenen Solidarität mit Israel und Jüdinnen und Juden in Deutschland zugrunde.“

Erschienen auf der Website des Forschungszentrums „Normative Orders“ der Frankfurter Goethe-Universität und überschrieben mit dem Titel „Grundsätze der Solidarität. Eine Stellungnahme“ sprechen Habermas und seine drei Mitverfasser von einem „prinzipiell gerechtfertigten Gegenschlag“ Israels auf den „an Grausamkeit nicht zu überbietenden Angriff der Hamas“. Aber: „Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Vermeidung ziviler Opfer und der Führung eines Krieges mit der Aussicht auf künftigen Frieden müssen dabei leitend sein“.

Das Existenzrecht Israels gehört zu Deutschlands politischer Kultur

Einer der weiteren Grundsätze lautet, dass Israels Vorgehen „in keinster Weise“ antisemitische Reaktionen rechtfertige, schon gar nicht in Deutschland. Zum Selbstverständnis der Bundesrepublik gehöre eine politische Kultur, „für die im Lichte der Massenverbrechen der NS-Zeit jüdisches Leben und das Existenzrecht Israels zentrale, besonders schützenswerte Elemente sind.“ Des Weiteren weiter sei das Bekenntnis dazu „für unser politisches Zusammenleben fundamental“.

Von „elementaren Rechten“ auf Freiheit, körperliche Unversehrtheit und Schutz vor Rassismus sprechen die vier Wissenschaftler noch und dass diese „unteilbar“ seien, daran müssten sich auch diejenigen orientieren, „die antisemitische Affekte und Überzeugungen hinter allerlei Vorwänden kultiviert“ hätten und diese nun „ungehemmt“ ausprächen. Die Maßstäbe würden – bei aller Sorge um das Schicksal der palästinensischen Zivilbevölkerung – verrutschen, „wenn dem israelischen Vorgehen genozidale Absichten zugeschrieben werden.“

Der Ton dieser Stellungnahme ist ein angenehm nüchterner. Bei den zunehmend hitziger werdenden Debatten und tiefer werdenden Gräben wirkt er angemessen. Diese „Stellungnahme“ positioniert sich klar für Israel und das jüdische Leben und verurteilt gerade auch die subtilsten Antisemitismusanwandlungen. All das aber mit Augenmaß.

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