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Architektur: Leuchtturm

Der Bund Deutscher Architekten BDA Landesverband Berlin ist wieder frei. Jedenfalls was den Architekturpreis betrifft. Man hat sich vom Mitauslober, dem Berliner Senat, getrennt und nach einigen Querelen auch vom 1993 gegründeten Verein Architekturpreis Berlin.

Der recht kleine BDA-Landesverband hofft nun bis zur nächsten Auslobung 2012 wieder auf ein gemeinsames Vorgehen. Wir hoffen mit, denn die diesjährige Auswahl ist überzeugend. Die Jury zeigte sich begeistert von Vielfalt und Qualität der eingereichten Arbeiten, was sich nicht nur an den fünf mit Preisen und den drei mit Auszeichnungen herausgehobenen Bauten ablesen lässt.

Dass die großartige Bibliothek Jacob- und -Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität von Max Dudler sowie David Chipperfields Wiederaufbau des Neuen Museums quasi gesetzt waren, wird nicht überraschen. Auch der Umbau des Luftschutzbunkers in der Reinhardtstraße für die Sammlung Boros durch das Büro Realarchitektur ist ein Leuchtturm in Berlin. Einen Preis erhielten aber auch die Architekten Bruno, Fioretti und Marquez mit Nele Dechmann, die mit ihrer Mittelpunktbibliothek in Köpenick zumindest in der Fachwelt Aufmerksamkeit fanden. Der kraftvolle Bau mit den Backsteinwänden zeigt bei aller Einfühlung in das Altstadtambiente Charakter.

Auch in Lichterfelde hat sich die Jury umgesehen. Dort fand das Einkaufszentrum LIO ihr Wohlgefallen. Dem Architekten Benedict Tonon ist es gelungen, die in Berlin oft lieblos absolvierte Bauaufgabe der Warenhausnachfolgebauten mit einer die Strukturen achtenden Architektur zu lösen. Es mag der Jury schwer gefallen sein, das siebengeschossige Holzhaus e3 in der Esmarchstraße in den zweiten Rang zu verweisen. Die Architekten Kaden und Klingbeil haben mit diesem Baugruppenprojekt Pionierarbeit geleistet. Auch Chipperfields Galerie Bastian bei der Museumsinsel hätte wohl einen Preis verdient, wäre der Architekt nicht schon mit dem Neuen Museum im Preisrang vertreten. Über eine Auszeichnung dürfen sich auch die jungen Architekten von RobertNeun TM freuen, die das Frische-Paradies auf dem ehemaligen Schlachthofgelände an der Landsberger Allee entworfen haben. Wann gibt es schon Anlass, einen neuen Supermarkt zu loben?

Neben den Preisen und Auszeichnungen sprach die Jury noch 16 lobende Erwähnungen aus, vom Hauptbahnhof bis zum Kleinsthaus „Plattenpalast“, vom Krankenhaus bis zum Ateliergebäude. Klagen über das in Berlin so tief gesunkene architektonische Niveau sind nicht angebracht. Mit dem Abklingen des Booms scheint auch die Zeit der besinnungslosen Produktion banaler Fassadenarchitektur vorüber. Falk Jaeger

Ausstellung: 10., 11. 10. in der Elisabethkirche Invalidenstraße 3; dann bis zum 5. 11. in der BDA-Galerie, Mommsenstraße 64.

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