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Für den Schulstart sollten Kinder einen Rucksack bekommen, der rückenschonend ist, doch gute Modelle sind teuer.

© Imago/Michael Gstettenbauer

Abzocke mit der Einschulung: Niemand braucht einen Schulranzen für 300 Euro

Die Einschulung wird zum Schaulaufen. Dabei können nicht alle mithalten. Ein guter Anlass für Eltern, sich spätestens jetzt vom Statusdenken zu lösen.

Ein Kommentar von Saara von Alten

Wer mutig ist, der wartet bis kurz vor dem großen Termin. Jetzt, nur zwei Wochen vor der Einschulung, die in Berlin am 2. September stattfindet, kosten die Ranzen der qualitativ besonders hochwertigen Marken nur noch 250 Euro – statt vorher 300 Euro. Doch wer setzt schon freiwillig auf das Risiko, erst kurz vor Schulstart die Kaufhausregale auf günstige Angebote abzuscannen? Vor allem, wenn dabei noch die Geschmacksvorstellungen des Kindes berücksichtigt werden sollen.

Bei einfacheren Modellen lassen sich auch Schultornister für weniger als 200 Euro ergattern. Wahrlich immer noch kein Schnäppchen. Und günstigere Marken sind zudem oft so designt, dass man Kinder aus ärmeren Haushalten leicht identifizieren kann. Das Unterklassen-Shaming lässt grüßen. Warum muss die Einschulung überhaupt zur Leistungsschau werden?

Laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts sind die Kosten für Papierprodukte wie Schulhefte oder Zeichenblöcke im Vergleich zum Vorjahr um fast 14 Prozent gestiegen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat Testkäufe gemacht. Je nach Schulklasse liegen die Ausgaben zwischen 135 und 165 Euro – und das ohne den Ranzen.

Diese Kosten könnten Eltern, die Grundsicherung bezögen, nicht stemmen, beklagt der Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Der Verband fordert „ein Schulstarterpaket und eine Erhöhung der Leistungen für Schulbedarf“ als Ergänzung zum Bürgergeld. Aber auch bei „Normalverdienern“ reißen die Kosten für Sportsachen, Schreibutensilien oder Malkreide ein Loch ins Portemonnaie.

Trotzdem gibt es die Eltern, die schon im Januar am teuren Bastelworkshop für die Schultüte teilnehmen. Auf Instagram werden Einschulungskuchen angepriesen wie Hochzeitstorten – mit Preisen bis zu 150 Euro.

Niemand zwingt Eltern dazu, immer nur das Teuerste zu kaufen. Vielleicht liegt das daran, dass sie selbst in ihrer Jugend einem starken Markendruck ausgesetzt waren. Sechs Jahre nach der Geburt der eigenen Kinder sollte allerdings ein guter Zeitpunkt sein, sich von jeglichem Statusdenken zu befreien und stattdessen auf den noch weniger verdorbenen Nachwuchs zu hören. Dem ist es meistens vollkommen egal, ob der Schulranzen aus dem Gebrauchthandel stammt oder schon von der älteren Schwester benutzt wurde.

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