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Sisi (Devrim Lingnau) und Franz (Philip Froissant) in einer Szene aus „Die Kaiserin“.

© dpa/-

„Die Kaiserin“ gewinnt International Emmy: Sisi rules

Die Netflix-Serie bietet nicht das übliche Prinzessinnen-Bild, sondern zeigt Sisi als rebellische junge Frau.

Das deutsche Historiendrama „Die Kaiserin“ hat den International Emmy als beste Dramaserie gewonnen. Die sechsteilige Netflix-Produktion über Österreichs Kaiserin Elisabeth setzte sich am Montagabend in New York gegen Produktionen aus Südkorea, Argentinien und Großbritannien durch. Nach dem Sieg jubelte das Team rund um Autorin Katharina Eyssen und Produzent Jochen Laube minutenlang ausgelassen vor der weltweiten Presse.

Riesenfreude

„Es ist surreal“, sagte Eyssen der Deutschen Presse-Agentur, den Erfolg könne sie nicht fassen. Sie glaubt, dass die Emotionen und Dynamiken der Familienhistorie von „Die Kaiserin“ die Zuschauer und Jury fasziniert haben. „Diese Tiefe der Personen hat die Leute überzeugt“, sagte Eyssen über die Rückmeldungen zur Serie. „Diese Geschichte handelt nicht von einer Prinzessin, die einen König heiratet. Sie handelt von einer rebellischen jungen Frau“, hatte Eyssen in ihrer Dankesrede auf der Bühne gesagt.

„Wir sind wahnsinnig geehrt“, sagte Produzent Jochen Laube der dpa nach der Auszeichnung. Das gesamte Team habe den Stoff von Herzen umgesetzt und freue sich nun über den großen Erfolg, gerade angesichts der „klugen, sympathischen und extrem eloquenten Konkurrenz“. Nach seinen Angaben haben weltweit mehr als 100 Millionen Menschen beim Streaming-Anbieter Netflix zumindest Teile der Serie geschaut.

Die drei anderen deutschen Nominierten gingen dagegen leer aus. „Nazijäger - Reise in die Finsternis“ musste sich der Dokumentation „Mariupol: The People’s Story“ über das Schicksal der Kriegsopfer in der Ukraine geschlagen geben. „Klassik unterm Hakenkreuz - Der Maestro und die Cellistin von Auschwitz“ unterlag als bestes Kulturprogramm einer kanadischen Dokumentation über Schauspielerin und Sängerin Buffy Sainte-Marie. „Triff... Anne Frank“ konnte sich als bestes Sach-Programm für Kinder nicht gegen die Natur-Reihe „Built to Survive“ durchsetzen.

„Die Kaiserin“ befasst sich vor allem mit den Anfängen der ewig jungen und schönen österreichisch-ungarischen Kaiserin. Über die schöne, freigeistige und unglückliche Sisi in ihrem goldenen Käfig lassen sich viele noch immer hochaktuelle Fragen verhandeln: Die zumindest in ihrem Beginn tatsächlich wohl große Liebesgeschichte zwischen der ungestümen Sisi und dem österreichischen Kaiser, der obendrein eigentlich Sisis Schwester heiraten sollte. Oder Sisi als moderne, ungewöhnlich attraktive Bildikone; über ihre medial verbreitete Darstellung behielt die Kaiserin stets die Kontrolle.

Dazu aber auch die Kehrseite der hohen Schauwerte: Ein rigides Schönheits- und Sportprogramm, der Kampf zwischen dem freiheitsliebenden Individuum und seiner stark reglementierten Funktion am Wiener Hof. Die höfischen Intrigen, das Reduziertsein aufs Repräsentieren, das der Staatsräson unterworfene Leben.

Schließlich die Dramen in ihrem Leben: Tod einer Tochter, Selbstmord des Sohnes, das eigene frühe, gewaltsame Ableben. Aber auch die politischen Umtriebe jener Tage lassen sich über die Figur der Habsburger Herrscherin erzählen. Und außerdem ist Sisis Geschichte auch die einer zumindest erprobten weiblichen Befreiung, was sie heute besonders interessant macht.

Die Serie „Die Kaiserin“ bemüht sich, sämtliche Aspekte ein Stück weit zu bedienen. Auch wenn dies nicht ganz aufgeht, ist die Adaption doch insgesamt sehr gelungen. Was zu einem nicht geringen Teil an ihrer fantastischen Besetzung, allen voran der Hauptdarstellerin Devrim Lingnau liegt. Philip Froissant als nur wenige Jahre älterer Kaiser Franz Joseph hat es neben der außergewöhnlichen Figur von Sisi wenig überraschend schwerer, überzeugt aber gleichwohl als sich seinen Platz zwischen Tradition und Reform suchender Monarch.

Vom historischen Ballast befreit

Drehbuchautorin Katharina Eyssen und die Regisseure Katrin Gebbe und Florian Cossen befreien ihre Erzählung stimmig von so manchem historischen Ballast, um Raum zu schaffen für die Seelenzustände ihrer Protagonisten. So verwandelt sich etwa eine Darbietung zu Ehren des Kaiserpaares in einen modernen Tanz, der Elisabeths Beklemmung und Ängste widerspiegelt. Auf einer Soiree vermittelt das optisch an Grufties, androgyn-queere Rockstars oder auch die Goldenen Zwanziger erinnernde Personal Rausch, Exzess und neue Zeiten. Und Franz Joseph darf sogar „Scheiße!“ sagen. (mit dpa/KNA)

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