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Aubergine mit Rinderfilet aus dem „Räthro“.

© Hotel Bornmühle

Meck-Pomm für Genießer: Von hochnoblem Stör mit Kaviar bis zu Blaubeersuppe mit Grießklößchen

Im Brandenburger Nachbarland hat sich kulinarisch einiges getan. Hier kommen die besten Neueröffnungen im Porträt und immer gute Klassiker im Überblick.

Der Herbst ist die Zeit der Gastronomie in den Urlaubsregionen. Denn wenn im Sommer Trubel und Strandfeeling überwiegen, gehen anspruchsvolle Köche am liebsten selbst in Urlaub, um die Zeit bis zur Rückkehr der Genießer zu überbrücken. 2021 war das ein wenig anders, weil zum einen der Sommer in Deutschland nicht viel taugte und zum anderen Corona den Normalbetrieb blockierte. Umso mehr freuen sich die Köche auf einen schönen Herbst und die Gäste darauf, wieder mit nur geringen Einschränkungen essen und trinken zu dürfen. Mecklenburg-Vorpommern ist für Berliner die erste Adresse, denn an der Küste und in der Müritz-Region, den traditionellen Touristenzielen, hat sich einiges getan.


Restaurant Kulmeck

Kurze Corona-Zwischenbilanz: Die etablierten Restaurants mit den Sternen und Mützen scheinen noch da zu sein. Wir lassen sie aus und schauen, wo sich etwas bewegt. Das ist sogar auf Usedom passiert, wo sich der im Moment vermutlich sicher interessanteste Küchenchef des Landes, Tom Wickboldt, neu etabliert hat, und das nur ein paar Schritte von seiner früheren Heringsdorfer Wirkungsstätte, dem „O’Room“ entfernt – im „Kulmeck“. Den Michelin-Stern hat er gleich mitnehmen dürfen, es ist nach wie vor der einzige auf der Insel, da bliebe noch Luft nach oben.

Muscheln im Safran-Sud von Tom Wickboldt.
Muscheln im Safran-Sud von Tom Wickboldt.

© Kulmeck

Für Wickboldts Küche gilt das nicht, er steigt gleich ganz oben ein mit einem obligatorischen Sieben-Gang-Menü für 150 Euro, das um zwei Gänge auf 115 gekürzt werden darf. Das geht auch kulinarisch in die Vollen mit US-Beef, Challans-Entenbrust und anderen luxuriösen Zutaten, und der dänische Kaisergranat kommt in gleich zwei Varianten, einmal als Tatar mit Kalamansi, Chili, Koriander und Crostini sowie als Caesar’s Salat mit Tomaten-Gel, Parmesan und Salzzitrone. Der ganz große Faltenwurf, das Regionale allerdings findet nur im Amuse gueule statt.
Kulmeck by Tom Wickboldt, 17424 Heringsdorf, Kulmstraße 17, kulmeck.de


Gourmetrestaurant Wappen-Saal auf Burg Schlitz

Es ist das alte Dilemma, wo findet man in Mecklenburg-Vorpommern noch Produkte, die eine Top-Küche tragen könnten? Mit der Fischerei ist an Ostsee und Müritz kaum noch Staat zu machen, die Landwirtschaft bietet auch nur Massenware, und so kommen dann eben alle paar Tage die Lieferdienste mit ihrem globalen Angebot, das langsam vom Zeitgeist verlassen wird. Das muss den Gast nicht interessieren, der „nur“ herausragend essen will. Auf Burg Schlitz kommt er sicher auf seine Kosten.

Gourmetrestaurant Wappen-Saal auf Burg Schlitz.
Gourmetrestaurant Wappen-Saal auf Burg Schlitz.

© Petra Stüning/ Burg Schlitz

Das hochnoble, abgeschiedene Landhotel hatte sich in den letzten Jahren auf begüterte Jagdteilnehmer spezialisiert und war öffentlich kaum noch wahrzunehmen. Das scheint sich mit der Verpflichtung von Maik Albrecht zu ändern, der in der „Traube Tonbach“ gearbeitet hat und zuletzt auf Luxus-Kreuzfahrten unterwegs war. Auch hier werden keine regionalen Gefangenen gemacht: „Stör und sein eigener Caviar, Foie Gras, Sesam, Zwiebel“ heißt ein aktueller Gang, ein anderer „Carabinero, Bisque, Ti-Malice-Chili, Spinat“ – verpackt in Menüs für 105 bis 125 Euro für vier bis sechs Gänge.
Hotel Burg Schlitz, Gourmetrestaurant Wappen-Saal, 17166 Hohen Demzin, burg-schlitz.de


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Hotel am Fleesensee

In Malchow, nur ein paar Kilometer entfernt, ist der Rahmen bescheidener, und auch die Rechnung bleibt weit unterhalb des Herzschlag-Niveaus. Peter Hillmann, Patron im schlichten, kleinen Hotel Fleesensee direkt an der Uferstraße, firmiert mit Stolz als Küchenmeister, ein Titel, der hier für jene Küche steht, die im Nordosten Deutschlands noch rarer ist als zugespitzte Gourmet-Artistik.

Speisesaal des „Provis“ im Hotel am Fleesensee.
Speisesaal des „Provis“ im Hotel am Fleesensee.

© Hotel am Fleesensee

Müritz-Hechtfilet in Misomarinade mit Radieschen-Pickles, Salat von grünen Bohnen mit gebratener Hähnchenbrust, Puy-Linsen mit gekochtem Ei oder Rindersteak mit drei verschiedenen Soßen, gebratenem Mais, Tomatenkompott und geräuchertem Kartoffelstampf, frisch ohne Tricks zubereitet, das ist alles, und das ist eine ganze Menge.
Hotel am Fleesensee, Restaurant Provis, 17213 Malchow, Strandstraße 4a, hotel-am-fleesensee.de


Natürlich Büttners

Bodenständig kochen auch Antje und Ines Büttner. Die beiden sind in Greifswald lange eine feste Größe, haben vieles ausprobiert und sich damit auch überregional bekannt gemacht. Seit 2021 reanimieren sie das Restaurant im Pommerschen Nationalmuseum. „Natürlich Büttners“ heißt die Mischung aus Bistro und Feinkostgeschäft, in dem vor allem die Produkte aus der eigenen Manufaktur angeboten werden.

Bodenständig mit Pfiff: Der Zander aus dem „Natürlich Büttners“.
Bodenständig mit Pfiff: Der Zander aus dem „Natürlich Büttners“.

© Mandy Knuth Photography

Aus der Küche (Abendessen vorerst nur Fr / Sa auf Bestellung) kommen puristische Gerichte wie Kabeljau mit Pilzrisotto, Lachs aus dem Smoker mit Schmorgurken oder Blaubeersuppe mit Grießklößchen – alles sehr sympathisch.
Natürlich Büttners, 17489 Greifswald, Rakower Str. 9, natuerlich-buettners.de


Gutshaus Stolpe

Eine Säule der Hotelkultur in Vorpommern ist das Gutshaus Stolpe, herrlich abgelegen zwischen Feldern an der Peene. Allerdings sorgte der stete Wechsel von Hoteldirektoren und Küchenchefs immer für eine gewisse Unruhe, auch wenn der Michelin-Stern seit 1998 nie gefallen ist.

Perfekt abgeschiedene Lage nahe der Peene: Gutshaus Stolpe.
Perfekt abgeschiedene Lage nahe der Peene: Gutshaus Stolpe.

© Gutshaus Stolpe

Aktuell am Werk ist ein sehr interessanter Küchenchef, der auch in Berlin nicht unbekannt sein dürfte: Kai Weigand war bei Tim Raue auf verschiedenen Positionen tätig. Er legt los wie beim Meister, der sich auch nicht mit regionalen Pflichtübungen quält: Hamachi mit Apfel, Staudensellerie und Estragon, bretonischer Steinbutt, Lammbauch vom Gutshof Polting mit Dim Sum, Tomate und Petersilie … Fünf Gänge 125, sechs 140 Euro, das zeigt den ganz hohen Anspruch.

Kaisergranat mit Gojibeere und Habanero aus dem Gutshaus Stolpe.
Kaisergranat mit Gojibeere und Habanero aus dem Gutshaus Stolpe.

© Gutshaus Stolpe

Wer niedriger einsteigen will, findet im lauschigen „Fährkrug“ am Fluss Flammkuchen und Currywurst, aber – auch mittags – Semi-Ambitioniertes aus Weigands Küche. Das Haus hat endlich auch eine adäquate Spa-Anlage mit einem der wenigen beheizten Außenpools im Land, Dinge, die einen Besuch außerhalb der Sommersaison deutlich attraktiver machen. Die Mitgliedschaft bei Relais & Chateaux belegt das gehobene Niveau.
Gutshaus Stolpe und Fährkrug, 17391 Stolpe, Peenstr. 33, gutshaus-stolpe.de



Hotel Bornmühle

Torsten Räth ist einer der wenigen Mecklenburger Küchenpioniere, seit 1992 aktiv und das am selben Ort, dem Hotel Bornmühle südlich von Neubrandenburg. Das Hotel allerdings hat sich komplett verändert durch einen spektakulären Anbau, der tolle Blicke auf den Tollensesee weiter unten im Tal erlaubt. Das hat auch dem Küchenkonzept einen ordentlichen Schubs gegeben, Räth will es wissen: Im Gourmet-Restaurant „Räthro“ steht nur ein Zehn-Gang-Menü auf der Karte, das dem Fassungs – und dem Nettovermögen des Gastes entsprechend zugeschnitten werden kann, vier Gänge kosten 69, volle zehn 119 Euro. Kaisergranat mit regionalem Wok und Koriander, Beelitzer Kaninchen mit Poweraden und Fregola Sarda, „Bester Hecht“ mit Zucchiniblüte, Beurre blanc, Estragon und Hechtkaviar oder Short Rib und Filet von der Mecklenburger Färse mit Pastinaken und Trüffeln.

Hat Ambitionen: Torsten Räth bietet im „Räthro“ nur ein Menü in bis zu zehn Gängen.
Hat Ambitionen: Torsten Räth bietet im „Räthro“ nur ein Menü in bis zu zehn Gängen.

© Hotel Bornmühle

Regionale Produkte spielen hier eine größere Rolle als bei den Kollegen, die Küchenstilistik vermeidet aber das Brutal-Regionale. Modern international geht es im Hotel-Restaurant „The View"“ zu, und auch ein Chef’s Table für kleinere Gruppen ist im Angebot. Zurück nach Berlin sind es nur anderthalb Stunden, aber das sollte dem nächsten Tag vorbehalten bleiben. Es wäre ein Fehler, das Hotel nicht zu genießen, das zu den schönsten der Region gehört.
Hotel Bornmühle, „Räthro“ und „The View“, 17094 Groß Nemerow, Bornmühle 35, bornmuehle.de

Tipp: Die Gastronomie, insbesondere die vom Tourismus geprägte, ist sehr abhängig von der aktuellen Corona-Situation. Hygieneregeln können sich ändern, mit ihnen die Öffnungszeiten. Auch können Personalengpässe zu kurzfristigen Änderungen führen. Wir wünschen uns Genießern und allen Gastronomen, dass wir bald wieder in planbaren Zeiten leben, solange gilt: Vor dem Besuch direkt im Hotel oder Restaurant nach den aktuellen Hygienebedingungen und Öffnungszeiten fragen.

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