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Blick in die Ausstellung „100 Jahre Held(t)en. Werner Heldt und Burkhard Held“ in der Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank.

© VG Bild-Kunst, Bonn 2024 (Werner Heldt), © Burkhard Held, Foto: Natalia Carstens Photography

Werner Heldt begegnet Burkhard Held : Berlin am Meer und andere Träume

Eine Hommage zum 70. Todestag – die Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank kombiniert die Malerei von Werner Heldt mit Bildern seines Fast-Namensvetters Burkhard Held.

Ein Totenschädel liegt am Fenster. In hartem Schwarzweiß fasst Werner Heldts Lithografie von 1949 das Stillleben zusammen. Das klassische Vanitasmotiv ist nicht in sanfte Melancholie gebettet. Der Berliner Maler laborierte zeitlebens an einer handfesten Depression.

Seine Gemälde und Zeichnungen arbeiten dagegen an und suchen Ausflüchte ins Traumhafte. Aber sie wurzeln in der Wirklichkeit: Die Brandmauern, Mietskasernen, Häusersilhouetten, Straßenfluchten seiner Geburtsstadt lassen Heldt nicht los. Meist räumt er sie frei von Menschen, entleert die Stadt.

Statt der Bewohner, in deren Mitte der Künstler sich nicht wie in einer Gemeinschaft wiederfand, lässt er das Meer durch die Straßen fluten. Berlin am Meer, was für eine großartige, irrwitzige Idee dieses Künstlers. Er wusste ja, die Stadt ist wirklich auf Meeresboden gebaut und steht auf urzeitlichem Sand. In seiner Fantasie, auf seinen Bildern umspülen die Wellen bedrohlich und unaufhaltsam die Häuserfassaden mit ihren toten Fenstern. Versinken wird das Urbane. Es ist Wunschtraum und Albtraum zugleich.

Werner Heldt, Berlin am Meer (aus der Mappe: Berlin), 1949.

© VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Peter Adamik

Zum 70. Todestag des Malers, der nur 49 Jahre alt wurde, richtet ihm die Stiftung Kunstforum Berliner Volksbank eine ungewöhnliche Hommage aus. Aus eigenen Beständen, die ihren Schwerpunkt vor allem in den 1950er und 1980er Jahren haben, fischte Kuratorin Anja Mosbeck eine Mappe mit Druckgrafiken Werner Heldts, als Ausgangspunkt. Die Motive verteilen sich nun auf alle Räume, in dem verwinkelten, zweigeschossigen Ausstellungsdomizil am Kaiserdamm.

Hinzu treten Leihgaben, etwa aus dem Stadtmuseum - und ein Fast-Namensvetter. Auch Burkhard Held ist in der Kunstsammlung der Berliner Volksbank mit einigen Papierarbeiten vertreten. Und auch er kam in Berlin zur Welt, wo er bis heute lebt. Aber anders als das etwas holprige Titel-Wortspiel „100 Jahre Held(t)en“ nahelegt, wird es keine Heldenstory. Zu differenziert, zu still und in sich zurückgenommen agieren die beiden Protagonisten, die sich persönlich nie begegnet sind.

Auseinandersetzung mit dem Älteren

Der Jüngere allerdings, 1953 knapp vor dem Tod des Älteren geboren, nahm sich manches Motiv Werner Heldts zur Auseinandersetzung vor. So den Totenschädel aus der wichtigen Nachkriegsmappe „Berlin“. Seine Gemälde setzen einen Kontrapunkt, aber keinen heiteren. Starr, blicklos verschlossen, in sich gefangen und von außen unzugänglich setzt Burkhard Held riesenhafte Kopfgebilde vor Fenster. Die Ausblicke verweigert er und malt sie zu mit blankem Blau. Im späteren Werk versucht Held sich von dieser Erstarrung der 1980er und 90er freizumalen, wird exaltiert in Kolorit und Pinselduktus.

Seine Formate sind größer, um ein vielfaches größer als die Werner Heldts. Der malte in wirtschaftlich kargeren Zeiten. So rollt, braust und schwappt nun eine riesige Welle gegenüber von Heldts kleinen, bescheidenen Blättern von Berlin am Meer heran. Und noch eine Woge, gleich daneben und ebenso farbgewaltig, hat der Maler als Leihgabe zur Verfügung gestellt. In Portugal, seinem Zweitwohnsitz auf Zeit, schuf der langjährigen UdK-Professor diese jüngste Serie „Oceano“.

Große Woge gegen kleine Welle

Auch Werner Heldt hatte eine Südeuropa-Connection. Aber nicht freiwillig: 1933 floh der offen homosexuelle Künstler nach Mallorca vor den Nationalsozialisten. Er konnte nicht lange bleiben. Der spanische Bürgerkrieg pushte ihn zurück nach Deutschland, er musste an die Front und kehrte aus britischer Kriegsgefangenschaft zurück.

Seine ausgestellten Arbeiten halten zwischen Vor- und Nachkriegswerken die Waage. Auch eine große Zeichnung aus Mallorca ist darunter: Der breitschultrige Mann mit Jacke, Schal und Schippe in einem Olivenhain könnte ebenso gut ein Großstadtbewohner sein. Werner Heldt wurde Berlins bedrohliche Zeitlage auch am fernen Mittelmeer nicht los. Seine Werke haben Klassikerstatus und lohnen eine Wiederbegegnung.

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