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Die Brandenburger Rapperin Badmómzjay.

© Universal/Jesko Gorgas

Berliner Konzert von Badmómzjay: Teen Queen der Herzen

Harter Rap, weicher Kern. Bei ihrem Konzert im Ufo im Velodrom gleicht Badmómzjay technische Pannen mit Talent und Tränen aus.

Leere Rotkäppchenflaschen, Aldi-Schokokekse und Energy-Drinks. Am Müll, der sich vorm Velodrom aufgetürmt hat, lässt sich unschwer erkennen: Hier waren Teenies. Stundenlang warteten viele in der Kälte auf Einlass, um sich einen Platz ganz vorne beim Konzert von Badmómzjay zu sichern.

Die 20-jährige Rapperin ist das Idol vieler jungen Menschen, vor allem Mädchen. Als „Teen Queen so wie Steffi Graf“ bezeichnet sie sich in einem ihrer Songs, auf ihrem Instagram-Account zeigt sie ein Video der langen Schlange an Fans, die am Sonntagabend vor der Halle in Lichtenberg stehen.

Das Abschlusskonzert ihrer „Live ohne Backup“-Tour ist ein Heimspiel für Badmómzjay, die mit bürgerlichem Namen Jordan Napieray heißt und in Brandenburg an der Havel in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist. Ihre Geschichte klingt märchenhaft: Mit 16 gingen Rap-Videos von ihr viral, die großen Labels rissen sich um sie. Sie unterschrieb einen Vertrag bei Universal, ihr Debütalbum „Badmómz“ schaffte es 2021 bis auf Platz sieben der Charts, sie hat eine eigene Make-up-Linie und ziert als erste Rapperin das Cover der deutschen Vogue.

Ich lass‘ mir nichts von ein paar weißen alten Opas sagen.

Aus dem Song „Survival Mode“ von Badmómzjay

Ihr Berliner Konzert ist lange ausverkauft, etwa 5000 Menschen sind ins Ufo im Velodrom gekommen, um ihre Queen zu sehen. Los geht es mit einem Song vom angekündigten zweiten Album, „Survival Mode“. „Egal was ich mach‘, sie suchen sowieso den Haken / Ich lass‘ mir nichts von ein paar weißen alten Opas sagen“, rappt sie gewohnt präzise und kraftvoll. „Ich bin mehr als eine Hochbegabte / Für alles, was ich bin, gibt es in andern Ländern die Todesstrafe“.

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Badmómzjay ist bisexuell, sie outete sich bereits mit 13 und musste dafür einiges an Häme einstecken. Heute setzt sie sich gegen Homofeindlichkeit und Sexismus im Deutschrap ein. So können auch die Mamas und Papas, die in Begleitung der ganz jungen Fans auf dem Konzert dabei sind, erleichtert sein, dass ihr Kind Badmómzjay hört und nicht Farid Bang und Konsorten.

Gemeinsam mit den Fans erwachsen geworden

Die Show ist in drei Parts aufgeteilt, dreimal wechselt sie dabei das Outfit. Ihr Markenzeichen, die langen knallroten Haare, trägt sie offen. Badmómzjay kann gemeinsam mit ihren Tänzer:innen twerken, kann flexen, prahlen und beleidigen. Aber wofür ihre Fans sie wirklich lieben, ist ihre Verletzlichkeit, ihre Nahbarkeit. Sie spricht offen über ihre Depressionen und Panikattacken. Der Mitteilteil der Show ist ihren langsameren Songs gewidmet, dafür steht sie inmitten des Publikums auf einem Podest.

Höhepunkt ist der sanfte Track „Supernova“, den sie für ihren abwesenden Vater schrieb. „Schon okay, nein du fehlst mir nicht / Wie sollst du fehlen, wenn du nicht Teil von meinem Leben bist?“, rappt sie und bricht danach in Tränen aus. Mit heiserer Stimme bedankt sie sich bei ihren Fans, die mit ihr zusammen erwachsen geworden seien. Die revanchieren sich mit „Jordy“-Sprechchören. Man kauft der Künstlerin die echte Liebe zu ihren Fans ab. Das Weiche, Verletzliche macht sie im Deutschrap einzigartig.

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Aber sie kann auch einfach richtig gut rappen. Badmómzjay sei „ohne Zweifel die krasseste Rapperin des Landes“, verkündet Kool Savas, der für drei Songs einen Gastauftritt hat und Mentor der jungen Künstlerin ist. Hohes Lob von einem, den viele als besten deutschen Rapper aller Zeiten betrachten.

Manchmal ist es gespentisch still in der Halle

Zugegeben: Technisch läuft nicht alles glatt bei dem gut anderthalbstündigen Auftritt, bei dem auch der Rapper Takt32 und die Sängerin Domiziana Gastauftritte haben. Das Bühnenbild, bestehend aus einer begehbaren Videoleinwand, wirkt eher Low Budget, der Bass ist oft übersteuert. Mehrmals starten die falschen Songs, zwischen einzelnen Parts der Show tun sich längere Lücken auf, in denen es gespenstisch still in der Halle ist.

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Überhaupt, die Stimmung könnte besser sein. Das Publikum ist durchaus in der Lage, ordentlich Lärm zu machen. Doch von allein kommt nicht viel. So muss Takt32 vor der obligatorischen Zugabe die Fans erst auffordern, nochmal zu jubeln. Was ist da los? Haben die Fans in der Schlange zu viel Rotkäppchen konsumiert und sind schlicht nicht mehr in der Lage?

Badmómzjay zumindest scheint sich von diesem mangelnden Enthusiasmus nicht beeindrucken zu lassen. Noch nie sei sie so von Glück und Liebe erfüllt gewesen. „Ich könnte die ganze Zeit weinen“, verkündet sie. „Ich bin maximal überfordert.“

Trotzdem: Am Ende muss es Abriss geben. Die Rapperin präsentiert einen fragwürdigen EDM-Remix ihres Tracks „Tu nicht so“ mitsamt Konfettikanonen und als Abschluss ihren ersten Nummer-Eins-Hit „Ohne dich“. Ihre Fans werden doch nochmal laut, bevor sie beseelt nach Hause wanken, vorbei an den leeren Flaschen. Gott sei Dank sind am nächsten Tag Schulferien.

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