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Fulminanter Auftritt: Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef.

© dpa/Michael Kappeler

Wutrede von Dobrindt im Bundestag: Die CSU hat sich in der Wahlrechtsdebatte verzockt

Das Ende der Grundmandatsklausel wirkt in der CSU wie eine Nahtoderfahrung. Auf die Richter in Karlsruhe sollte sie eher nicht wetten.

Ein Kommentar von Albert Funk

Man muss der CSU nicht die Alleinschuld geben, dass die Reform des Wahlrechts für den Bundestag über Jahre hinweg eine zähe Sache war. Aber die Bayern haben permanent gebremst und moniert und gezockt. Jetzt hat die CSU sich verzockt.

Das Ende der Grundmandatsklausel betrifft die Partei zwar nur „theoretisch“, wie Landesgruppenchef Alexander Dobrindt unter der Woche noch sagte. Aber seine Wutrede am Freitag im Bundestag zeigte, dass sich die Partei ihrer bequemen bundespolitischen Rolle, abgesichert eben durch die Grundmandatsklausel, nicht mehr sicher ist.

Das Streichen der Regelung, dass auch schon drei Direktmandate zum Einzug in den Bundestag berechtigen, ist eine Art Nahtod-Erfahrung für die CSU. Dass in Bayern seit Jahrzehnten eine schärfere Fünfprozenthürde gilt als im Bund, würde sie gern wegreden. Aber es ist halt so: Im Bund ist wohl kaum verfassungswidrig, was in Bayern offenkundig unproblematisch ist.

Freiwillig regional

Ob die Hoffnung der CSU, die Grundmandatsklausel sei durch das Bundesstaatsprinzip im Grundgesetz geschützt, die Richter in Karlsruhe zu einer günstigen Entscheidung bewegt, ist ungewiss. Als Partei einer nationalen Minderheit kann sich die CSU schwerlich definieren. Ihr regionaler Schwerpunkt, ihre Selbstbeschränkung auf Bayern, ist freiwilliger Natur. Sie kann sich jederzeit in anderen Bundesländern um Stimmen bewerben, um die Fünfprozenthürde zu schaffen. Der Parteiheilige FJS hat das ja schon mal erwogen.

Im Übrigen vertritt die CSU keineswegs nur regionale Belange. Ihrem Selbstverständnis nach ist sie eine Partei mit gesamtdeutschem Anspruch. Und bei allem Streit mit der Schwesterpartei: Weit weg von der Programmatik der CDU ist sie nicht.

Kurzum: Auf Karlsruhe sollte sich die CSU nicht verlassen. Das Angebot einer wie auch immer gearteten Listenverbindung mit der CDU (so gemacht von Ampel-Politikern) ist zwar nicht frei von Schadenfreude. Aber wer sich so verzockt hat wie Dobrindt und die Seinen, der muss unter Umständen nach solchen Halmen greifen. In der CDU dürfte sich das Mitleid in Grenzen halten.

Und im Raum steht immer auch der Schritt, die Zugangshürde zu senken. Dann freut sich auch die Linke.

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