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Kunstobjekte des Lombok Schatzes, die an Indonesien zurückgegeben werden.

© imago/anp

Gesten und Taten: Die Niederlande und ihr koloniales Erbe

In diesen Tagen wird viel über die Verwerfungen der niederländischen Regierung gesprochen. An einer anderen Front gibt es erfreulichere Entwicklungen.

In diesen Tagen sind die Niederlande vor allem wegen der politischen Machtkonstellation in den Nachrichten. Nachdem die amtierende Koalition am Asylstreit gescheitert war, gab Premierminister Mark Rutte nicht nur die Auflösung des Vier-Parteien-Bündnisses bekannt, sondern kündigte nun auch seinen Rückzug aus der Politik an. Nach 13 Jahren Amtszeit ist dies ein großer Umbruch für das Land.

Öffentliche Entschuldigung der Regierung

Die Ereignisse überschlugen sich aber noch an anderer Stelle. Denn fast täglich gab es in der vergangenen Woche neue Meldungen, die die Kolonialgeschichte des Landes adressierten. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich die Regierung öffentlich für die Geschichte der Sklaverei entschuldigt und die Verantwortung des Staates für das „unermessliche Leid“ eingeräumt.

Zeitgleich wurde Ende vergangenen Jahres eine Studie in Auftrag gegeben, die die Rolle des Königshauses Oranje-Nassau im Sklavenhandel in den Blick nehmen sollte. Ergebnis der Untersuchung war, dass die Vorgänger von König Willem-Alexander zu den größten Profiteuren der Sklaverei gehörten. Genaugenommen waren es umgerechnet 545 Millionen Euro, die sie aus den Kolonialgebieten extrahierten.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Diese Ergebnisse nahm vergangene Woche auch König Willem-Alexander zum Anlass, sich für die Verwicklung der Niederlande, aber auch seiner Familie in die Sklaverei zu entschuldigen. Er betonte in seiner Rede, dass Sklaverei und Sklavenhandel „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ gewesen seien. Er selbst fühle sich davon „persönlich betroffen“. Es waren ungewöhnlich intime Worte eines Königs, die aber von vielen als längst überfällige Geste gewertet wurden.

Und dann Ende vergangener Woche schließlich noch die Ankündigung, dass das Land zahlreiche Objekte aus Museumssammlungen nach Indonesien und Sri Lanka zurückgeben werde. Dabei handelt es sich um 487 Kunstwerke aus den beiden Ländern, die während der Kolonialzeit geraubt wurden.

Historischer Moment

Staatssekretärin Gunay Uslu sprach von einem „historischen Moment“ und betonte, dass es sich hier um Objekte handle, die „niemals in den Niederlanden hätten sein dürfen“. Historisch ist es auch für das Rijksmuseum: Es ist das erste Mal in der Geschichte des Museums, dass es koloniale Objekte aus seiner Sammlung restituiert. 

Damit ist die Regierung den Empfehlungen eines niederländischen Ausschusses aus dem Jahr 2020 gefolgt, der dazu aufforderte, alle in den ehemaligen niederländischen Kolonien geraubten Kulturgüter bedingungslos zurückzugeben, wenn das Herkunftsland dies verlange.

Während sich also die Regierung zerlegt, gibt es an anderer Front eine erfreuliche Entwicklung. Es sind wichtige Gesten und Schritte für ein Land, das ab dem 17. Jahrhundert eine der größten Kolonialmächte der Welt war.

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