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Frank Farian ist im Alter von 82 Jahren gestorben.

© imago

Zum Tod von Frank Farian: Daddy uncool

Mit Boney M. und Milli Vanilli feierte er Charterfolge, mit Dieter Bohlen legte er sich an. Jetzt ist Musikproduzent Frank Farian mit 82 Jahren in Miami gestorben. Ein Nachruf.

„Press die Platten“, brüllt der aufgebrachte Mann mit der blonden Wuschelmähne beim Verlassen des Büros, in dem er seinem begriffsstutzigen Labelchef gerade Dampf gemacht hat. Der soll endlich für einen ordentlichen Nachschub an Milli-Vanilli-Platten sorgen, damit alle Welt seinen neuesten Coup hören kann!

Die Szene gehört zu den witzigsten Auftritten, die Matthias Schweighöfer in der Rolle des Musikproduzenten Frank Farian im Milli-Vanilli-Biopic „Girl You Know It’s True“ hat. Für den Film von Simon Verhoeven, der seit einigen Wochen im Kino läuft, hatte der echte Frank Farian dem Team erlaubt, ihn zu zeigen, wie es will – und kommt er als leicht durchgeknallter Nerd, der alles für seine Musik tut, ziemlich gut weg. Dass seine Erfolgsformel vor allem auf der Ausbeutung Schwarzer Sounds und Künstler beruhte, wird zwar ins Bild gesetzt, aber nicht sonderlich kritisch dargestellt.

Frank Farian, der 1941 als Franz Reuther im rheinland-pfälzischen Kirn zur Welt kam, wuchs als Halbwaise mit britischer und US-amerikanischer Popmusik auf. Früh begeisterte er sich für Soul, spielte später in einer Coverband und wurde dann Schlagersänger. Mit dem Song „Rocky“ hatte er 1976 einen Nummer-eins-Hit in Deutschland. Damals arbeitete er auch schon als Produzent und stellte die Gruppe Boney M. zusammen. Zum Kopf des Quartetts machte er den Tänzer Bobby Farrell, der auf der Bühne allerdings nur die Lippen zu Frank Farians Gesang bewegte.

Den Durchbruch hatten Boney M. 1976 mit dem Song „Daddy Cool“, der sich wochenlang auf dem ersten Platz der deutschen Charts hielt und auch in Großbritannien in die Top Ten kam. Zwei Jahre später gelang der Band ihr größter Erfolg mit „Rivers Of Babylon“, der in Richtung Disco-Schlager gedrehten Coverversion eines Reggae-Songs der jamaikanischen Band The Melodians.

Coverversionen waren immer wieder die Grundlage für die Hit-Produktionen von Frank Farian. So auch bei Milli Vanilli, dem Projekt, mit dem er endlich die US-Charts knacken wollte. Mit „Girl You Know It’s True“ klappte es, wobei die Autoren des Originals – die Mitglieder der Band Numarx aus Maryland – zunächst nichts von der Adaption wussten.

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Eingespielt mit einer Studioband, ließ Frank Farian den Song auf der Bühne und in Videos von zwei Tänzern performen: Robert Pilatus und Fabrice Morvan machten ihre Sache so gut, dass Milli Vanilli bald Millionen von Platten auf der ganzen Welt verkauften. Sie bekamen einen Plattenvertrag in den USA, zogen nach L.A. und führten ein Popstarleben. Weitere Hits wie „Blame It On The Rain“ und „Girl I’m Gonna Miss You“ folgten.

Dass die beiden jungen Männer mit den markanten Zöpfchenfrisuren nicht selbst sangen, war spätestens seit einem Auftritt bei ihrer MTV-Club-Tour im Juli 1989 ein offenes Geheimnis, als die Playback-Maschine einen Hänger hatte. Trotzdem lief erstmal alles weiter, Milli Vanilli gewannen sogar einen Grammy als beste Newcomer.

„Als bei der Verleihung der Name Milli Vanilli fiel, wäre ich vor Scham am liebsten im Erdboden versunken. Mein erster Gedanke war: Um Gottes Willen, jetzt kriegen wir Probleme“, erinnerte sich Frank Farian später in einem Interview an diesen Tag.

Vor allem aber bekam er Probleme mit Pilatus und Morvan, denen ihr Ruhm etwas zu Kopf gestiegen war. Sie drangen darauf, selber singen zu dürfen, was Farian ablehnte und sie im November 1990 bei einer Pressekonferenz auffliegen ließ. Den anschließenden Hohn bekamen vor allem die Tänzer ab, Farian ging weitgehend unbeschädigt aus der Sache hervor.

In den Nullerjahren erregte er noch einmal Aufsehen, als er sich öffentlich mit Dieter Bohlen zoffte, über den er sogar ein Buch schrieb („Stupid dieser Bohlen“) schrieb. 2006 brachte er das Musical „Daddy Cool“ auf die Bühne. Es wurde ein Flop. Auch der Film „Girl You Know Is True“ ist bisher hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Vielleicht ändert sich das ja jetzt, wo Frank Farian mit 82 Jahren in Miami gestorben ist.

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