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Patricia Schlesinger wurde im Zuge der Affäre um ihre Ausgabenpraxis als Intendantin fristlos entlassen.

© dpa/Britta Pedersen

Bisherige Kosten liegen bei 1,63 Millionen Euro: RBB stellt überraschend Zusammenarbeit mit Kanzlei ein

Laut Verwaltungsrat wird das Verfahren wegen der „enormen Kosten“ beendet. Ergebnisse werden (noch) nicht veröffentlicht.

Die vor rund einem Jahr angesichts von Vorwürfen der Miss- und Vetternwirtschaft beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) eingeleitete externe Compliance-Untersuchung wird nicht fortgesetzt, teilte der Sender am Mittwoch mit. Darauf hätten sich beide Auftraggeber, der RBB-Verwaltungsrat und die Compliance-Beauftragte des Senders, auf der Verwaltungsratssitzung am Dienstagabend verständigt. Am Mittwoch sei die beauftragte Kanzlei Lutz|Abel über diesen Schritt informiert worden.

Wichtige Erkenntnisse

Der Vorsitzende des Verwaltungsrates, Benjamin Ehlers, sagte laut Mitteilung, „die uns vorliegenden Unterlagen der Kanzlei halten wichtige Erkenntnisse fest. Angesichts der parallelen Untersuchungen von Landesrechnungshöfen, Staatsanwaltschaft und interner Revision, der inzwischen vergangenen Zeit, und der enormen Kosten halten wir eine Fortsetzung der Untersuchung jedoch für nicht vertretbar.“ Deshalb habe sich das Gremium für die Beendigung des Vorgangs entschieden.

Die Kanzlei Lutz|Abel hat laut RBB insgesamt sieben Themengebiete untersucht. Zwei davon bewertet sie demnach als weitgehend ausermittelt. Für die anderen fünf, darunter der Komplex Digitales Medienhaus, habe sie eine weitere Sichtung von Unterlagen und Befragung von Personen empfohlen. Bis April 2023 hat die Kanzlei dem Sender Kosten in Höhe von 1,63 Millionen Euro in Rechnung gestellt. Für Mai und Juni liegen noch keine Rechnungen vor.

Angesichts der enormen Kosten halten wir eine Fortsetzung der Untersuchung jedoch für nicht vertretbar.

RBB-Verwaltungsratschef Benjamin Ehlers

Die Kanzlei ist nicht die einzige Organisation, die sich mit den Vorgängen während der Intendanz Patricia Schlesinger befasst. Parallel gab und gibt es zu den Vorgängen beim RBB Untersuchungen und Ermittlungen der Rechnungshöfe Berlin und Brandenburg, der Staatsanwaltschaft Berlin, und des parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Brandenburger Landtags. Auch der RBB ermittelt selber weiter. Nach Aussage von Anke Naujock-Simon, der Compliance-Beauftragten, „gewinnen wir ein immer klareres Bild der Vorgänge im rbb unter der inzwischen entlassenen Geschäftsleitung“.

Verwaltungsrat und Compliance-Beauftragte werden nach RBB-Angaben nun die von Lutz|Abel gesammelten Erkenntnisse und Berichtsstände zu Untersuchungsbereichen wie dem Digitalen Medienhaus, der Beschäftigung von Beratern oder überhöhten Abrechnungen insgesamt bewerten, mit den Ergebnissen der anderen Untersuchungen abgleichen und dann entscheiden, wie weiter vorzugehen ist.

Empfehlung: Ergebnisse publik machen!. Die Öffentlichkeit will und muss wissen, wie mit ihren Beitragsgeldern umgegangen worden ist und umgegangen wird.

Wolf klinkt sich ein

Der wegen des RBB-Skandals zurückgetretene Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf hat sich nach Gerichtsangaben in den Rechtsstreit eingeklinkt, der zwischen Ex-Intendantin Patricia Schlesinger als Klägerin und dem ARD-Sender läuft. Das Landgericht Berlin teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, dass der Ex-Gremiumschef „dem Rechtsstreit als Nebenintervenient auf Seiten der Klägerin beigetreten ist“. Wolf wurde von dpa um ein Statement angefragt.

Wolf-Dieter Wolf, früherer Vorsitzender des RBB-Verwaltungsrates.

© dpa/Soeren Stache

Unter dem juristischen Fachbegriff „Nebenintervenient“ versteht man jemanden, der als Unterstützung für eine der Streitparteien fungieren kann und dieser beitritt. Er selbst kann das Verfahren aber nicht grundsätzlich verändern oder selbst zur Streitpartei werden. Es ist quasi eine Position in hinterer Reihe, die mitagieren kann.

Der frühere Chefkontrolleur beim RBB und die fristlos entlassene Ex-Senderchefin Schlesinger stehen seit Sommer 2022 im Zentrum der Vorwürfe um Vetternwirtschaft und Verschwendung. Beide wiesen diese Vorwürfe zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt unter anderen gegen beide, Ergebnisse gibt es noch nicht. Es gilt so lange die Unschuldsvermutung. Der Sender stürzte in eine schwere Krise. Wolf hat sich seit seinem Rückzug von dem wichtigen Gremiumsposten im August 2022 öffentlich nicht mehr zum Skandal geäußert.

Mit ihrer Klage gegen den RBB verlangt die 61 Jahre alte Ex-Intendantin Schlesinger nach früheren Landgerichtsangaben Ruhegeld auf Grundlage des beendeten Dienstverhältnisses. Ihr Medienanwalt hatte im Februar von einer Betriebsrente gesprochen. Mit Ruhegeld ist gemeint, dass man auch nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen Geld vom früheren Arbeitgeber bekommt. Der RBB verlangt in einer sogenannten Widerklage seinerseits Geld von Schlesinger zurück. Nach früheren Gerichtsangaben geht es um die Rückzahlung einer variablen Vergütung. Ein Verhandlungstermin zu dem ganzen Fall ist noch nicht bekannt.

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