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Tun wir das Richtige? Die Haushaltspolitik der Krisenbewältiger Christian Lindner, Robert Habeck und Olaf Scholz (von links) ist nicht ohne Risiko. 

© dpa/Michael Kappeler

Die Koalition und der Haushalt: Der Ampel ist ein Platz in den Geschichtsbüchern sicher – für ihren gigantischen Schuldenberg

Der neue Haushaltsetat hat ein Volumen von 476 Milliarden Euro. Die Kreditaufnahme der Regierung ist noch größer. Die Staatsverschuldung hat sich binnen zwei Jahre verdoppelt.

Ein Kommentar von Albert Funk

Der Bundeshaushalt für 2023 ist (fast) beschlossene Sache. Nach der üblichen viertägigen Mammutdebatte wird der Bundestag das Zahlenwerk am Freitag beschließen. Aber was in diesem Etat steht, ist nicht alles. Er bildet nur einen Teil dessen ab, was die Bundesregierung im kommenden Jahr und danach vorhat.

Wie keine Regierung zuvor hat sich die Koalition von SPD, Grünen und FDP darauf verständigt, eine Art doppelte Buchführung zur Grundlage ihrer Haushaltspolitik zu machen. Sie arbeitet mit einigen Sondervermögen – man nennt dieses Instrument auch Nebenhaushalt. Und damit beginnt das Unwohlsein angesichts der Strategie der Ampel.

Grundsätzlich spricht nichts gegen Finanzierungen über Sondervermögen. Transparenz muss dabei nicht auf der Strecke bleiben. Sie unterliegen der Kontrolle des Parlaments. Allerdings sind Nebenhaushalte weniger flexibel einzusetzen als der reguläre Etat, den die Abgeordneten nach ihren Vorstellungen bewegen können.

In Sondervermögen liegen meist zweckgebundene Mittel. Das ist ein Vorteil und ein Nachteil zugleich. Die Bindung schafft einerseits Klarheit über die Verwendung. Aber sie kann dazu führen, dass für begrenzte Zwecke reserviertes Geld fehlplatziert wird – weil es irgendwie ausgegeben werden muss.

Drei große Sondertöpfe

Der Klima- und Transformationsfonds, eines dieser Sondervermögen, hatte (als er noch Energie- und Klimafonds hieß) ständig das Problem, dass Mittel ungenutzt liegenblieben. Er wird es möglicherweise auch künftig haben.

Beim Sondervermögen Bundeswehr deutet sich Ähnliches an – 100 Milliarden Euro stehen da zweckgebunden für Rüstung zur Verfügung, vorerst werden nur gut acht Milliarden verwendet. Eine Einladung an das Ministerium und die Fachpolitiker im Parlament, ihre Wünsche zu bedienen – mit eventuell ganz anderen Zielsetzungen, wenn der Ukraine-Krieg vorbei ist, dem das Sondervermögen seine Existenz verdankt.

Beim dritten großen Nebenetat, den die Ampel sich genehmigt, verhält es sich zwar etwas anders. Die 200 Milliarden Euro, mit denen nun der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zur Finanzierung der Energiepreisbremsen und andere Stützungsmaßnahmen gefüllt wird, sind als Topf zu verstehen, der für alle Fälle ausgelegt ist.

Diese Mittel können, müssen aber nicht allesamt verbraucht werden. Es ist allerdings davon auszugehen, dass der Großteil 2023 und im Jahr danach tatsächlich Verwendung findet – auch hier mit der Gefahr der Verschwendung.

Bald zwei Billionen Bundesschuld

All diese Sondervermögen sind ausschließlich oder weitgehend über Kredite finanziert. Seit ihrem Start vor knapp einem Jahr ist die Regierung von Olaf Scholz eine gigantische Neuverschuldung in Höhe von etwa 550 Milliarden Euro eingegangen.

360 Milliarden davon stecken in den drei genannten Sondervermögen, 140 Milliarden Neuverschuldung stehen im Etat des laufenden Jahres, nochmals 45 Milliarden sollen 2023 hinzukommen. Das ist mehr als der reguläre Etat für 2023, der Ausgaben in Höhe von 476 Milliarden Euro vorsieht.

Nicht aus purem Leichtsinn ist die Ampel diese extreme Neuverschuldung eingegangen, es gab und gibt Gründe dafür – Pandemiebewältigung, Ukraine-Krieg, Mega-Inflation. Die Gefahr liegt in der Zukunft. Die Nullzinsphase ist vorbei, Kredite kosten wieder mehr. Drei Prozent Zins auf Staatsanleihen in den kommenden Jahren kann man als Rückkehr zur Normalität betrachten.

Der Bund war vor der Pandemie mit einer Billion Euro verschuldet, demnächst dürften es zwei Billionen sein. Eine Verdopplung binnen weniger Jahre. Künftige Etats sind damit massiv belastet – durch Tilgungspflichten und höhere Zinsen. In der Politik ist das noch nicht richtig angekommen. Aber es ist die neue Realität.

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