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Außenministerin Annalena Baerbock und Carola Lentz, Präsidentin des Goethe Instituts, bei der Verleihung Goethe-Medaille 2022.

© picture alliance/dpa/Bodo Schackow

Neun Geschäftstellen werden geschlossen : Harte Zeiten beim Goethe-Institut

Das Goethe-Institut hat eine umfangreiche Transformation der globalen Organisation beschlossen. Damit will es in politisch angespannten Zeiten wieder seine Handlungsfähigkeit zurückgewinnen

Die Kulturpolitik des Bundes verändert ihre Richtung. Staatsferne ist nicht mehr das Ziel. Außenministerin Annalena Baerbock und Kulturstaatsministerin Claudia Roth, beide von den Grünen, betrachten Kultur als Instrument von Friedens- und Sicherheitspolitik. Da ist das Goethe-Institut in den Blick geraten. Weitreichende Veränderungen stehen an.

Die Institution muss sich neu ordnen, es kommt zu Schließungen. Zu erwarten ist der größte Umbau seit der Gründung im Jahr 1951. Der Hebel sind die Finanzen. Im laufenden Jahr erhält das Goethe-Institut vom Auswärtigen Amt eine Förderung von 239 Millionen Euro. Vierzehn Millionen Euro wurden vom Haushaltsausschuss des Bundestags gesperrt.

Näher am Auswärtigen Amt

Das hat es zuvor noch nie in dieser Form gegeben. Zum ersten Mal war die Freigabe der auf Eis gelegten Mittel an inhaltliche und organisatorische Maßnahmen gebunden. Ein großer Reformprozess wurde eingeleitet. In Folge sah sich das Goethe-Institut gezwungen, enger mit dem Auswärtigen Amt zusammenzurücken, um gemeinsam zu klären, wie sich die Institution in Anbetracht von Kürzungen und perspektivisch nicht wachsenden Mitteln so aufstellen kann, dass sie handlungsfähig bleibt. Bei einer hohen Inflation und steigenden Energiekosten in vielen Ländern der Welt ist dies kein einfaches Unterfangen.

Weltweit gibt es derzeit 158 Institute in 98 Ländern. Einige Präsenzen sind nun von Schließungen betroffen.

© dpa/Fabian Sommer

Die Unabhängigkeit der Kulturbotschafter im Ausland galt bisher als kostbares Gut. In 98 Ländern unterhält das Institut 158 Niederlassungen, mit insgesamt 4300 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen weltweit. Und es war immer auch diese Freiheit, die das Ansehen der Deutschen gestärkt hat, vor allem in Gesellschaften, in denen zivile Rechte wenig oder nichts bedeuten.

Aber die Welt dreht sich, das Geld wird knapp, die geopolitischen Verschiebungen sind spürbar, Regierungen wollen Kontrolle, sie üben Druck aus. Das Präsidium des Goethe-Instituts hat, wie es heißt, am Mittwochabend eine „umfangreiche Transformation der globalen Organisation beschlossen. Grundlage ist ein Zukunftskonzept, das der Vorstand im strategischen Dialog mit dem Auswärtigen Amt entwickelt hat“.

Zukunft, das meint Gegenwart – welche vom russischen Angriffskrieg und globalen Wirtschaftskrisen geprägt ist. So sollen beispielsweise „die Digitalisierung und die Aktivitäten im Bereich der Fachkräfteeinwanderung weiter ausgebaut werden“. Und es kommt zu einer geografischen Verlagerung. Das Goethe-Institut will seine Präsenz in Mittel- und Osteuropa, im Kaukasus, im Südpazifik sowie in der Landesmitte der USA stärken. Dabei sollen keine neuen Institute geöffnet werden, sondern bestehende Präsenzen besser ausgestattet oder aber Präsenz durch „leichte Strukturen“ gewährleistet werden.

Handlungsspielraum sichern

Zugleich aber werden in vielen westlichen Ländern Stellen abgebaut, um Mittel einzusparen oder anderweitig einzusetzen. Das heißt konkret: Die Institute in Bordeaux, Genua, Lille, Osaka, Rotterdam, Triest, Turin, Washington, Curitiba (Brasilien) sowie das Verbindungsbüro Straßburg werden geschlossen. Betroffen von diesen Schließungen sind 110 Stellen der im Ausland angestellten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Mehr noch: Die europäische Regionalstruktur steht zur Debatte. In den Blick wird zudem die Zentrale in München genommen. Auch hier geht es um Stellen und die kürzlich angemietete Immobilie.

Es ist eine tiefgreifende Reform, die bis 2026 abgeschlossen werden soll. Damit erhofft man sich, perspektivisch 24 Millionen an Strukturkosten einzusparen, die dann wieder in die operative Arbeit weltweit fließen kann. Bis dahin werden es klamme Jahre für das Goethe-Institut, so nicht noch Mittel in der Haushaltsbereinigung locker gemacht werden. Entscheidend wird aber vor allem sein, dass das Auswärtige Amt die Einsparungen nicht dazu nutzt, den Geldhahn noch weiter abzudrehen.

Transkulturelle Kooperationen – dafür steht das Goethe-Institut weltweit.

© AFP/ZAID AL-OBEIDI

„Angesichts von zunehmendem Populismus und Nationalismus, illiberalen Kontexten und Fluchtbewegungen ist die Arbeit des Goethe-Instituts wichtiger denn je. Sie ermöglicht, dass Menschen weltweit unser Land und unsere Sprache kennenlernen“, erklärte zu all diesen Umwälzungen die Präsidentin des Goethe-Instituts Carola Lentz. Und sie dreht es weiter: „Durch die jetzt angestoßene Transformation sichert das Goethe-Institut seine langfristige Handlungsfähigkeit.“

Leicht habe man es sich nicht gemacht, die getroffenen Maßnahmen seien schmerzhaft, so Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts. Aber sie geben eben jene Bewegungsfreiheit zurück, die die Arbeit in den Ländern relevant mache. Ralf Beste, Abteilungsleiter Kultur und Gesellschaft des Auswärtigen Amts, betonte, wie wichtig diese Reform sei. So könne man besser auf die Ziele eingehen, die das Auswärtige Amt mit der Kultur- und Bildungspolitik erreichen wolle.

Zeitenwende, das ist ein großes Wort. Oder auch noch ein zu kleines. Das weiß man nicht. Wenn Politik in Kultur eingreift, muss man in jedem Fall wachsam sein.

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