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Klaus Lederer bei der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus.

© dpa/Soeren Stache

Konsolidieren, Konflikte meiden: Klaus Lederers gemischte Kulturbilanz

Kommt er wieder? Oder war es das nach sechs Jahren? Ein Blick auf die Amtszeit des linken Kultursenators

Seit Dezember 2016 ist er im Amt, eine lange Zeit. Und da die Pandemie-Jahre doppelt zählen, steht Klaus Lederer eine gefühlte Ewigkeit für die Berliner Kulturpolitik. Bleibt er, muss er weichen? Sollte Rot-Grün-Rot trotz des schockhaft schlechten Wahlergebnisses der SPD und der Enttäuschung bei den Grünen noch einmal den Senat stellen, dann heißt der kommende Kultursenator wohl wieder Lederer.

Die komplizierte Koalitionssuche bietet Gelegenheit für einen Rückblick. Was hat Lederer erreicht? Als Spitzenkandidat der Berliner Linken, Bürgermeister und Senator für Kultur und Europa besitzt er Hausmacht. Zuvor gab es eine zugleich über- und untergeordnete Konstruktion: Die Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und Michael Müller waren auch Kultursenator. Die Geschäfte bei den kulturellen Angelegenheiten führten faktisch Staatssekretäre, lange Jahre André Schmitz und kurz und heftig Tim Renner.

Bloß kein Ärger!

Ganz klar, Berlin hat eine eigenständige Kulturpersönlichkeit im Senatorenrang verdient. In Umfragen galt Lederer lange als beliebtester Politiker der Stadt. Er pflegt das Volkstümliche, das sich in Berlin mit Clubkultur, Freier Szene und günstigen Angeboten in der Breite übersetzt. In diesen Bereichen hat es zuletzt regelmäßig Zuwächse im Etat gegeben. So bekommen 2023 beispielsweise die Kinder- und Jugendtheater und die Tanzförderung mehr Mittel. Insgesamt ist Berlins Kulturhaushalt mit gut 900 Millionen Euro gewaltig hoch im internationalen Vergleich.

Lederer sagt, was gern gehört wird. Er kommt vor allem im Off-Bereich an. Wenn man bedenkt, dass es in den frühen 1980er Jahren der junge CDU-Kulturpolitiker Volker Hassemer war, der den ersten Beirat zur regelmäßigen Förderung der Freien Szene im Westteil berief, dann ist das eine erstaunliche Berliner Geschichte, über sämtliche Grenzen hinweg. Sollte die CDU den neuen Senat anführen, dürfte sich hier wenig ändern. Kultur verspricht in Berlin stets die größte Kontinuität.

Und keine Experimente!

Man suchte damals aber nach dem Neuen, vor allem im europäischen Kulturhauptstadtjahr E 88. Sogar Peter Radunski, auch er von der CDU, bewies Mut, als er um Thomas Ostermeier und Sasha Waltz anno 2000 die neue Schaubühne erfand. Lederer geht auf Konsolidierung aus. Keine Experimente! Es ist auch schwieriger geworden, Visionen zu entwickeln. Die gewachsene Szene will versorgt werden, die Pandemie hat das über Jahre Aufgebaute bedroht.

Die langfristigen Auswirkungen der Lederer-Personalpolitik an den großen, signifikanten Häusern sind derzeit bestenfalls zu erahnen.. Die neuen Intendantinnen und Intendanten, die er für das Deutsche Theater, die Deutsche Oper und die Staatsoper berufen hat, kommen erst später. Lederer sitzt dann womöglich in der Opposition.

Da wird etwas sichtbar, das sich bei Lederer auch durchzieht. Er scheut Konflikte. Mit Maestro Barenboim wollte er sich nicht anlegen, der schien ihm zu groß. Der weniger prominente Interimsintendant Klaus Dörr an der Volksbühne musste nach windigen Vorwürfen schnell gehen. Und wie selig war die Klientel, als Lederer dem Regisseur René Pollesch die Intendanz der Volksbühne in die Hände gab. Dort läuft es eher bescheiden. Mit 70 Prozent Platzauslastung sei wieder das Niveau vor der Pandemie erreicht, heißt es aus dem Haus am Rosa-Luxemburg-Platz. Stimmt nur nicht: 2019 waren es noch 80 Prozent.

Lederer hat Glück. Claudia Roth als Staatsministerin für Kultur im Bund stiehlt dem Kollegen auf Landesebene nicht die Schau. Bei ihr liegen die großen Projekte und Probleme, vom Humboldt Forum zur Preußenstiftung bis zu teuren Neubauten. Aber es ist erstaunlich ruhig geworden um die so lautstark gestartete grüne Politikerin.

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