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Ophelia reloaded: liegender Akt, gemalt von der amerikanischen Künstlerin Lydia Pettit.

© Lydia Pettit / Galerie Judin

Körperbilder: Dellen, Wellen und ein Hauch von Horror

Die Potsdamer Straße ist immer noch ein wichtiger Galerien-Hub. Wer dort unterwegs ist, sollte die Kunst der Malerin Lydia Pettit nicht verpassen.

Eine Kolumne von Birgit Rieger

Mir werden in letzter Zeit vermehrt Anzeigen in meine Social Media Feeds gespült, die mich auf Pilatesübungen hinweisen, die den Core stärken oder gewisse Tricks, die, am morgen ausgeführt, die Taille auf magische Art schrumpfen lassen sollen. Offenbar soll ich etwas gegen Bauchfett tun. Die KI weiß das ja oft schon, während man selbst es erst ahnt.

Wenn es um weibliche Körperbilder geht, um von der Norm abweichende Schönheitsideale und die Verteilung von Körperfett, empfehle ich im Moment die Ausstellung der amerikanischen Künstlerin Lydia Pettit in der Galerie Judin.

Die dort gezeigten Speckrollen sind schrecklich intim, aber voller Empathie. Pettit, Jahrgang 1991, malt fotorealistische Bilder, in denen sie oft ihren eigenen Körper porträtiert. Mit allen Falten, Härchen, Wölbungen, mit dicken Tränen im Gesicht und Brüsten, die auf den Bauch kippen.

Alles ist in der Galerie elegant inszeniert, die kühlen, sauberen Wände bietet einen zurückhaltenden Hintergrund für Pettits Bilder, in denen weißes Fleisch und weißblonde Haare clever mit schwarzen Flächen korrespondieren. Besonders der Film, der am Ende der Ausstellung wartet, hat es in sich.

Body mit Schwarz-Weiß-Kontrast

Das alles ist in der Galerie elegant inszeniert, das kühle Weiß der Wände bietet einen zurückhaltenden Hintergrund für Pettits schwarz-weiße Bilder, in denen weißes Fleisch und weißblondes Haare clever mit schwarzen Flächen korrespondiert. Besonders der Film, der am Ende der Ausstellung wartet, hat es in sich.

In dem Video „The Body“ hockt die Künstlerin rittlings auf einem Silikonabguss ihres eigenen Körpers und sticht mit einem Messer darauf ein. Es ist eine Art Exorzismus in eigener Sache. Wut und Selbsthass brechen sich Bahn und schlagen am Ende des Films in zärtliche Berührungen um.

Vorher aber puckert schwarze Flüssigkeit aus den Stichwunden. Der malträtierte Körper liegt wiederum – schön gesäubert und gewaschen – auf dem Galerieboden vor dem Screen, auf dem der Film läuft. Es kostet ein bisschen Überwindung, sich ihm zu nähern. Es ist, als würde man sich als Tatortkommissarin über eine Leiche beugen. Lydia Pettits Faszination für Horrorfilme kommt in ihren Gemälden und im Film kongenial zur Geltung.

Die Künstlerin ist eine von vielen Entdeckungen, die man derzeit in Berlins Galerien machen kann. Die Bugwelle des Gallery Weekends schwappt noch an die Berliner Ufer. Viele Ausstellungen, die zum großen Sammler-Wochenende eröffnet haben, sind noch zu sehen. Das trainiert vielleicht nicht den Core, aber Herz und Auge.

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