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Christian Lindner hat einen Plan: den Haushaltsplan.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Haushaltsstreit in der Ampel-Koalition: Lindner geht aufs Ganze

Was ist falsch am Versuch, Prioritäten im Haushalt zu setzen? Nichts. Anders geht es nicht. Auf diese Einsicht setzt die FDP. Nicht zuletzt beim Kanzler.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Was ist ein Finanzminister? Ein Vetominister. Der Herr über die Kassen. Dafür muss er die Ausgaben beherrschen. Wenn nicht, dann stürzt er die Regierung ins Unglück und die das Land. So ungefähr wird es Christian Lindner sehen.

Und sieht der Freidemokrat es so, kann er gar nicht anders, als er es jetzt hält: Nämlich, dass er alle Ressortverantwortlichen im Kabinett zum Sparen anhält. Oder zumindest dazu, sich Gedanken über (Mehr-)Ausgaben zu machen. Mehr als bisher.

Die Schuldenbremse wird noch nicht deshalb falsch, weil sie daran hindert, zu viel Geld auszugeben. Der Bundeshaushalt ist ja ein bisschen auch so zu behandeln, wie es Haushälter zu Hause machen müssen: Geld, das man nicht hat, kann man nicht ausgeben.

Gut, Schulden können Investitionen sein, und Investitionen Gewinne von morgen. Aber erst einmal sind es Schulden. Hat der Staat zu hohe, verstößt das gegen die Verfassung – und gegen den Grundsatz, dass kommende Generationen nicht über die Maßen belastet werden dürfen.

Ein guter Grundsatz. Er gilt trotz der Sondervermögen und Sonderausgaben, die die Bundesregierung wegen all der Krisen bereitwillig zur Verfügung stellt. Und seien sie untergebracht im Einzelplan 60, „Allgemeine Finanzverwaltung“.

Darum ist richtig, dass jede:r im Kabinett versucht, Posten zu finden, die geschoben, gestreckt oder gestrichen werden können. Dem dienen die Haushaltsberatungen. Das ist kein Gesangverein Harmonie. Da darf ruhig mal gestritten werden.

Lindner, der aufs Ganze schauen muss, geht dabei aufs Ganze. Dass er jetzt in seinem Bereich, dem Finanzressort, beim Einsparen vorangeht, könnte man auch Führen durch Vorbild nennen.

Gemeint ist, dass er sich den Erweiterungsbau für sein Ministerium sparen will. Das Gebäude sollte zwischen 600 und 800 Millionen Euro kosten. Früher war das kein Pappenstiel.

Richtig: 65 Prozent seiner Mitarbeiter arbeiten schon ortsunabhängig. Homeoffice first, gewissermaßen. Da lassen sich die vorgesehenen Büroflächen vielleicht wirklich anders nutzen, für Wohnungen etwa. Wenn das Schule macht – dann hat Linder in jedem Fall etwas erreicht.

Auch das Kanzleramt soll für Hunderte Millionen Euro erweitert werden

Die ursprüngliche Idee hinter dem Bau fürs Ministerium war, alle Beschäftigten zu sammeln unter gleichsam einem Dach. Bisher sind sie an sechs weiteren Standorten in der Hauptstadt untergebracht. Das erinnert an – genau, an den Plan des Kanzleramts, wo es aus diesem gleichen Grund auch einen Erweiterungsbau für knapp 800 Millionen Euro an Kosten geben soll.

Den Bau fürs Finanzressort hat 2019 Olaf Scholz ins Auftrag gegeben. Der hält nun auch gerade fest am Bauauftrag fürs Kanzleramt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Hier geht es vor allem ums Signal, das Christian Lindner setzen will: Keiner ist vorm Sparen gefeit, mindestens nicht vor sehr bewusster Prioritätensetzung.

Es gibt etwas, das größer ist als wir selbst, sagte mal ein führender Sozialdemokrat. Diesen Hebel bedient Lindner. Es geht ums große Ganze, und da muss der Einzelne, sei er auch Kanzler, solidarisch sein. Schon gar, wenn er Sozialdemokrat ist.

Das weiß natürlich auch Christian Lindner. Was der Finanzminister auch weiß: Wenn er hier am Ende einen Erfolg verbuchen kann – dann zahlt das zugleich ein auf seine FDP. Die beiden zusammen brauchen ja auch dringend Erfolge.

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