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Dilbert und Kollegen.

© imago stock&people

Rassismusvorwürfe gegen Zeichner : Hunderte US-Zeitungen setzen „Dilbert“-Comic ab

US-Comiczeichner Scott Adams fällt schon länger durch populistische Sprüche auf. Jetzt hat er für viele US-Medien die Grenze des Erträglichen überschritten.

| Update:

Der Zeichner Scott Adams (65) ist einer der erfolgreichsten Comic-Autoren der USA – und einer der umstrittensten. Sein in den 90er Jahren gestarteter Satire-Strip „Dilbert“, der mit sarkastischem Humor den Berufsalltag eines Programmierers und seiner Kollegen thematisiert, erschien bis vor Kurzem in weltweit rund 2000 Zeitungen und Zeitschriften, darunter auch einigen in Deutschland.

In den vergangenen Jahren ist Adams allerdings zunehmend mit populistischen Sprüchen, frauenfeindlichen Bemerkungen und verschwörungstheoretischen Erzählungen aufgefallen. Dennoch veröffentlichten viele teils namhafte US-Zeitungen weiterhin seinen Comic, dessen Verbreitung quantitativ fast an legendäre Reihen wie die „Peanuts“ und „Hägar der Schreckliche“ heranreicht.

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Schwarze als „Hassgruppe“?

Jetzt hat Adams allerdings für viele US-Medien offenbar die Grenze des Erträglichen überschritten. Wie mehrere Zeitungen am Freitag und Sonnabend bekannt gaben, werden sie „Dilbert“ ab sofort nicht mehr veröffentlichen.

Scott Adams in seinem Studio in Kalifornien mit einer „Dilbert“-Figur (Archivfoto von 2006).

© picture alliance /AP/Marcio Jose Sanchez

Anlass war in diesem Fall eine rassistische Tirade von Adams in seiner Youtube-Sendung „Real Coffee with Scott Adams” am 22. Februar. Darin bezeichnete er Schwarze Amerikaner als „Hassgruppe“ und appellierte an Weiße, sich „verdammt noch mal“ von ihnen fernzuhalten.

Er bezog sich dabei auf eine Umfrage des konservativen Meinungsforschungsinstituts Rasmussen Reports, derzufolge nur 53 Prozent der Schwarzen Amerikaner der Aussage zustimmen, „es ist okay, weiß zu sein“.

„Wenn fast die Hälfte aller Schwarzen mit Weißen nicht einverstanden ist, ist das eine Hassgruppe“, sagte Adams am Mittwoch auf seinem YouTube-Kanal. „Und mit denen will ich nichts zu tun haben.“

Als Reaktion auf Adams’ Äußerungen teilte unter anderem die Mediengruppe „USA Today“, zu der Hunderte von Zeitungen gehören, die Einstellung von „Dilbert“ mit, ebenso die „Washington Post“, die „Los Angeles Times“ und der „Plain Dealer“ in Cleveland, wie der Sender CNN und andere US-Medien am Sonntag berichteten.

Wir sind keine Heimat für diejenigen, die Rassismus befürworten.

Chris Quinn, Herausgeber der Zeitung „Plain Dealer“

Sie begründeten das unter anderem damit, dass Adams‘ Äußerungen „die Segregation fördern“, wie es in der Erklärung der „Washington Post“ heißt. „Wir sind keine Heimat für diejenigen, die Rassismus befürworten“, schreibt Chris Quinn, Herausgeber des „Plain Dealer“. Die „New York Times“, die den Strip bislang in ihrer internationalen Printausgabe veröffentlichte, erklärte ebenfalls, man werde „Dilbert“ nicht mehr publizieren.

Lange Zeit waren die US-Medien rassistisch gegen nicht-weiße Menschen, jetzt sind sie rassistisch gegen Weiße und Asiaten.

Elon Musk

Das provozierte am Wochenende eine kontroverse Debatte über Adams’ Worte und über das Thema Rassismus in den USA. Am Sonntagvormittag beteiligte sich auch Tesla- und Twitter-Chef Elon Musk daran. Er äußerte keine Kritik an Adams’ Aussagen, sondern schrieb in einem Twitter-Beitrag: „Lange Zeit waren die US-Medien rassistisch gegen nicht-weiße Menschen, jetzt sind sie rassistisch gegen Weiße und Asiaten.“ Das sei auch an „den Elite-Colleges und High Schools in Amerika“ zu beobachten. „Vielleicht können sie versuchen, nicht rassistisch zu sein.“

Die „Dilbert“-Strips sind auch als Zeichentrickfilm adaptiert worden, hier die Hauptfigur samt Kolleg:innen.

© imago images/Everett Collection

Die Kommentare des Milliardärs „reihen sich in eine Reihe von Äußerungen ein, in denen sich Musk mehr um die ‘freie Meinungsäußerung’ von Menschen sorgt, die rassistische oder antisemitische Kommentare abgeben, als um die Kommentare selbst“, schreibt die „Washington Post“ und weist darauf hin, dass Musk bei Twitter auch Konten von Neonazis wieder freigeschaltet hat, die zuvor wegen Hassreden gesperrt worden waren. Und bei Tesla habe es mehrere Klagen „wegen einer Kultur des grassierenden Rassismus und der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz“ gegeben.

In Deutschland erschienen die „Dilbert“-Strips um die Jahrtausendwende in der „Zeit“. Dort wie auch in der „Süddeutschen Zeitung“ wurden sie aber vor längerer Zeit eingestellt. Aktuell erscheinen sie auf Deutsch unter anderem in der Online-Ausgabe der Zeitschrift „Ingenieur“, herausgegeben vom Verein Deutscher Ingenieure.

Jenseits von „Dilbert“ hat sich Adams immer wieder zu politischen und sozialen Themen öffentlich geäußert und sich dabei zeitweise als „links“ bezeichnet. In den vergangenen Jahren hat er aber offenbar eine Radikalisierung in die andere Richtung durchlaufen und sich wiederholt lobend über Donald Trump geäußert.

Seit 1993 erscheint der Comic-Strip „Dilbert“ in US-Zeitungen, hier die Hauptfigur an ihrem Arbeitsplatz.

© imago images/Mary Evans

Adams behauptete, in der Präsidentschaftskampagne von Joe Biden 2020 „satanische Zufälle“ entdeckt zu haben und prophezeite, dass nach einem Sieg des demokratischen Trump-Herausforderers Republikaner „gejagt“ würden und wahrscheinlich „innerhalb eines Jahres tot“ seien. Frauen, die gleichen Lohn fordern, verglich Adams mit Kindern, die Süßigkeiten verlangen.

Nach der Kündigung von „Dilbert“ durch zahlreiche Zeitungen zeigte sich Adams wenig einsichtig und stellte sich als Opfer dar. Er habe der Öffentlichkeit nur raten wollen, „Hass zu vermeiden“. Die Absetzung seines Comics sei ein Zeichen dafür, dass die Meinungsfreiheit in Amerika unter Beschuss stehe. „Die Medien haben eine Welle der Rassentrennung ausgelöst und mich dann abserviert, weil ich auf die offensichtlichen Auswirkungen ihrer bösen Arbeit hingewiesen habe“, schrieb er am Sonntag auf Twitter.

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