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AUF Schlag: Bewusstsein? Ballaballa!

Moritz Rinke beherzigt eine Karmalehre für 2008

Das neue Jahr habe ich mit 5-Tibetern begrüßt. Die 5-Tibeter sind keine Yogaübung, sondern richtige Tibeter, ich mache ja nicht an Silvester um Mitternacht Yoga, soweit ist es noch nicht, obwohl ich absoluter Befürworter des Rauchverbots bin. Wenn mir mein werter Kolumnistenkollege Herr Moritz seinen Zigarillorauch öffentlich ins Gesicht pusten würde,dann würde ich ihm was erzählen, nach der Karmalehre meiner Tibeter würde er im nächsten Leben wahrscheinlich direkt neben einem Braunkohlekraftwerk wohnen müssen und ganz schlimmem Rauch ausgesetzt sein.

Die 5-Tibeter waren drei kleine Mädchen, die Mutter und der Vater, Poro Rinpoche, Arzt der tibetischen Medizin und einer der Linienhalter der buddhistischen Barom-Kagyü-Schule. Der Rinpoche hat über die Feiertage in meiner Heimat in Worpswede, sogar direkt im Wohnzimmer bei uns Karma-Vorträge gehalten. Ein Verwandter von mir, Ingenieur für Zigarettenmaschinen, die nun öffentlich als „Killermaschinen“ bezeichnet werden, wurde ganz blass.

Ich lief zwischen meinem alten Kinderzimmer und den Karma-Vorträgen hin und her. Im Kinderzimmer arbeitete ich an meinem Jahresrückblick, weil ich dachte, ich wäre Silvester mit der Kolumne dran, war ich aber gar nicht, das war ja Herr Moritz. Ich breitete alle Jahresrückblicke, die es zu kaufen gab, aus und machte mir Notizen. Vom G-8-Gipfel in Heiligendamm, den 17000 Polizisten, 4000 Medienvertretern und 92 Millionen Euro Gesamtkosten. Und dass George W. Bush dachte, ihm sei die Armbanduhr in Stralsund beim Bad in der Menge gestohlen worden, aber er hat sie dann in Albanien im Jackett wiedergefunden. Mich beschäftigte auch das Seehofer-Baby, Seehofer hatte ja eine Geliebte, zeugte das Baby, teilte aber Frau Merkel und der CSU mit, er werde zu seiner Familie zurückkehren, die Geliebte und das Baby bekamen eine SMS, dann war Schluss. Ich lief zurück ins Wohnzimmer und hörte vom Leben der tibetischen Mönche, jemand erklärte, dass der Rinpoche in seinen vier früheren Leben auch schon hoher Rinpoche war, dann sprach er von der Chöd-Praxis, dem Abschneiden der Ego-Anhaftung.

Ich lief wieder ins Kinderzimmer und notierte etwas über die Ehekrise von Sarkozy, über den Streik der Lokführer, dann etwas über Oettingers Ehekrise und dass Tom Cruise ein bedeutender Preis für „Mut“ zugesprochen wurde, weil er für ein paar Millionen Dollar den Stauffenberg verkörpert und dass Eva Herman über Familien sprechen wollte, dann aber über deutsche Autobahnen sprach und aus „Kerner“ rausgeschmissen wurde.

Ein Jahresrückblick soll ja ein Resümee sein, eine Bilanz unter dem Schlussstrich, ein Sinn-Ertrag – ich wusste aber bei Kerner, Erwin Huber, der Immobilienkrise und dem Klimagipfel nicht mehr weiter und lief zu den Vorträgen, es ging jetzt um die Cittamatralehre und das in allem zugrunde liegende Bewusstsein. Also, wenn auch das Klima Bewusstsein hat, überlegte ich, was dann wohl das Klima seit all den Gipfeln von uns denkt?! Ich fragte mich auch, wer wohl Knut, der Eisbär, in seinem früheren Leben war. Florian Henckel von Donnersmarck? Gabriele Pauli? Ottmar Hitzfeld? Ich fragte mich sogar, wenn der Rinpoche immer Rinpoche war, dann könnte auch Hitzfeld immer wieder Hitzfeld gewesen sein, dann hätte ich an seiner Stelle auch bei Bayern München gekündigt, weil er ja im nächsten Leben sowieso wieder bei Bayern ist.

In der Silvesternacht stand ich mit dem Rinpoche auf dem Worpsweder Weyerberg, der ist 51 Meter hoch, etwas kleiner als die Berge in Tibet. Die Worpsweder Jugend machte Feuerwerk, und in der Ferne leuchtete Bremen. Um Punkt null Uhr sagte ich: „Happy New Year!“ Der Tibeter sah einer Rakete hinterher und einem Knallfrosch und sagte: „Ballaballa“.

Das war alles. Kurz zuvor sprach er noch von der Cittamatralehre, jetzt sagte er nur „Ballaballa“ . Ich weiß jetzt, was ich als das zugrunde liegende Bewusstsein unter den Schlussstrich für 2007 zu schreiben habe.

Und da 2008 ja auch bald wieder rum ist, kann man wahrscheinlich schon jetzt „ Ballaballa“ drunter schreiben.

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