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Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

© Foto: Reuters/Lisa Leutner

Rund 55 Prozent für den Amtsinhaber: Van der Bellens Wiederwahl ist ein Zeichen für politische Stabilität, aber kein Triumph

Die Menschen in Österreich haben sich wieder für Alexander Van der Bellen als Bundespräsidenten entschieden. Ein Mann, der auch in den nächsten Jahren gefordert sein wird.

Ein Kommentar von Sandra Lumetsberger

Wer sich in den vergangenen Jahren mit den politischen Vorgängen im Nachbarland beschäftigt hat, kam oft aus dem Staunen nicht heraus: Koalitions-Aus, Neuwahlen, Korruption. Das Kanzleramt wurde zum Wanderpokal: Sechs verschiedene Regierungschefs (inklusive der ersten Kanzlerin) in sechs Jahren wurden von Bundespräsident Alexander Van der Bellen ernannt. Da konnte man schon schnell mal die Übersicht verlieren.

Einer, der sie stets behielt und mit ruhigen Worten und ruhiger Hand durch die Krise führte, ist jetzt wiedergewählt worden. Mit keinem überragenden Ergebnis, aber immerhin einer absoluten Mehrheit. Und das erspart nicht nur ihm, sondern auch den Österreicherinnen und Österreichern eine Stichwahl mit einem polarisierenden Wahlkampf.

Denn es wäre wie 2016 auf ein Duell mit einem Kandidaten der rechten FPÖ hinausgelaufen, der vermutlich die Wählerinnen und Wähler seiner anderen Mitbewerber aus dem rechten Eck hinter sich versammelt hätte. Deren Rezepte auf die multiplen Krisen unserer Zeit sahen simpel aus: Regierung entlassen, Sanktionen gegen Russland aufgeben, sämtliche Corona-Maßnahmen abschaffen. Das klingt krawallig. Und wurde vom Wahlvolk glücklicherweise nicht goutiert.

Weniger gut, dass der Amtsinhaber dennoch nur auf 55 Prozent kommt. Das liegt nicht an seiner Erfahrung, seiner Kompetenz oder seiner eher spröden Art, die ihn in Österreich gleichzeitig populär gemacht hat.

Die Menschen sind in vielen Fragen aufgerieben, zuerst die Pandemie, dann der Krieg mit seinen Folgen führen zu Verunsicherung und Missstimmung. Auch hätten sich mehr Menschen von ihm gewünscht, strenger gegenüber der Kanzlerpartei ÖVP zu sein. Stichwort: Korruption. Den Frust hat jetzt Van der Bellen zu spüren bekommen. Er wird in den nächsten Jahren sicher gefordert sein, vor allem was den Zusammenhalt betrifft. Dass die Zeiten angesichts der Teuerungen und wirtschaftlichen Prognosen nicht einfacher werden, ist zu erwarten. Auch, dass es in Österreich wieder einmal politisch bebt, würde niemanden überraschen.

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